Pre-Nahrung im Test: Mineralöl weiterhin nicht komplett verschwunden

Magazin November 2024: Weizenmehl | Autor: Jil Eichhorn/Katja Tölle/Lena Wenzel | Kategorie: Kinder und Familie | 04.11.2024

Pre-Nahrung-Test: Welche ist die beste Anfangsnahrung für Babys?
Foto: ÖKO-TEST

Mineralöl in Pre-Nahrung: Unser Test zeigt, dass Hersteller das Problem offenbar inzwischen besser im Griff haben. 11 von 18 Babynahrungen sind "sehr gut". Wir sind in einigen Produkten aber immer noch auf die Mineralölbestandteile MOSH/MOSH-Analoge gestoßen. 

  • Im Test: 18-mal Pre-Nahrung, also Muttermilchersatzprodukte für die Allerkleinsten. Unter den Testkandidaten befinden sich auch acht Bio-Produkte. 
  • Pre-Nahrungen sind schon ab Geburt empfohlen, wenn die Babys nicht oder nur teilweise gestillt werden.
  • Beste Pre-Nahrung? 11 von 18 Produkten schneiden mit "sehr gut" ab. 
  • Mehrfach im Test kritisieren wir gefundene Mineralölbestandteile, die sich im menschlichen Körper anreichern. 

Muttermilch lässt sich in ihrer komplexen Zusammensetzung und Wirkung für das Immunsystem des Babys nicht nachbauen. Sie verändert sich im Laufe der Stillzeit immer passgenau zu den Bedürfnissen des Babys. Stillen schützt vor Infekten und Entzündungen im Säuglingsalter sowie dauerhaft vor Allergien und Asthma.

Doch nicht alle Mütter können oder möchten vollständig stillen. Dann ist Anfangsmilch lebenswichtig: Sie ist das einzige Lebensmittel, das nicht gestillte Säuglinge in den ersten Monaten vertragen. Wir haben 18 Pre-Nahrungen getestet. 

Beste Pre-Nahrung? Bebivita, Beba, Hipp & Co. im Test 

Keins unserer Testthemen ist sensibler als dieses: Es geht schließlich um ein Produkt, das Babys, selbst Neugeborene, Tag und Nacht trinken, wenn sie nicht gestillt werden. Kein Wunder, dass Eltern da nervös werden, wenn ihre Pre-Nahrung schlecht abschneidet.

Umso mehr freuen wir uns, das wir elf Pre-Babynahrungen mit "sehr gut" empfehlen können. Es gibt also eine Auswahl an Alternativen für alle, die nicht stillen können oder wollen.

Mineralölbestandteile in Pre-Nahrungen im Test

Getrübt wird unsere Feierlaune durch ein Thema, das noch nicht alle Hersteller im Griff haben: Verunreinigungen der Produkte mit Mineralölbestandteilen. Dabei handelt es sich um eine große Gruppe von Stoffen, die man grob in zwei Hauptgruppen unterteilen kann – die gesättigten MOSH und die aromatischen MOAH.

Die bedenklichere, weil teils krebserregende Gruppe, MOAH, hat das von uns beauftragte Labor in keinem der Produkte nachgewiesen – das war in früheren Tests noch anders. MOSH/MOSH-Analoge hingegen stecken in sieben Produkten in einer Höhe, die wir kritisieren.

Pre-Nahrung im Test: Jetzt Ergebnisse als ePaper kaufen

Zur Erklärung: MOSH reichern sich im menschlichen Körper an und bilden dort die wohl größte Verunreinigung – ob sie dort etwas anrichten und wenn ja was, das ist bisher noch unzureichend geklärt.

Bleibt die Frage, wie Mineralölbestandteile in die Pre-Nahrungen gelangen? Solche Verunreinigungen können unter anderem dann entstehen, wenn die Rohware oder das fertige Produkt in Kontakt mit Schmierölen kommen.

Fettschadstoffe kein Problem mehr in Pre-Nahrung 

Insgesamt sinken die Verunreinigungen mit Mineralölbestandteilen allerdings im Vergleich zu früheren Tests von Pre-Nahrungen – die Hersteller haben das Problem offenbar inzwischen besser im Griff.   

Apropos im Griff: Fettschadstoffe, wie sie vor einigen Jahren noch ein richtig großes Problem waren, hat das beauftragte Labor in diesem Test nur noch in sehr geringen Spuren nachgewiesen, die wir nicht abwerten. Auch hier haben unsere vielen Tests von Säuglingsanfangsnahrung offenbar gewirkt; die Hersteller haben nachgebessert.

Im Jahr 2023 haben wir Anfangsmilch 1 getestet. Sie ist wie Pre-Nahrung schon ab Geburt verträglich. Die enthaltene Stärke ist in der Regel der einzige Unterschied. Auch hier war Mineralöl ein Problem. Mehr dazu lesen Sie, wenn Sie auf folgenden Kasten klicken: 

Werbung mit Selbstverständlichkeiten in der Kritik 

Ein kleinerer Kritikpunkt im Test der Pre-Nahrungen ist eine Werbung mit Selbstverständlichkeiten. Wirbt ein Hersteller damit, laut Gesetz keine Aromen, keine Farbstoffe und keine Konservierungsstoffe in seiner Rezeptur einzusetzen, bemängeln wird das. Denn das sind alles Zusätze, die in dieser Produktgruppe nicht einmal erlaubt wären.

Wir finden: Eine solche Werbung ist gleich aus zwei Gründen ärgerlich. Einmal, und das ist vor allem für andere Hersteller blöd, kann diese Werbung suggerieren, dass genau dieses eine Produkt besser sei als andere.

Zum Zweiten, und das ist besonders ärgerlich, kann sie Eltern unnötig verunsichern, obwohl es längst Gesetze gibt, die genau diese Zusätze verbieten. Wir werten das unter den Weiteren Mängeln ab.

Übergangsfrist für Werbung mit DHA 

Etwas großzügiger sind wir, noch, beim Thema Docosahexaensäure (DHA). Alle Verpackungen im Test werben damit, dass die Pre-Nahrung laut Gesetz die Fettsäure DHA enthält – der Zusatz ist seit 2020 in dieser Produktgruppe gesetzlich vorgeschrieben. Streng genommen ist also auch das eine Selbstverständlichkeit. Die EU hat für diese Werbung aber eine Übergangsfrist eingeräumt, damit die Hersteller Eltern über die gesetzliche Änderung informieren können.

Babynahrung, die nach Februar 2025 in den Handel kommt, sollte diesen Hinweis entsprechend nicht mehr tragen. Wir werden selbstverständlich im nächsten Test prüfen, ob diese Hinweise dann verschwunden sind.  

Können Säuglinge bedenkenlos Pre-Nahrungen trinken? Wir haben 18 Produkte umfangreich untersuchen lassen.
Können Säuglinge bedenkenlos Pre-Nahrungen trinken? Wir haben 18 Produkte umfangreich untersuchen lassen. (Foto: ME Image/Shutterstock )

Verhältnis DHA und ARA in Pre-Milch 

Apropos DHA. Was viele Expertinnen und Experten nach der Gesetzesänderung geärgert hat, war, dass nicht ein mindestens genauso hoher Zusatz der Omega-6-Fettsäure Arachidonsäure (ARA) vorgeschrieben wurde. Denn die Vorteile des Zusatzes seien nur in Kombination belegt.

Deswegen würden wir abwerten, wenn das Verhältnis von DHA zu ARA nicht mindestens bei 1:1 liegt. Das war aber bei keinem der Produkte der Fall. Zusätzlich werten wir unter den Weiteren Mängeln ab, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher anhand der Verpackung nicht erkennen können, wie viel ARA in dem Produkt steckt.

Tipps zur Babynahrung 

  • Anfangsmilch Pre ist für das ganze erste Lebensjahr geeignet, wenn Ihr Baby gut damit zurecht kommt. Anfangsmilch 1 enthält neben Milchzucker auch Stärke, um besser zu sättigen.
  • Rühren Sie das Fläschchen nicht vorab schon für die Nacht an. Denn dann können sich Keime vermehren, mit denen der kleine Organismus noch nicht zurechtkommt.
  • Entsorgen Sie nicht getrunkene Reste von Babynahrung immer.

Weiterlesen auf oekotest.de:

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

18 Pre-Babynahrungen, also Muttermilchersatzprodukte für die Allerkleinsten, sind in unserem Einkaufskorb gelandet, darunter acht Bio-Produkte. Pre-Nahrungen sind schon ab Geburt empfohlen, wenn die Babys nicht oder nur teilweise gestillt werden. Die Produkte kosteten zwischen 5,21 und 13,45 Euro pro 500 Gramm.

Wir haben die Produkte in ein akkreditiertes Labor geschickt und dort auf Verunreinigungen mit Mineralölbestandteilen untersuchen lassen. Diese Verunreinigungen können unter anderem dann entstehen, wenn die Rohware oder das fertige Produkt in Kontakt mit Schmierölen kommen.

Zudem ließen wir die Anfangsmilchen auf Chlorat und Perchlorat untersuchen, die als Rückstände aus Desinfektionsmitteln in Lebensmittel gelangen können, und auf Fettschadstoffstoffe wie Glycidylfettsäureester, aus denen das wahrscheinlich krebserregende Glycidol entstehen kann. Bei beiden Untersuchungen haben die Labore höchstens sehr geringe Spuren nachgewiesen, die wir noch nicht abwerten. Zudem haben wir die Keimbelastung testen lassen – auch hier waren alle Produkte in Ordnung.

Das Fettsäurespektrum der Babynahrungen war ein weiterer Punkt auf der Prüfliste der Labore. Hierbei haben wir ein besonderes Augenmerk darauf gelegt, ob das Verhältnis der Fettsäuren DHA und ARA mindestens ausgeglichen ist – also bei 1:1 oder höher liegt.

Wir haben zudem alle Produkte auf Bisphenol A untersuchen lassen – ohne abwertungsrelevante Befunde. Auch die Analyse der Verpackungen auf umweltbelastendes PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen war ohne Befund.

Die Verpackungen haben wir zudem überprüft: Sind alle wichtigen Hinweise zur Zubereitung, Lagerung und Dosierung vorhanden? Gibt es einen gut sichtbaren Hinweis zur Überlegenheit der Muttermilch und einen zur Zahngesundheit? Das war bei allen Produkten der Fall. Zudem haben wir geprüft, ob die Hersteller mit Selbstverständlichkeiten werben, wie dass sie keine Aromen oder Farbstoffe einsetzen, ob der ARA-Gehalt deklariert ist und ob sie umweltbezogene Aussagen ohne konkrete Informationen dazu auf dem Produkt verwenden. Letzteres war nicht der Fall.

Bewertungslegende 

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt. Steht bei konkret benannten Analyseergebnissen "nein", bedeutet das, "unterhalb der Bestimmungsgrenze" der jeweiligen Testmethode. MOSH/MOSH-Analoge beinhalten gegebenenfalls auch POSH (Polyolefin Oligomeric Saturated Hydrocarbons) und PAO (Poly Alpha Olefins). Bei Richt- und Orientierungswerten handelt es sich um rechtlich nicht bindende Werte, die eingehalten werden sollten, während rechtlich bindende Grenzwerte eingehalten werden müssen.

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um vier Noten: ein gemessener Gehalt an Mineralölbestandteilen (MOSH/ MOSH-Analogen der Kettenlänge C17 bis C35) von mehr als 4 mg/kg (in Tabelle: "stark erhöht"). Zur Abwertung um zwei Noten führt: ein gemessener Gehalt an Mineralölbestandteilen (MOSH/MOSH-Analogen der Kettenlänge C17 bis C35) von mehr als 2 bis 4 mg/kg (in Tabelle: "erhöht").

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führen zur Abwertung um jeweils eine Note: a) Werbung mit Selbstverständlichkeiten mit Hinweis auf gesetzliche Regelungen, wobei gesetzlich vorgeschriebene Eigenschaften oder selbstverständliche Umstände als etwas Besonderes hervorgehoben werden, obwohl vergleichbare Produkte diese ebenso aufweisen; b) keine Angabe des ARA-Gehalts auf der Verpackung. Diese Angabe ist rechtlich nicht verpflichtend, kann dem Verbraucher jedoch eine wertgebende Information zum Produkt geben.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "gut" ist, verschlechtert das Gesamturteil nicht.  

Testmethoden 

Mineralölbestandteile: JRC-SOP mineral oil in IF: 2022-10 mod; die Modifikation betrifft die Epoxidierung; Messung mittels LC-GC/FID; Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen.
Fettsäureverteilung: nach Fettextraktion mittels DGF C-VI 10a (00) und 11d (19): 2013/2019; Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen.
3-MCPD-Ester/Glycidylester: nach DGF C-VI 18:2010 mod.; die Modifikation betrifft die teils automatisierte Aufarbeitung; Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen.
Gesamtfett: Gravimetrisches Verfahren nach Säureaufschluss; Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen.
Cronobacter spp.: nach DIN EN ISO 22964:2017-08, ASU L 00.00-166:2019-03.
Enterobacteriaceen: nach ASU L 00.00-133/1:2018-03.
Präsumtive Bacillus cereus: nach ASU L 00.00-33:2021-03.
Salmonellen: nach ASU L 00.00-20:2021-07.
Gesamtkeimzahl, aerob: nach DIN EN ISO 4833-2:2022-05.
Chlorat: LC-MS/MS; Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen.
Perchlorat: LC-MS/MS; Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen.
Bisphenol A: LC-MS/MS; Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen.
PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung: Röntgenfluoreszenzanalyse.

Einkauf der Testprodukte: Juli 2024 

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