Hildegard Gerok ist genervt. Seit die junge Familie in die Wohnung über ihr eingezogen ist, findet die Rentnerin keinen Schlaf mehr. Auch tagsüber hört sie jeden Schritt und jede Fahrt des Bobbycars. Dabei haben ihr springende Bälle und hüpfende Kinder früher nie etwas ausgemacht. Ist sie empfindlicher geworden oder hat sich der Lärm im Haus wirklich erhöht? In diesem Fall ist die Ursache des gestiegenen Lärms schnell gefunden: Die neuen Mieter oben haben den alten Teppichs rausgerissen und einen Laminatboden verlegt - praktisch für die Familie, belastend für Frau Gerok.
Eingriffe in die Bausubstanz können den Schallschutz innerhalb des Hauses drastisch verschlechtern. Dazu kommen immer neue Lärmquellen von außerhalb, etwa durch Verkehr oder lärmende Passanten. Als Gegenmaßnahme können Architekten und Baufachleute heute den Schallschutz in modernen Gebäuden deutlich verbessern, vor allem wenn sie die richtigen Baumaterialien wählen. Aber auch das Gegenteil ist möglich: "Bei neueren Bauweisen muss man wegen der Optimierung des Wärmeschutzes häufig einen schlechteren Schallschutz bei der Luftschalldämmung feststellen als bei Altbauten", erklärt Christian Burkhart, Sachverständiger für Bau- und Raumakustik. Um gegen Lärm gezielt vorgehen zu können, ist es nötig, die physikalischen Zusammenhänge zu verstehen. So muss man zwischen Luftschall und Körperschall unterscheiden, um zu erkennen, welche Folgen zum Beispiel Umbaumaßnahmen haben können (siehe "Dem Schall auf der Spur"). Deshalb ist die Umsetzung von Schallschutzmaßnahmen ein Thema für Profis. Mit deren Hilfe kann man sich die Ruhe in Haus und Wohnung durchaus sichern, sowohl beim Neu- als auch beim Altbau.
Neubau: Gute Standards vereinbaren
Beim Neubau sollte Schallschutz kein Problem sein, schließlich ist am Bau so ziemlich alles durch Normen geregelt. Doch einfach geht anders: Grundlage für den Schallschutz in Gebäuden ist die DIN 4109. Die stammt ursprünglich aus dem Jahr 1944, die heute noch gültige Fassung aus dem Jahr 1989. Sie stellt aber nur den untersten Standard dar, Beiblatt Nr. 2 enthält immerhin erhöhte Anforderungen. Doch seitdem haben sich der Stand der Technik und die Ansprüche gewandelt.
Das sehen auch die Gerichte so. Gerade Hausanbieter und Bauunternehmen, die mit Merkmalen wie "Komfort" oder "hochwertig" werben, werden von Gerichten auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Einhaltung höherer Standards verurteilt. Die bestehen in der VDI-Richtlinie 4100 des Vereins Deutscher Ingenieure VDI und deren drei Schallschutzstufen sowie in den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Akustik (DEGA), die einen "Schallschutzausweis" (siehe Grafik) mit sieben Schallschutzklassen von A+ bis F entwickelt hat. Fachleute wie der Diplomingenieur Jan Habermann aus Hannover empfehlen deshalb, bei einem Neubau oder einer Grundsanierung den Schallschutz im Vertrag ausdrücklich schriftlich festzulegen. Hab...