Hypoallergene Säuglingsnahrung im Test: Ein Drittel ist stark belastet

Jahrbuch Kleinkinder 2016 | | Kategorie: Kinder und Familie | 14.01.2016

Hypoallergene Säuglingsnahrung im Test: Ein Drittel ist stark belastet
Foto: Ulza/Shutterstock

Für allergiegefährdete Babys, die nicht (mehr) voll gestillt werden, gibt es hypoallergene Säuglingsnahrung (HA). Fünf Testprodukte sind allerdings so stark belastet, dass sie mit "mangelhaft" oder "ungenügend" bewertet werden. Glücklicherweise gibt es bei den Muttermilchersatzprodukten aber auch gute Alternativen.

  • Wir haben 13 hypoallergene Muttermilchersatzprodukte (Pre und 1) im Labor gründlich analysieren lassen.
  • Eine HA-Säuglingsnahrung können wir mit "sehr gut", zwei Anfangsmilchprodukte mit "gut" empfehlen.
  • Fünf Milchpulver für HA-Nahrung von bekannten Herstellern sind durchgefallen. Die Probleme: zu viel Fettschadstoffe und Perchlorat/Chlorat, die für Kinder gefährlich werden können.

Anfangsmilch Pre HA im Test: Drei sind empfehlenswert

ÖKO-TEST hat 13 HA-Nahrungen Pre und 1 eingekauft und sie im Labor gründlich analysieren lassen. Nur drei Milchpulver für hypoallergene Säuglingsnahrung können wir mit "sehr guter" oder "guter" Gesamtbewertung empfehlen. Fünf Anfangsmilch-Produkte im Test schneiden nur mit "mangelhaft" oder "ungenügend" ab. Die Gründe für das schlechte Abschneiden sind vor allem die Belastung mit Fettschadstoffen und Perchlorat/Chlorat.

Pre-Babynahrung HA: Belastung mit Chlorat und Perchlorat

Die Chloratbelastungen stammen mit hoher Wahrscheinlichkeit aus Reinigungs- und Desinfektionsmitteln. Im menschlichen Organismus kann der Stoff die Jodaufnahme in die Schilddrüse hemmen und die roten Blutkörperchen schädigen.

In der ersten Veröffentlichung dieses Tests hatten wir die Chloratgehalte vorsorglich sehr streng abgewertet, da die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) die gesundheitlichen Risiken von Chlorat noch nicht abschließend bewertet hatte. Inzwischen haben die Experten festgelegt, welche Aufnahmen pro Tag nicht überschritten werden sollten (Tolerable Daily Intake, TDI), und wir passen unsere Bewertung in der aktuellen Testtabelle an.

Unrühmlicher Spitzenreiter ist eine bekannte HA Pre Anfangsmilch, in der die Belastung umgerechnet dem Achtfachen des TDI entspricht. Zumindest Spuren an Chlorat wurden in allen Nahrungen bis auf zwei nachgewiesen.

Drei HA-Babymilchprodukte (sowohl Pre-Milch als auch Folgemilch) sind mit Perchlorat belastet, so das Testergebnis. Für den Schadstoff, der unter anderem aus Klärschlämmen und Düngemitteln eingetragen werden kann, hat die EFSA schon vor längerer Zeit einen TDI vorgegeben. Dieser wird von drei Pulvern überschritten. Ebenso wie Chlorat kann die Kontaminante die Jodaufnahme in die Schilddrüse hemmen, was besonders bei Kindern problematisch ist.

Vorsicht bei der Nutzung von HA-Säuglingsnahrung: Einige Produkte sind mit Schadstoffen belastet.
Vorsicht bei der Nutzung von HA-Säuglingsnahrung: Einige Produkte sind mit Schadstoffen belastet. (Foto: Africa Studio/Shutterstock)

Fettschadstoffe in HA Pre- und Folgemilch

Die Fettschadstoffe 3-MCPD-Fettsäureester entstehen bei der Raffination von pflanzlichen Fetten und Ölen. Freies 3-MCPD zeigte sich in Tierversuchen bei der Aufnahme höherer Mengen als nierenschädigend und führte zur Bildung gutartiger Tumore. Unser Test hat gezeigt: Noch immer wird der vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfohlene TDI von vielen Produkten überschritten.

In einer Anfangsmilch HA 1 wurde ein Benzalkoniumchlorid gefunden, das zu den Quartären Ammoniumverbindungen gehört. Der Stoff wird wegen seiner antibakteriellen Eigenschaften als Konservierungs- und Desinfektionsmittel eingesetzt und kann Hautreizungen sowie Allergien auslösen.

Sie möchten wissen, wie bekannte Markenprodukte wie die Hipp HA, die Nestlé Beba HA Pre, die Milupa Aptamil Anfangsnahrung HA 1, Töpfer Lactana oder die Milupa Milumil Anfangsnahrung HA 1 abgeschnitten haben? Die Details des Tests von 13 HA-Muttermilchersatzprodukten lesen Sie hier:

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Das rät ÖKO-TEST

  • Muttermilch ist und bleibt das Beste. Denn Muttermilch enthält alle lebensnotwendigen Nährstoffe, ist gut verdaulich und immer verfügbar. Doch Stillen wirft gerade zu Beginn viele Fragen auf: Was darf ich essen? Wie oft soll ich stillen? Was tun bei Milchstau? Wir geben Tipps rund ums Stillen.
  • Die in der sogenannten GINI-Studie belegte allergiepräventive Wirkung von HA-Nahrungen bezieht sich vor allem auf Neurodermitis. Babys mit einer Disposition für diese Hauterkrankung sollten – wenn sie nicht gestillt werden können – auf jeden Fall eine HA-Nahrung bekommen.
  • Wenn Ihr Kind allergisch auf Kuhmilch reagiert, dürfen auch HA-Nahrungen nicht gefüttert werden. Für solche Fälle gibt es Spezialprodukte, die allerdings nur nach Absprache mit dem Kinderarzt gegeben werden sollten.

>> Zum Weiterlesen: Babynahrung im Test: Nur fünf Pre-Milchpulver sind "gut"

Den Test haben wir erstmals im Öko-Test-Magazin 6/2015 veröffentlicht. Aktualisierung der Angaben, sofern sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder Öko-Test neue/zusätzliche Untersuchungen aufgeführt hat.

Weiterlesen auf oekotest.de:

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

So haben wir getestet

Der Einkauf
Im Test: 13 Säuglingsanfangsnahrungen. Ausgewählt wurde mindestens ein Produkt der wichtigsten in den Läden erhältlichen Marken. Der Schwerpunkt lag auf Produkten mit der Bezeichnung "Anfangsmilch 1", da diese in der Regel über einen längeren Zeitraum als Pre-Nahrung gegeben werden. Grundsätzlich sättigen 1er-Nahrungen durch den Zusatz von Stärke besser als Pre-Nahrungen, die nur Laktose enthalten.

Die Inhaltsstoffe
Muttermilchersatz soll das Kind mit allen wichtigen Nährstoffen versorgen und zugleich frei sein von problematischen Inhaltsstoffen. Wir unterzogen die Produkte daher umfangreichen Laboruntersuchungen. Im Mittelpunkt standen zunächst Fettschadstoffe, die über die eingesetzten Fettkomponenten in die Nahrungen gelangen und in den vergangenen Tests immer wieder zu Punktabzügen geführt hatten. Neue Parameter wie Perchlorat und Chlorat ergänzten das Prüfprogramm. Beide Substanzen wurden zuletzt insbesondere in Obst und Gemüse nachgewiesen, können sich aber auch in Milchpulver anreichern, wie erste Hinweise aus Laboren zeigen. Weitere Problemstoffe aus früheren Untersuchungen: das aktuell viel diskutierte Aluminium sowie quartäre Ammoniumverbindungen, die ÖKO-TEST zuletzt in Babymilchbreien kritisierte. Schließlich wurde untersucht, ob die Proben mit Keimen belastet sind.

Die weiteren Mängel
Entsprechen die Packungsangaben den Vorgaben der Diätverordnung? Werden Aussagen gemacht, die die Ähnlichkeit der Produkte mit Muttermilch zu sehr betonen? Das ließen wir von Experten checken.

Die Bewertung
Es hagelt weiterhin Abwertungen für die als krebsverdächtig eingestuften Fettschadstoffe. Für eine unliebsame Überraschung sorgten Rückstände der Chemikalie Chlorat: Sie führten in drei Produkten zu Punktabzügen. Ausreißer aufgrund überzogener Produktwerbung ist eine Hipp-Nahrung: Von den Inhaltsstoffen her "sehr gut", schnitt das Produkt letztlich mit "gut" ab.

Testmethoden
Mineralöl: LC-GC-FID. Quartäre Ammoniumverbindungen: saure Extraktion, LC-MS/MS//LA-LCMS-034. Perchlorat und Chlorat: LC-MS/MS (entspricht Methode des EU Reference Laboratory for Pesticides für Perchlorat [QuPPe-Method). Gesamtkeimzahl, aerob: ASU L 48.01-13. Enterobacteriaceen pro 100g: ISO 21528-1:2004 mod. (Modifizierung: vereinfachtes MPN-Verfahren). Cronobacter sakazakii pro 100 g: ISO 21528-1:2004 mod. (Modifikation betrifft die Detektion eines speziellen Keims und vereinfachtes MPN-Verfahren). E. coli pro g: ASU L 48.01-20. koag-pos. Staphylokokken pro g: EN ISO 6888-3:2005-07. präsumtive Bacillus cereus in KBE/g: ASU L 00.00-33. Sporen mesophiler sulfitred. Clostridien in KBE/g: ASU L 06.00-39 mod. (Modifikation betrifft die Anwendung auf andere Probenmatrix als angegeben sowie den Erhitzungsschritt zur Abtötung der vegetativen Keime.) Salmonellen pro 125 g: ASU L 00.00-20. L. monocytogenes pro 250 g: ASU L 00.00-32. Fettsäuregebundenes 3-MCPD und Glycidol: DGF C-VI 18 (10). PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung: Röntgenfluoreszenzanalyse. Steht bei konkret benannten Analyseergebnissen "nein", bedeutet das "unterhalb der Bestimmungsgrenze" der jeweiligen Testmethode.

Legende
Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führen zur Abwertung um jeweils zwei Noten: a) ein Gehalt der Fettschadstoffe 3-MCPD- und Glycidyl-Fettsäureester, der zu einer Überschreitung des TDI für freies 3-MCPD von 2 μg/kg Körpergewicht führt, wobei weniger als das Zehnfache des TDI er- reicht wird. Zugrunde gelegt wurde ein Körpergewicht von 3,5 kg und die vom Hersteller empfohlene Tagestrinkmenge in der 2. Lebenswoche; b) ein Gehalt an Perchlorat, der den TDI von 0,3 μg/kg Körpergewicht überschreitet. Zugrunde gelegt wurde ein Körpergewicht von 3,5 kg und die vom Hersteller empfohlene Tagestrinkmenge in der 2. Lebenswoche; c) ein Chloratgehalt, der zu einer Überschreitung des TDI von 3 μg/kg Körpergewicht führt, wobei weniger als das Zehnfache des TDI erreicht wird. Zugrunde gelegt wurde ein Körpergewicht von 3,5 kg und die vom Hersteller empfohlene Tagestrinkmenge in der 2. Lebenswoche. Zur Abwertung um eine Note führt: Nachweis von Quartären Ammoniumverbindungen. Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um zwei Noten: prominenter Hinweis auf der Produktvorderseite, der die Ähnlichkeit zur Muttermilch zu stark betont. Zur Abwertung um eine Note führt: a) Hinweis an einer anderen Verpackungsstelle, der die Ähnlichkeit zur Muttermilch zu stark betont. Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend” oder schlechter ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note.

Den Test haben wir erstmals im Öko-Test-Magazin 6/2015 veröffentlicht. Aktualisierung der Angaben, sofern sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder Öko-Test neue/zusätzliche Untersuchungen aufgeführt hat. 

Einkauf der Testprodukte: Februar 2015

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