Ist die Rettung des Klimas nur noch "eine nette Utopie"? Diese Formulierung gebrauchte Fatih Birol, der Chefökonom der Internationalen Energieagentur IEA, als er unlängst ausgesprochen schlechte Neuigkeiten überbrachte: 30,6 Milliarden Tonnen Kohlendioxid, konstatiert eine im Frühjahr vorgelegte Studie der Agentur, wurden 2010 weltweit in die Atmosphäre geblasen - so viel wie nie zuvor.
Allen Mahnungen und Mühen von Klimaschützern und Politik zum Trotz: Der Ausstoß des Treibhausgases sank selbst im Krisenjahr 2009 nur geringfügig, und kaum sprang der Motor der Wirtschaft wieder an, stieg er auf ein neues Rekordniveau. Vor allem in Entwicklungsländern wachsen die Emissionen rasant. Eigentlich sind sich die Experten einig, dass der CO2-Ausstoß binnen weniger Jahre deutlich gesenkt werden muss, wenn die Erderwärmung noch auf verträgliche zwei Grad beschränkt werden soll. Das, sagte Birol, werde angesichts der aktuellen Entwicklung aber wohl "extrem schwierig". Gelingt die schnelle Umkehr nicht, müsse eher von einer Erwärmung um vier Grad bis zum Ende des Jahrhunderts ausgegangen werden - mit nur schwer vorstellbaren Folgen: Wüste in Italien, tropische Temperaturen in Mitteleuropa, immer häufiger Dürre, Stürme und Fluten, ein Artensterben von enormem Ausmaß. Die Aussichten, so Birol, "verfinstern sich".
Gibt es also keine Rettung? Doch, sagen einige Ingenieure: Es gibt sie. Das Zauberwort heißt Geo- oder Climate-Engineering. Es geht um gezielte technische Eingriffe, mit denen das Klima im großen Stil verändert werden soll. Erwogen werden Ideen wie die, Billionen kleiner Spiegel in oberste Atmosphärenschichten zu schießen, um auf diese Weise quasi einen künstlichen Sonnenschirm über der Erde aufzuspannen. Vorgeschlagen wurde auch, die Dächer vieler Häuser weiß zu streichen, damit Sonnenlicht reflektiert wird, das jetzt noch die Atmosphäre aufheizt. Diskutiert wird, im Eismeer viele Tausend Tonnen Eisendünger auszustreuen, damit Algen rasant wachsen. Diese, so die Idee, binden Kohlendioxid, das sie nach ihrem Absterben mit in die Tiefen des Ozeans ziehen - ein kühles Grab für den Klimakiller.
Zugegeben: Die Mehrzahl der Vorschläge klingt - höflich formuliert - skurril bis fantastisch und könnte geradewegs einem utopischen Roman von Jules Verne entnommen sein. Bevor der Franzose im technikbegeisterten späten 19. Jahrhundert seine Bücher über Expeditionen zum Mond oder in die Tiefsee veröffentlichte, hatte in den USA der Meteorologe James Espy bereits Theorien über die Atmosphäre als Wärmemaschine aufgestellt und angeregt, mithilfe großer Feuer Regen auszulösen; praktische Versuche waren indes nicht von Erfolg gekrönt.
Eine Wiederbelebung erfuhren derlei Bestrebungen, Wetter und Klima zu beeinflussen, in der für allerlei technologische Allmachtsfantasien sehr aufgeschlossenen ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ingenieure bastelten an Raketen für den Mondflug, suchten die Kernspaltung zu...