n hiesigen Breitengraden gilt Salat als typisches Sommerprodukt, das im Idealfall direkt vom Feld auf den Tisch kommt. Aber komplett auf seine Vitamine und die knackigen grünen Blätter verzichten, will man auch zur kalten Jahreszeit nicht. Schließlich locken die Gemüsetheken der Supermärkte mit der ganzen Bandbreite: Eisberg, Romana, Lollo Rosso und natürlich der klassische Kopfsalat. Wenn es draußen fröstelt, wird sogar mehr Blattsalat gekauft als im Sommer, wie eine Analyse der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft im Auftrag der Zeitschrift Gemüse zeigt: 53 Prozent der Einkaufsmengen und mehr als 60 Prozent der Verbraucherausgaben für Salat entfallen auf den Zeitraum von November bis April.
Doch es gibt gute Gründe, den Blattsalatverzehr im Winter etwas zu drosseln. Die Pflanzen werden in hochgeheizten Treibhäusern zumeist überdüngt. Oder sie kommen von weit her aus südlicheren Gefilden, etwa Italien, wo die Gemüseanbaubetriebe beim Einsatz von Spritzmitteln nicht gerade prudente (umsichtig) sind. Der hierzulande so beliebte Eisbergsalat stammt dagegen meist aus der Mittelmeerregion Murcia im Südosten Spaniens. Dort sind ganze Landstriche für den Gemüseanbau reserviert, überzogen mit Folie oder Gewächshäusern. Umweltfreundlich sieht anders aus.
Was uns besonders auf den Magen schlägt, ist der Cocktail aus Insektengiften, Antischimmelmitteln und Unkrautvernichtern, der dem konventionell erzeugtem Blattgemüse anhaftet. Das Versprühen dieser Spritzgifte ist legal, solange die zum Teil exorbitant hohen Rückstandshöchstmengen nicht überschritten werden. Aber es gibt Aussicht auf Besserung: Seit Juni 2011 gilt eine neue europäische Verordnung für die Zulassung von Pestiziden. Wirkstoffe mit besonders gefährlichen Eigenschaften sollen schrittweise aus dem Verkehr gezogen werden. Damit würden laut Schätzungen vier bis fünf Prozent der Mittel vom Markt verschwinden - Substanzen, die Krebs auslösen und das Erbgut verändern können, Stoffe, die die Fortpflanzung gefährden und sehr langlebige Chemikalien, die sich in der Nahrungskette anreichern und zugleich giftig sind.
Diese Cut-off-(Ausschluss)-Kriterien wurden von Experten vielfach gelobt. Doch bis die Verbote wirklich greifen, geht viel Zeit ins Land. Wirkstoffe, die vor Inkrafttreten der Pestizidverordnung abgesegnet wurden, stehen in der Regel zehn weitere Jahre auf der Zulassungsliste, bis neu entschieden werden muss. Dies sieht nicht nur ÖKO-TEST kritisch. Auch Dr. Tobias Frische, Pflanzenschutzmittelexperte am Umweltbundesamt, sieht EU-Kommission und Mitgliedsstaaten in der Pflicht, "bei besonders problematischen Wirkstoffen die Zulassungsverfahren früher zu eröffnen".
Doch lange Übergangsfristen sind nicht das einzige Problem: Weiterer Streitpunkt sind hormonell wirksame Chemikalien, sogenannte endokrine Disruptoren (EDCs). Verschiedenste Schädigungen werden damit in Verbindung gebracht: Fruchtbarkeits- und Entwicklungsstörungen, M...