Oma Karin ist besorgt. Seit drei Monaten wird ihr heiß geliebter Enkel Max in einer Kita betreut. Seitdem kommt der kleine Kerl aus dem Schniefen nicht mehr heraus. Praktisch nahtlos reiht sich ein Infekt an den anderen. Mal fiebert der Junge, mal hustet er sich in den Schlaf. Nase und Bronchien sind ständig verschleimt. Ist das noch normal? Kann das wirklich gut sein für ein 16 Monate altes Kind? Oma Karin, die selbst Neurologin ist und nicht besonders ängstlich oder überbehütend wirkt, hat da so ihre Zweifel. Sie sagt: "Max war doch als Baby nie krank. Nicht mal den kleinsten Schnupfen hat er gehabt, bevor er in die Kita kam. Manchmal denke ich, das ist alles zu früh für ihn." Mit solchen Gedanken steht die frischgebackene Großmutter nicht allein. Viele Mütter und Väter sorgen sich um ihre ständig kränkelnden Sprösslinge, die vor allem im Winter chronisch erkältet sind. Eltern vermuten dann oft ein geschwächtes Immunsystem und fürchten beispielsweise, aus einem hartnäckigen Husten könnte sich eine Lungenentzündung entwickeln. Auch Magen-Darm-Erkrankungen mit Durchfall oder Erbrechen kommen bei Kleinkindern relativ häufig vor.
Alles ganz normal
Kinderärzte finden daran nichts Ungewöhnliches. Acht bis zwölf leichte Infekte im Jahr bis zum Schuleintritt, das ist aus Sicht der Hamburger Pädiaterin Annette Lingenauber ganz normal. Wobei mit "leicht" gemeint ist: Das Kind muss nicht ins Krankenhaus, es trinkt weiter, das Fieber lässt sich gut senken, und der Infekt tritt nicht immer an der gleichen Stelle auf. Und auch, dass bereits einjährige Kita-Kinder betroffen sind, wundert erfahrene Mediziner wie Lingenauber nicht. Wenn Kleinkinder einen Infekt nach dem anderen erleiden, hat das nichts mit einem schlechten Immunsystem zu tun. Im Gegenteil: Die Abwehrkräfte werden trainiert und fit gemacht, damit sich das Kind in Zukunft vor Krankheitserregern besser schützen kann.
Babys kommen erst einmal mit einem Bestand an Abwehrstoffen auf die Welt, die sie schon im Mutterleib über die Plazenta von der Mutter übernommen haben. Sie sind also mit einem natürlichen Schutz gegenüber Krankheitserregern ausgestattet. Das ist auch nötig. Denn kaum geboren, werden die Winzlinge mit unzähligen Keimen und Fremdstoffen konfrontiert, gegen die sich ihr Körper plötzlich verteidigen muss. Der Darmtrakt, der mit seiner Keimbesiedlung für die Immunabwehr eine zentrale Rolle spielt, enthält beim Ungeborenen zunächst noch gar keine Bakterien. Während einer natürlichen Geburt nimmt das Kind dann erstmals Bakterien aus der Vagina und dem Darmbereich der Mutter auf. Die sterile Kaiserschnittgeburt enthält dem Baby diesen Kontakt vor - möglicherweise der Grund dafür, dass Kaiserschnittsäuglinge häufiger Allergien entwickeln.
Nach der Geburt liefert die Muttermilch noch jede Menge mütterliche Abwehrstoffe, die das Kind schützen, bis sich sein Immun- und Verdauungssystem ausreichend entwickelt hat. Die Ärzte spreche...