- Wir haben weißen Balsamessig bzw. Condimento Bianco getestet. Dafür wurden 25 Marken, zehn davon mit Bio-Siegel, eingekauft. Die Preisspanne liegt zwischen 1,69 und 27,98 Euro pro 500 Milliliter.
- Das Ergebnis: Nur zwei weiße Balsamicos schneiden mit "sehr gut" ab. Allerdings ist ihre Geschmacksvielfalt nur "durchschnittlich".
- Außerdem auffällig: In vielen Produkten wies das Labor Spuren mindestens eines Pestizids nach.
Aktualisiert am 1.11.2024 | Um es vorwegzunehmen: "Condimento Bianco" klingt zwar kulinarisch vielversprechend nach sommerlich-leichter, italienischer Küche. Zu viel versprechen sollten sich Verbraucherinnen und Verbraucher von weißem Balsamico aber nicht. Jedenfalls machen nur sehr wenige Produkte im Test rundum "bella figura".
Wie steht's um die Qualität der weißen Balsamicos im Test?
Wir haben für unseren Test insgesamt 25 weiße Balsamicos eingekauft und im Labor untersuchen lassen – gerade mal zwei Produkte erhalten das Gesamturteil "sehr gut". Ihr kleines Manko: Trotz der hohen Qualität können sie die Sensorikexperten nicht vollends überzeugen. Die bewerten die Geschmacksvielfalt der beiden Testsieger nur als "durchschnittlich".
Besser schneiden in diesem Punkt zwei andere Condimenti im Test ab. Für diese müssten Gourmets allerdings deutlich mehr bezahlen als für die meisten Kandidaten in unserem Vergleich. Generell landen viele der überprüften weißen Balsamicos nur im Mittelfeld. Schlusslichter sind fünf Flaschen, mit "mangelhaft" oder "ungenügend" durchfallen.
Ist Weißweinessig das gleiche wie Balsamico Bianco?
Doch bevor wir konkreter auf die Testergebnisse eingehen, erst mal die Klärung: Was ist Condimento Bianco eigentlich? Es heißt auf Italienisch so viel wie "weiße Speisewürze" und wird meist für weißen Balsamessig verwendet. Beide Begriffe sind allerdings nicht geschützt und unterliegen auch keinen Vorgaben in der Zusammensetzung.
Synonyme Bezeichnungen sind "weißer Balsamico", "heller Balsamico", "Agrodolce Bianco" oder "Condimento Balsamico Bianco". Dabei handelt es sich immer um eine Komposition aus Weinessig und Traubenmostkonzentrat.
Weißweinessig besteht aus gegorenem Weißwein, hat etwas mehr Säure und Aromen als Obstessig, aber weniger Säure als Rotweinessig. Die Qualität hängt von der Güteklasse des verwendeten Weins ab – in der industriellen Essigherstellung sind diese bisweilen minderwertig. Bei besten Qualitäten dagegen wird die Herkunft und teils auch der Jahrgang auf dem Etikett vermerkt.
Das zeichnet einen guten Condimento Bianco aus
Zur Erinnerung: Die Essigspezialität ist eine Komposition aus Weinessig und Traubenmostkonzentrat. Dabei gilt, wie auch für klassisch dunklen Aceto Balsamico: je mehr Traubenmost enthalten und je stärker dieser eingedickt ist, desto höher ist der Zuckergehalt – ein Qualitätsmerkmal im fertigen Condimento – und desto größer das Potenzial für vollmundigen, runden, aromatisch-vielfältigen Geschmack.
Umgekehrt hinterlassen Condimenti mit geringem Fruchtanteil einen dünnen, wenig körperreichen Eindruck. Wir haben die Balsamessige daher verkosten und spezielle Inhaltsstoffe darin bestimmen lassen, die Rückschlüsse auf die Qualität erlauben.
Ist geschmacksneutraler Zuckersirup enthalten?
Dabei fiel dem von uns beauftragten Labor auf, dass in etlichen Condimenti der niedrige Gehalt an organischen Säuren und Mineralstoffen nicht zur gemessenen Zuckermenge passt. In diesen Fällen liegt die Vermutung nahe, dass die Hersteller anstelle des im Zutatenverzeichnis aufgeführten Traubenmostkonzentrats – zumindest anteilig – rektifiziertes oder entfärbtes Traubenmostkonzentrat (RTK) eingesetzt haben.
Dabei handelt es sich um hochkonzentrierten, nahezu farblosen und geschmacksneutralen Zuckersirup aus Traubenmost, dem außer Zucker fast alle Inhaltsstoffe entzogen wurden. Im Prinzip spricht nichts gegen den industriellen Sirup, zumal dessen Einsatz bei Condimento Bianco nicht verboten, sondern vielmehr gängige Praxis ist.
Die Produkte lassen sich damit standardisieren und bleiben trotz Lagerung hell und klar – was nach Argumentation der Hersteller den Verbrauchererwartungen entspricht. Als Zutat an sich werten wir rektifiziertes Traubenmostkonzentrat daher nicht ab.
Mangelnde Transparenz in der Kritik
Allerdings kritisieren wir, dass nur fünf Anbieter, die RTK für ihre Condimenti einsetzen, diesen auch transparent deklarieren. Dagegen fehlt eine konkrete Angabe der Inhaltsstoffe bei einem Großteil der Testprodukte, die – darauf deuten die Laboranalysen hin – den hochwertigeren eingedickten Traubenmost komplett oder weitgehend durch Zuckersirup oder entfärbtes Traubenmostkonzentrat ersetzen. Das macht es Konsumenten unmöglich, beim Einkauf eine bewusste Entscheidung zu treffen.
Wir werten das aus unserer Sicht unstimmige Zutatenverzeichnis daher um zwei Noten unter den Weiteren Mängeln ab. Zumal wir der Ansicht sind, dass Verbraucher von "konzentriertem Traubenmost" etwas anderes erwarten als isolierten Zucker.
Pestizidrückstände in vielen weißen Balsamicos im Test
Eine weitere Auffälligkeit im Test: Nur zwei Bio-Condimenti waren frei von Spritzmittelrückständen. In den anderen Bio-Produkten – ebenso wie in allen konventionell erzeugten Balsamessigen – wies das Labor Spuren mindestens eines Pestizids nach.
Meist handelt es sich dabei um Phosphonsäure. Dieses kann als Abbauprodukt von Fosetyl in den Produkten vorhanden sein, oder von einem früheren Kaliumphosphonat-Einsatz stammen, das als Alternative zu Kupfer im Öko-Weinbau zugelassen war, um die Reben gegen Pilzkrankheiten wie Falschen Mehltau zu stärken, oder als Bestandteil von Dünger. Doch seit der Einstufung als Fungizid im Jahr 2013 ist die Anwendung für Bio-Winzer tabu.
Dass Phosphonsäure gut zehn Jahre nach dem Verbot noch immer nachgewiesen wird, liege vermutlich daran, schreibt uns ein betroffener Anbieter, dass Pflanzen die Substanz speichern und "erst im Laufe der Zeit freigeben". Hinzu kommt, dass sich durch die Mostkonzentration offenbar auch minimale Pestizidspuren aufkonzentrieren.
Aufgrund unbekannter Wechselwirkungen kritisieren wir Pestizidspuren, wenn es sich um zwei oder mehr Rückstände handelt – das war siebenmal der Fall. Die gemessenen Substanzen sind jedoch weder als besonders bedenklich eingestuft noch in der EU im Anbau verboten.
Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 9/2024 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2025 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.
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