Aktualisiert am 06.05.2011 | OSB, MDF, Spanplatte mit und ohne Beschichtung - was darf es denn sein? Wer sich für zu Hause ein Brett in der Zuschnittabteilung des Baumarkts zusägen lassen will, muss sich entscheiden - je nachdem, was daraus werden soll, wo es am Ende landen und was es aushalten soll. Für routinierte Heimwerker kein Problem, aber so manch einer kann eine kleine Einführung in die Eigenheiten der unterschiedlichen Holzwerkstoffplatten gut gebrauchen.
Wie werden Holzwerkstoffplatten hergestellt?
Spanplatten werden aus getrockneten und beleimten Spänen durch Heißpressung hergestellt. Dazu verwendet man verschiedene Formaldehydharze. In der Regel besteht die Platte aus drei Schichten: zwei Deckschichten mit feinen und einer Mittelschicht mit gröberen Spänen. Nach der Pressung werden die heißen Platten besäumt, geglättet und geschliffen.
Die Spanplatte ist - im Gegensatz zu OSB - in beiden Richtungen gleich fest. Je nach Einsatzzweck (tragend, nicht tragend, Trockenbereich, Feuchtbereich) gibt es verschiedene Qualitätsklassen von P1 bis P7. Spanplatten werden sowohl im Holzbau als auch im Innenausbau und Möbelbau eingesetzt.
Beschichtete Spanplatten werden mit einem Dekorpapier, einer Folie oder einem Furnier beschichtet. Die einfachen beschichteten Spanplatten - wie im Test - sind üblicherweise melaminharzbeschichtet, das heißt, ein Dekorpapier wird mit Melaminharzen (Formaldehydharzen) getränkt und unter Druck und Hitze verpresst. So entsteht eine sehr dichte Schicht. Diese Platten werden vor allem im Möbelbau eingesetzt.
OSB- oder MDF-Platten: Wo liegt der Unterschied?
OSB (Oriented Strand Boards) sind dreischichtig aufgebaute Platten aus in einer Richtung gestreuten, relativ langen, schlanken Holzspänen, sogenannten Strands. Für die Späne werden Rundhölzer entrindet und zerspant. Da sie schichtweise längs oder quer angeordnet werden, sind die Platten in beiden Richtungen unterschiedlich fest. Die Werkstoffe sind mit einem Polyurethanharz auf Grundlage des bedenklichen Isocyanats PMDI verklebt; in den Deckschichten werden teilweise auch Formaldehydleime verwendet.
OSB-Platten werden vor allem in tragenden und aussteifenden Bauteilen eingesetzt, aber auch im Innenausbau, zum Beispiel als Verlegeplatten auf dem Boden. In Deutschland werden sie fast ausschließlich aus Kiefernholz hergestellt. Je nach Einsatzzweck gibt es verschiedene Qualitätsklassen von OSB/1 bis OSB/4. Im Baumarkt ist in der Regel OSB/2 vertreten: für tragende Zwecke im Trockenbereich.
Warum Holzwerkstoffplatten gesundheitlich bedenklich sein können
Mitteldichte Faserplatten (MDF) werden ähnlich produziert wie Spanplatten, nur dass das Holz bis auf die Holzfaser aufgemahlen wird. Zunächst werden Hackschnitzel vorgekocht und zerfasert, die Fasern dann getrocknet und unter Klebstoffzugabe zu einem Vlies gestreut, das heiß zu einem sehr homogenen Werkstoff verpresst wird. MDF-Platten weisen beidseitig glatte geschliffene Oberflächen und Kanten auf, sind sehr fest und lassen sich präzise verarbeiten, weshalb sie im Möbelbau sehr beliebt sind. Je nach Einsatzzweck gibt es verschiedene Qualitätsklassen.
Auch wenn Holzwerkstoffplatten vor allem aus Holz bestehen, sind die Platten für sensible Menschen möglicherweise eine Gefahr - da geht es zum einen um Stoffe, die im Holz selbst stecken wie Terpene, aber auch um Chemikalien, die aus den Bindemitteln kommen, mit denen Holzfasern oder -späne zu baureifen Platten verklebt werden.
Holzwerkstoffplatten im Test: Wie schneiden die Produkte ab?
ÖKO-TEST wollte wissen, wie es um Holzwerkstoffplatten bestellt ist, mit denen Roh- und Innenausbauten gemacht und Möbel gebaut werden. Dazu kauften wir in sechs verschiedenen Baumärkten vier Arten von Holzwerkstoffplatten im Zuschnittbereich ein: rohe und weiß beschichtete Spanplatten, OSB- und MDF-Platten. Diese 24 Produkte schickten wir in die Labore.
Das Testergebnis: Gut präsentieren sich die weiß beschichteten Spanplatten - die Beschichtung verhindert hier, dass Stoffe ausgasen. MDF-Platten schneiden sehr unterschiedlich ab: Hier gibt es sogar ein "sehr gutes" Produkt, die eine andere Platte war hingegen nur "ausreichend". OSB- und Spanplatten sind am stärksten mit Schadstoffen belastet und daher für sensible Menschen weniger empfehlenswert.
Formaldehyd in einigen Holzwerkstoffplatten im Test
Gesetzliche Grenzwerte sind die eine Sache, die Praxis eine andere. Unser Test zeigt, dass auch die nach Vorschrift produzierten "emissionsarmen" Platten (kurz: E1) noch Stoffe ausgasten, die zum Problem werden können, wenn größere Mengen dieser Holzwerkstoffe in einem Raum verbaut worden sind. Die deutlichsten Mengen an krebserregendem Formaldehyd gaben die rohen Spanplatten ab. Wenn zum Beispiel in Holzhäusern oder durch Innenausbau und Möbel viele Quadratmeter solcher Oberflächen vorhanden sind, dann kann die Raumluft derart belastet sein, dass sie auch nach offiziellen Richtwerten nicht mehr als sicher gilt.
Am meisten Formaldehyd gasten die Spanplatten zweier bekannter Hersteller aus. Wir haben Platten aus dem Heimwerkerbereich getestet, aber die Ergebnisse lassen sich auch auf andere, ähnliche Produkte übertragen, denn auch die Baumärkte werden meist von den großen Plattenherstellern beliefert, die vor allem für Holzgroßhändler und die Industrie produzieren.
Welche Holzwerkstoffplatten enthalten am wenigsten Formaldehyd?
Die Melaminbeschichtung der weißen Spanplatten wird mit Formaldehydharz hergestellt. Das in der Platte steckende Formaldehyd ging in unserem Test jedoch nicht durch die Beschichtung heraus; bei der gewählten Methode wurden allerdings die Kanten nicht berücksichtigt. In der Praxis können also auf diesem Weg noch gewisse Mengen Formaldehyd entweichen.
Kein oder nur geringe Mengen Formaldehyd wurde in OSB-Platten nachgewiesen. Offensichtlich stecken auch in den Deckschichten kaum formaldehydhaltige Bindemittel. Die Späne werden - zumindest in der Innenschicht - mit einem Polyurethanleim gebunden, der auf Basis eines Isocyanats hergestellt wird, einer krebsverdächtigen und sensibilisierenden Substanz. Diese ist im fertigen Produkt allerdings ausreagiert, eventuelle Reste fest eingebunden. Selbst bei einem Sägeversuch im Rahmen eines früheren ÖKO-TESTs konnten keine Isocyanate mehr festgestellt werden.
Kritik an augen- und schleimhautreizenden Stoffen
Aus rund der Hälfte der Holzwerkstoffplatten gasten erhöhte Mengen an flüchtigen organischen Verbindungen (VOC = Volatile Organic Compounds) aus, wenn wiederum viele Flächen im Raum vorhanden sind. Bei der OSB- und MDF-Platte eines Anbieters sowie der OSB-Platte eines weiteren Herstellers sind die Konzentrationen in der Summe so hoch, dass die Raumluft mit über einem Milligramm pro Kubikmeter nach den Richtwerten des Umweltbundesamts als "hygienisch auffällig" bezeichnet wird und nur befristet akzeptiert werden kann.
Mit solchen Konzentrationen werden auch von offizieller Seite Beschwerden und Geruchswahrnehmungen zugestanden. Für empfindliche Menschen können aber schon kleinere Oberflächen zum Problem werden, zum Beispiel wenn nur Boden oder Decke belegt sind. Bei den ausgasenden Stoffen handelt es sich zu einem größeren Teil um Aldehyde wie das unangenehm riechende Hexanal, zum anderen um Terpene, wie das stark allergene Delta-3-Caren, das Augen und Schleimhäute reizt. Auch Terpene machen sich durch ihren Geruch bemerkbar. Wie unser Testergebnis zeigt, haben OSB-Platten ein höheres VOC-Risiko als andere Holzwerkstoffplatten, jedoch kein Formaldehydproblem.
In einigen OSB- und Spanplatten wurden umstrittene halogenorganische Verbindungen und/oder das giftige Schwermetall Blei nachgewiesen. Eventuell werden hier andere Klebstoffe eingesetzt, denn diese Spanplatten gaben keine oder nur geringe Mengen an flüchtigen organischen Verbindungen ab.
Diesen Test haben wir bereits im ÖKO-TEST Magazin 4/2011 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für den Ratgeber Bauen, Wohnen & Renovieren 2011 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.
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