Sind Schwermetalle in Tampons hierzulande ein Problem? – 23 Produkte im Test

ÖKO-TEST Jahrbuch für 2025 | Autor: Bianca Puff/Christine Throl/Annette Dohrmann/Hannah Pompalla | Kategorie: Kosmetik und Mode | 01.11.2024

Sind auch in Deutschland Tampons mit Schwermetallen belastet? Wir haben 23 Produkte, die auf dem deutschen Markt erhältlich sind, geprüft.
Foto: Lashchuk/Shutterstock

Im Sommer hatte eine US-Studie, die in Tampons auf Schwermetalle gestoßen war – darunter giftige wie Arsen, Blei und Cadmium – für Beunruhigung gesorgt. Daraufhin haben wir umgehend eigene Analysen beauftragt, um zu sehen, wie hoch gängige Tampo-Marken in Deutschland belastet sind. So viel vorweg: Wir und können Entwarnung geben.

  • Nach der Aufregung um eine US-Studie, die in diversen Tampon-Marken auf Schwermetalle gestoßen war, wollten wir wissen, wie es bei Produkten auf dem hiesigen Markt aussieht.
  • Im Test: 23 Tampons der Größe "normal", "medium" bzw. mit mittlerer Tröpfchenanzahl. Die Produkte haben wir ausschließlich auf Schwermetalle prüfen lassen.
  • Das Ergebnis: Wir können Entwarnung geben. Zwar haben wir fast alle Elemente gefunden, die auch vom US-Forscherteam festgestellt wurden – jedoch in tendenziell niedrigeren Gehalten.  
  • Dennoch sollten die Hersteller die Schwermetallgehalte weiter senken. Ein Weg ist etwa, die Rohstoffe auf toxische Schwermetalle zu untersuchen. 

Aktualisiert am 1.11.2024 | Giftige Schwermetalle in Tampons! Die Veröffentlichung einer US-Studie schlug kürzlich hohe Wellen und sorgte neben medialem Aufsehen vor allem unter Mädchen und Frauen für Beunruhigung.

Kein Wunder: toxische Verbindungen wie Arsen, Blei, Cadmium, Chrom und Quecksilber ausgerechnet in so sensiblen Produkten wie Tampons, die im Körper direkt in Kontakt mit empfindlichen Schleimhäuten kommen… so ein Fund lässt verständlicherweise erst einmal die Alarmglocken schrillen.

US-Studie stößt auf Schwermetalle in vielen Tampon-Marken

Doch gehen wir ins Detail: Für ihre Studie hatten Forschende der Columbia University in New York 30 Tampons von 14 Marken – darunter drei, die in Europa gekauft worden waren – auf 16 Elemente analysiert, unter anderem auf giftige Schwermetalle.

Das Ergebnis: Sie wiesen alle untersuchten Substanzen nach, in jedem Tampon mindestens eine – in Konzentrationen, die sich je nach Marke, Material und Kaufregion stark unterschieden. Allerdings lagen sämtliche in der US-Studie gemessenen Gehalte unterhalb geltender EU-Grenzwerte.

Wie steht es um Schwermetalle in Tampons auf dem hiesigen Markt? Wir haben 23 Produkte geprüft.
Wie steht es um Schwermetalle in Tampons auf dem hiesigen Markt? Wir haben 23 Produkte geprüft. (Foto: superbeststock/Shutterstock)

BfR gibt Entwarnung

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) gab denn auch umgehend Entwarnung: Selbst wenn die Schwermetalle zu 100 Prozent aus den Tampons herausgelöst und zu 100 Prozent über die Schleimhaut in den Körper aufgenommen würden, "wobei es sich um ein unrealistisches ‚worst worst case-Szenario‘ handelt", wäre deren Aufnahme im Vergleich zur Hintergrundbelastung aus anderen Quellen wie "Lebensmitteln, Trinkwasser, Hausstaub, Verkehr, Industrie etc." vernachlässigbar.

Wie steht es hierzulande um Schwermetalle in Tampons?

Wir wollten dieses sensible Thema jedoch nicht mit dem Statement einer Behörde auf sich beruhen lassen. Erst Recht nicht, da die Studie hauptsächlich Produkte des US-Marktes berücksichtigt hatte.

Außerdem hatten sich viele besorgte Leserinnen bei uns gemeldet, die wissen wollten, ob sie weiterhin bedenkenlos Tampons verwenden können. Schließlich waren unsere Tampon-Tests der vergangenen Jahre im Hinblick auf bedenkliche Inhaltsstoffe unauffällig.

Wir haben daher umgehend eigene Analysen beauftragt und 23 auf dem deutschen Markt erhältliche Produkte untersuchen lassen – zusätzlich zu den 16 in der US-Studie berücksichtigten Elementen auch auf Antimon.

Der Grund: Verbindungen des toxischen Spurenelements kommen als Katalysator in der Produktion von Polyester zum Einsatz: Die chemische Kunstfaser ist häufig Bestandteil eines Vlieses, das den Saugkern der meisten herkömmlichen Tampons umhüllt.

Schwermetalle in Tampons: Jetzt Testergebnisse als ePaper kaufen

Schwermetallgehalte tendenziell niedriger als in US-Studie

Das Ergebnis: Obwohl wir in unserem Test ebenfalls – bis auf Quecksilber und Selen – alle untersuchten Elemente nachweisen konnten, sind die Werte tendenziell niedriger als in der US-Studie. 

Fehlende Studien zur Metallaufnahme über Vaginalschleimhaut

Wir ließen außerdem überprüfen, ob sich Metalle aus den Tampons herauslösen. Auch diese Ergebnisse geben keinen Grund zur Sorge. 

Weiterführende Untersuchungen der US-Forschenden liefern Hinweise, dass sich die Schwermetalle unter bestimmten Bedingungen aus den Tampons lösen können. Allerdings gäbe es bislang keine Untersuchungen, wie Metalle über die Vaginalschleimhaut aufgenommen werden, sagt die an der Studie beteiligte Chemikerin Kathrin Schilling von der Columbia University im Gespräch mit ÖKO-TEST. "Problematisch ist das vor allem bei Blei, für das es keine Werte gibt, die als sicher und unbedenklich eingestuft werden können."

Schwermetalle in Tampons: Hersteller in der Verantwortung

Und wie geht es weiter? Die Wissenschaftlerin Kathrin Schilling sieht daher die Hersteller von Hygieneprodukten in der Verantwortung und fordert Transparenz. Diese sollten die Rohstoffe künftig auch auf toxische Schwermetalle prüfen – zumal diese nicht nur über die Umwelt, sondern auch über Verarbeitungsprozesse in die Produkte gelangen.

Auch das BfR sieht die Hersteller in der Pflicht, Schwermetall-Gehalte weiterhin zu senken. Für Blei gelte es dabei, die Konzentrationen so gering wie vernünftigerweise erreichbar zu halten. Und der Berufsverband der Frauenärzte (BVF) fordert, dass die Zusammensetzung von Menstruationsprodukten künftig verpflichtend deklariert werden sollte, "um Anwenderinnen eine informierte Kaufentscheidung zu ermöglichen".

Weiter heißt es in der BVF-Stellungnahme: "Die allgegenwärtige Exposition gegenüber Umweltchemikalien ist aus medizinischer Sicht grundsätzlich sehr bedauerlich und bedenklich – insbesondere bei Produkten, die direkt im oder am Körper angewendet werden." Diese müssten frei von gesundheitsschädlichen Stoffen sein.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 9/2024 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2025 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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Testverfahren

In Drogeriemärkten, Discountern und (Bio-)Supermärkten haben wir 23 Tampons der Größe "normal", "medium" beziehungsweise mit mittlerer Tröpfchenanzahl eingekauft, umgerechnet zu Preisen von 3 bis 22 Cent pro Stück. Darunter sind sowohl bekannte Hygienemarken als auch Eigenmarken sowie neun Produkte aus Bio-Baumwolle. In einem ersten Schritt hat ein spezialisiertes Labor alle Tampons auf insgesamt 17 Elemente untersucht, darunter die giftigen Schwermetalle Arsen, Blei, Kadmium und Quecksilber, sowie – zusätzlich im Vergleich zu den Verfasserinnen einer aktuellen US-Studie – auch auf das toxische Spurenelement Antimon. Dabei wurde nach Totalaufschluss in der Mikrowelle der Gesamtgehalt des jeweiligen Metalls in den Tampons gemessen. Lag der Totalgehalt über oder nur knapp unter den Anforderungen des Blauen Engels für Windeln, Damenhygiene- und Inkontinenzprodukte (Absorbierende Hygieneprodukte) für extrahierbare Schwermetalle, ließen wir mittels einer sauren synthetischen Schweißlösung zusätzlich überprüfen, ob beziehungsweise wie viel der jeweiligen Verbindung sich aus den Tampons herauslöst.

Bewertungslegende

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden.

Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt, zugrunde gelegt werden die gemessenen Gehalte. Steht bei konkret benannten Analyseergebnissen "nein", bedeutet das "unterhalb der Bestimmungsgrenze" der jeweiligen Testmethode.

Bei Richt- und Orientierungswerten sowie Verarbeitungsfaktoren handelt es sich um rechtlich nicht bindende Werte, die eingehalten werden sollten, während rechtlich bindende Grenzwerte eingehalten werden müssen.

Die tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (TDI) ist ein Schätzwert, wie viel von einem Stoff lebenslang pro Tag ohne gesundheitliche Folgen aufgenommen werden kann. Zugrunde gelegt haben wir ein Gewicht pro Tampon von 2 Gramm, 4 Tampons pro Menstruationstag, 4 Menstruationstage pro Zyklus, 12 Zyklen im Jahr sowie den von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlichten TDI für Antimon von 6 μg /kg Körpergewicht.

Aus rechtlichen Gründen weisen wir darauf hin, dass wir die (vom Hersteller versprochenen) Wirkungen der Produkte nicht überprüft haben.

Testmethoden

Elemente: Totalaufschluss in der Mikrowelle, Bestimmung mittels ICP-MS. Analysiert wurde eine Mischprobe aus Tamponhülle und -kern auf folgende Elemente: Arsen, Cadmium, Cobalt, Kupfer, Chrom, Nickel, Zink, Strontium, Barium, Eisen, Mangan, Selen, Vanadium, Calcium, Blei, Quecksilber, Antimon
Elemente im Eluat: Elution von Schwermetallen mittels saurer Schweißlösung, Elementbestimmung mittels ICP-MS. Analysiert wurde eine Mischprobe aus Tamponhülle und kern auf folgende Elemente: Arsen, Cadmium, Chrom, Barium, Blei, Antimon.

Einkauf der Testprodukte: Juli 2024.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 9/2024 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2025 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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