Mit einem Ruck reißt Ulrich Sanz die Profilbretter an der Dachschräge ab. Doch außer der gammeligen Holzverkleidung fällt ihm auch ein gelbbraunes, wattiges Etwas entgegen. Im Nu steht Sanz in einer flirrenden Faserwolke, bald juckt und kratzt es überall, vor allem in Augen, Nase und Hals. Dabei wollte der Gymnasiallehrer lediglich seinem Altbau aus den 1970er-Jahren endlich zu einem zeitgemäßen Wärmeschutz verhelfen und im Dachgeschoss zwei Kinderzimmer einrichten.
Was Sanz nicht wusste: Der Vorbesitzer hatte hinter dem Holz vor bald 40 Jahren eine Lage Mineralwolle einbauen lassen, bekannt als Glas- oder Steinwolle. Jetzt hat der Hausherr unerwartet ein Problem: Die Fasernstäube der alten Mineralwolle sind offiziell als krebserregend eingestuft. Erst ab dem Jahr 1996 haben die Hersteller ihre Produkte so verändert, dass sich eingeatmete Fasern schneller in der Lunge auflösen und damit nach offizieller Definition nicht mehr im Verdacht stehen, krebserregend zu sein. Jetzt ist Rat gefragt, wie Sanz seine Familie und sich ohne großen Aufwand vor der Krebsgefahr schützen kann.
Informieren ist schwierig
Doch das mit der Information ist gar nicht so einfach, wie unsere Stichproben zeigen. Zunächst ein Anruf bei der Technischen Beratung eines großen Dämmstoffherstellers. Man wolle das Dach sanieren, habe bei einer ersten Inspektion festgestellt, dass bereits alte Dämmmatten vorhanden seien, was man denn als Heimwerker beachten sollte? Freundlich fragt der Berater die Details des Dachaufbaus ab, erklärt kompetent den Einbau der neuen Dämmmatten, erläutert die Vorgaben der Energiesparverordnung und die Notwendigkeit einer Luftdichtung, um Bauschäden und Schimmel zu vermeiden. Nur zum Thema alte Mineralwolle und Krebsgefahr kein Wort. Erst auf mehrmaliges Nachhaken kommt die Empfehlung, besser eine Staubmaske und einen Arbeitsschutzanzug zu tragen. Dann liefert der Berater doch noch gute Informationen, etwa zum Thema Entsorgung.
Ähnlich bei der Hotline eines weiteren Anbieters. "Im Normalfall ist Mineralwolle nicht so gesundheitsschädlich", meint der ansonsten kompetente Mitarbeiter, um dann auch erst auf intensives Nachfragen die gleichen Tipps wie sein Kollege zu geben. Weil sich in den ansonsten sehr umfangreichen Internetauftritten der Mineralwollehersteller trotz längerer Suche kein direkter Hinweis auf den sicheren Umgang mit den Hinterlassenschaften vergangener Jahrzehnte findet, fragen wir beim Fachverband Mineralwolleindustrie (FMI) nach, in dem alle großen Hersteller vertreten sind. Der zuständige Experte ist nicht im Hause, aber die nette Dame in der Zentrale lotst den Anrufer in die Tiefen des verbandseigenen Internetauftritts. Nach einigem Suchen findet sie in der dritten Menüebene unter der Rubrik "Wesentliches" einen Verweis auf die Broschüre "Umgang mit Mineralwolledämmstoffen", deren Mitherausgeber der FMI ist. Fazit: Leicht zugänglich sind die Informationen zu den wenige...