- Wir haben 14 Erdbeer-Packungen überprüft. 13 kamen aus der spanischen Provinz Huelva, eine aus Ägypten.
- Das fällt auf: Einige Erdbeeren im Test enthalten ganze Pestizidcocktails, andere sind frei davon.
- Früherdbeeren tragen einen schweren ökologischen Rucksack, daher lieber nur ausnahmsweise genießen. Die schlechteste Wahl fürs Klima sind Erdbeeren aus Ägytpen oder Marokko.
- Besser: Auf heimische Erdbeeren warten. Das ist nicht nur besser fürs Klima, sondern man bekommt auch frischere und aromatischere Früchte.
- Ärgerlich: Vier Produkte im Test fallen mit "mangelhaft" oder "ungenügend" durch.
Aktualisiert am 25.05.2023 | Erdbeeren aus Spanien sind bis zur Halskrause gespritzt? Dieses gängige Vorurteil stimmt häufig, aber nicht immer. Das zeigt unser Test. Acht von 14 überprüften Erdbeeren enthalten aufgrund ihrer Pestizidbelastung Minuspunkte, in anderen hat das von uns beauftragte Labor nicht einmal Spuren eines einzigen Pestizids nachgewiesen.
Besonders auffällig sind die Pestizidcocktails in einigen konventionellen Produkten, allen voran den beiden "ungenügenden" Erdbeeren, die wir bei Norma und Aldi Süd gekauft haben: In den bei Norma gekauften hat das Labor gleich sieben Pestizide gefunden – das ist Rekord ist in diesem Test. Hinzu kommt: In beiden Produkten stecken gleich mehrere aus unserer Sicht besonders bedenkliche Spritzmittel oberhalb von Spuren-Gehalten.
Früherdbeeren-Test: Bedenkliche Pestizide entdeckt
Eines davon: Ethirimol, ein bienentoxisches Fungizid, das in der EU eigentlich verboten ist. Wurde es illegal auf einem spanischen Feld gespritzt? Das muss nicht sein, denn Ethirimol könnte sich auch aus dem ebenfalls in beiden Produkten nachgewiesenen Bupirimat abgebaut haben.
Beruhigend ist das nicht, denn Bupirimat ist laut CLP-Verordnung als krebserregend eingestuft. Wie übrigens auch das Insektizid Cyflumetofen, das wir in den bei Penny gekauften Erdbeeren gefunden haben.
Bienengiftiges Pestizid in Bio-Erdbeeren gefunden
Auch bei den Früchten aus biologischem Anbau gab es eine böse Überraschung: In einer Bio-Erdbeeren-Packung wies das Labor das Spritzmittel Spinosad in einer Menge nach, die den zulässigen Grenzwert um mehr als die Hälfte ausschöpft. Das ist die höchste Ausschöpfung im Test überhaupt.
Spinosad ist im Bio-Anbau unter bestimmten Bedingungen zwar erlaubt, wir bewerten es wegen seiner Giftigkeit für Bienen aber als problematisch. Zum Vergleich: Gar keine Pestizide hat das Labor in fünf Erdbeeren im Test nachgewiesen. Zwei dieser Produkte bewerten wir als einzige im Test mit "gut" – wenn auch nur mit Bauchschmerzen.
Erdbeer-Anbau verbraucht viel Wasser
Bauchschmerzen, weil sie, wie fast alle Erdbeeren im Test, aus dem Süden Spaniens kommen. In der andalusischen Provinz Huelva wachsen sie in riesigen Monokulturen, unter einem Meer von Plastikplanen.
Das Problem sind nicht nur die rund 2.500 Kilometer, die die Beeren per Lkw nach Deutschland reisen. Neben CO2 haben sie auch eine immense Menge Wasser im Gepäck: Erdbeeren sind im Anbau enorm durstig, rund 300 Liter Wasser verbraucht ein einziges Kilo laut WWF.
Landwirte graben Nationalpark das Wasser ab
Wasser ist im regenarmen Andalusien aber eine extrem knappe Ressource. Weil das vorhandene Wasser nicht mehr ausreicht, bohren Landwirte immer tiefere Brunnenlöcher – viele davon illegal.
Damit graben sie dem nahe gelegenen Nationalpark Coto de Doñana buchstäblich das Wasser ab, einem der wichtigsten Feuchtgebiete des Landes und Rastplatz für rund sechs Millionen Zugvögel auf dem Weg in ihre afrikanischen Winterquartiere. Der europäische Gerichtshof verurteilte Spanien dafür 2021.
Wir vergeben null Punkte für die problematische Herkunft Huelva, ebenso wie für die aus Ägypten eingeflogenen Frutania-Erdbeeren, die wir bei Globus erstanden haben – auch sie sind laut WWF Water Risk Filter in einem Gebiet mit hohen Wasserrisiken angebaut. Durch den Flug allein ist ihre Klimabilanz sogar noch einmal deutlich schlechter als die der spanischen Erdbeeren.
Einfluss auf die Lieferkette durch Abnehmer
Als größter Abnehmer andalusischer Erdbeeren verfügen deutsche Supermarkt-Konzerne gemeinsam über eine imposante Marktmacht. Wir wollten von den Einzelhändlern wissen, ob sie diesen Spielraum nutzen, um positiven Einfluss zu nehmen auf Bewässerungspraktiken, Pestizid-Reduktion oder würdige Arbeitsbedingungen vor Ort.
Alle haben uns geantwortet und alle konnten uns ihre Lieferketten zumindest teilweise belegen – das ist erfreulich. Doch die Antworten zeigen auch: Die Lebensmittel-Einzelhändler haben jeweils ein sehr unterschiedlich ausgeprägtes Verständnis davon, welche Verantwortung sie beim Einkauf von frischen Früchten tragen.
Globus und Aldi Nord reichten unsere Fragen gleich an ihren Zwischenlieferanten Frutania durch und signalisierten damit, dass sie sich offenbar nicht zuständig fühlen für das, was irgendwo auf einem spanischen Erdbeerfeld vor sich geht. Andere Konzerne erklären ihr Frische-Sortiment zur Chefsache und wirken aktiv in die Lieferkette hinein.
Früherdbeeren im Test: Bewässerung geht sparsamer
Beispiel Bewässerung: Immerhin zwei Drittel der Anbieter im Test können uns mit einem Global G.A.P./SPRING-Zertifikat zumindest auf dem Papier nachweisen, dass sie eine Strategie zur nachhaltigen Bewässerung verfolgen.
Global G.A.P.-Zertifikate und ihre Zusatzmodule sind in unseren Augen zwar besser als nichts, aber trotzdem nur ein Mindeststandard. Einige Anbieter im Test lieferten uns nicht einmal das – unter ihnen Discounter Netto, der ebenso wie Denn’s laut Rückmeldung offenbar auch nicht die Bewässerungsmenge der von ihm verkauften Erdbeeren kennt.
Andere Anbieter verlassen sich nicht auf ein Zertifikat, sondern werden selbst aktiv. Der Lidl-Konzern beispielsweise legt uns zusätzlich zum SPRING-Label eine konkrete Unternehmensstrategie zur Wasserreduktion in Huelva dar und belegt uns durch ein Zertifikat der dortigen Wasserbehörden, dass sein Anbaubetrieb legale Quellen anzapft.
Früherdbeeren-Test: Missstände im spanischen Anbau
Lidl zeigt sich auch mit seinem Engagement in Sachen Arbeitsbedingungen und Transparenz sehr ambitioniert: 2020 gab der Konzern bei der auf Menschenrechte spezialisierten Beratungsfirma Löning eine Risikoanalyse seiner Beeren-Lieferkette in Huelva in Auftrag und legte die eigenen Missstände im spanischen Erdbeeranbau anschließend schonungslos offen.
Die Mehrheit der Anbieter im Test baut zum Thema Arbeitsbedingungen lediglich auf das Zertifikat Global G.A.P./GRASP, das bestimmte arbeitsrechtliche Risiken ausschließt. Steffen Vogel von Oxfam, ein internationaler Verbund verschiedener Hilfs- und Entwicklungsorganisationen, hält wenig von dem Zertifikat: Weil es von deutschen Supermarktketten finanziert werde, sieht er einen klaren Interessenskonflikt.
Aus eigenen Studien wisse man, dass die Kontrollen lückenhaft seien oder von den Betrieben manipuliert würden. Das GRASP-Modul von Global G.A.P. sei zwar etwas anspruchsvoller, sagt Vogel. "Unsere Erfahrung ist jedoch, dass diese Standards in der Praxis nicht eingehalten werden."
Pestizide im Bio-Anbau in der Regel nicht erlaubt
Und beim Pestizidmanagement? Hier sind die Erdbeeren aus Bio-Anbau klar im Vorteil, denn sie verbieten Pestizide grundsätzlich. Jedenfalls fast, siehe Tegut.
Die Erdbeeren aus Bio-Anbau bieten nicht nur Sicherheit für Verbraucher, sie tragen auch weniger zur Verschmutzung des ohnehin knappen Grundwassers in Andalusien bei.
Doch auch einige konventionelle Anbieter wie Rewe und Penny machen ihren Zulieferern vergleichsweise strenge Vorgaben, welche Pestizide sie anwenden dürfen und welche nicht. Edeka und Netto lassen es dagegen lockerer angehen: Sie verzichten als einzige Anbieter im Test komplett auf solche Negativ-Listen.
Tipps für den Erdbeerkauf
Was Sie beim Kauf von Erdbeeren beachten sollten:
- Erdbeeren in der Vorsaison lieber nur ausnahmsweise genießen, denn sie tragen einen schweren ökologischen Rucksack.
- Fürs Klima die schlechteste Wahl sind Erdbeeren aus Ägypten oder Marokko, weil die sogar eingeflogen werden. In unserem Test stammen nur die Erdbeeren von Globus aus Ägypten, alle anderen aus Spanien.
- Besser auf heimische Erdbeeren warten: Sie sind auch frischer und aromatischer.
- Wer im Supermarkt Erdbeeren kauft, sollte das nur innerhalb der Saison tun. Ab Ende Mai können deutsche Erdbeeren ohne schlechtes Gewissen in den Einkaufskorb wandern. Achten Sie auf Bio-Ware, die ohne Einsatz von Pestiziden heranreifen.
- Durch den Anbau in Folientunnel können mitunter auch Mitte April bereits heimische Erdbeeren in den Supermärkten landen. Wer jedoch früher zu deutschen Erdbeeren greift, hat ein Produkt in den Händen, das im Gewächshaus heranwuchs. Deren Klimabilanz ist noch verheerender als die einer aus Spanien importierten Erdbeere.
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