- Im Test: 19 Orangensäfte. Sieben Säfte sind biozertifiziert, fünf tragen ein Fairtrade-Siegel. Alle Produkte enthalten 100 Prozent Fruchtsaft – teils sind es Säfte aus Konzentrat, teils Direktsäfte, darunter fünf gekühlte.
- Nur ein Orangensaft schneidet mit Bestnote ab. Drei Produkte fallen mit "mangelhaft" bzw. "ungenügend" durch den Test.
- Notenabzüge gibt es unter anderem für nicht vollständig offengelegte Lieferketten und fehlende Belege für faire, sichere Arbeitsbedingungen sowie existenzsichernde Löhne.
- Ein geprüfter Saft entspricht nicht den Vorgaben der Fruchtsaft- und Erfrischungsgetränkeverordnung. Der betroffene Anbieter hat das Produkt aus dem Verkauf genommen.
Gerade einmal 88 Cent standen auf dem Kassenzettel für den Liter Valensina Frühstücksorange, als wir für unseren letzten Orangensaft-Test eingekauft hatten. 88 Cent. Jetzt, nur zwei Jahre später, zahlten wir stolze 2,19 Euro – für das gleiche Produkt.
Und das ist keine Ausnahme. Gleich mehrere Discounterprodukte kosteten vor zwei Jahren noch 85 Cent, im aktuellen Test gibt es keinen einzigen Saft unter 1,99 Euro pro Liter. Die Klimakrise – Dürren, Extremwetter und Pflanzenkrankheiten – verderben die Ernten. Orangensaft wird knapp – und dadurch teuer.
Orangensaft-Test: Aldi, Rewe & Co. im Vergleich
Wir wollten wissen, ob Orangensaft sein Geld wert ist, und haben deswegen 19 Produkte eingekauft und ins Labor geschickt. Sind die Produkte sauber? Stecken Pestizide oder Rückstände von Desinfektionsmitteln in den Säften? Wie schmecken sie?
Außerdem haben uns die Fragen beschäftigt, wie es um die Verantwortung der Hersteller steht, was die Arbeitsbedingungen auf den Plantagen in den Ursprungsländern angeht und ob sie sich um ihre Lieferkette kümmern?
Acht Orangensäfte sind empfehlenswert
Die Bilanz unseres Tests: Nur einen Orangensaft können wir mit "sehr gut" empfehlen, sieben Produkte sind immerhin "gut". Einige Marken fallen allerdings auch negativ auf.
Aber beginnen wir mit den guten Nachrichten: Wir fanden fast überhaupt keine Pestizide, kaum Rückstände von Desinfektionsmitteln, wenig (und nichts Abwertungsrelevantes), was nicht auch wirklich in einen Orangensaft gehört.
Und das, was hineingehört, ist auch wirklich drin: Die Vitamin-C-Gehalte, die für viele besonders wichtig sind, die stimmen in jedem Saft.
Nur vier Säfte schmecken "wie frisch gepresst"
Kommen wir zum Geschmack. Unsere Sensorikexperten sind hier nicht mit allen Orangensäften im Test zufrieden. Sie stellen zugegebenermaßen auch hohe Ansprüche: "Sehr gut" schneiden im Testergebnis Sensorik nur Säfte ab, die "wie frisch gepresst" schmecken. Diese Anforderung erfüllen nur vier überprüfte Orangensäfte.
Schmecken die Produkte zum Beispiel "nicht wie frisch gepresst", haben eine "Kochnote", oder "Noten in Richtung gekochter Karotte" vergeben wir Minuspunkte.
Verarbeitete Orangen kommen oft aus Brasilien
Kann man jeden getesteten Orangensaft guten Gewissens trinken? Na ja. Wir wollten von den Herstellern auch wissen, wie es um ihre Verantwortung in Sachen Lieferkette steht.
Schließlich kennen wir die Probleme in den Anbauländern: Die Arbeiterinnen und Arbeiter bekommen oft viel zu wenig Geld für ihre harte Arbeit, viele leben in Gettos, teils ohne fließend Wasser, und sie spritzen je nach Produktionsland teils sogar Pestizide, die bei uns in der EU im Anbau längst verboten sind – im schlimmsten Fall ohne angemessene Schutzkleidung.
Die Orangen, die für die konventionellen Säfte verwendet wurden, stammen aus Brasilien – da sind diese Probleme seit vielen Jahren bekannt. Aber auch in den anderen Produktionsländern im Test liegt im Orangenanbau einiges im Argen. Und bei der Verantwortung, die die Anbieter und Hersteller für ihre Lieferketten übernehmen, da trennt sich die Spreu vom Weizen.
Immer mehr Anbieter legen Lieferketten offen
Positiv fällt auf: Immer mehr Anbieter können uns ihre Lieferketten bis zurück zu den Kooperativen oder sogar den Bauern aufs Feld nachweisen. Das ist ein extrem wichtiger Schritt: Die Anbieter müssen ihre Lieferketten kennen, um überhaupt Probleme erkennen und beheben zu können.
Außerdem erfreulich: Auch Discounter setzen offenbar mehr und mehr auf Fairtrade. Das Fairtrade-Label, das zwar vielleicht nicht perfekt ist, aber doch einen der höchsten Standards in Sachen soziale und faire Arbeitsbedingungen verspricht, tragen fünf Orangensäfte im Test.
Vier weitere tragen zumindest das Label der Rainforest Alliance, das zwar gerade in Sachen faire Bezahlung mit Fairtrade nicht mithalten kann, aber zumindest ein Anfang ist.
Siegel garantieren keine existenzsichernden Löhne
Wenn Orangensäfte zertifiziert sind, ist das gut, weil es den Arbeiterinnen und Arbeitern auf den Feldern direkt zugute kommt. Fairtrade steht für höhere Löhne plus Prämien, für verlässliche Lieferbeziehungen, für Schulungen und Schutzausrüstung – und zumindest für eine eingeschränkte Pestizidverbotsliste.
Aber: Woran Fairtrade (und im Grunde alle anderen Zertifizierungen auch) derzeit noch arbeiten muss, sind existenzsichernde Löhne. Also Löhne, die neben den täglichen Ausgaben einen angemessenen Lebensstandard ermöglichen. Löhne, die auch Ausgaben etwa für Bildung, Gesundheit und Kleidung mit abdecken.
Dazu gibt es Berechnungen, die sich natürlich von Anbauregion zu Anbauregion unterscheiden. Die meisten Anbieter im Test berufen sich auf "nationale Gesetze", auf "Mindestlöhne". Die wenigsten von ihnen zeigen mehr Engagement – und nur ein einziger Anbieter hat uns nachgewiesen, dass er existenzsichernde Löhne zahlt.
Anbieter zieht Saft aus dem Verkauf
Was ist ansonsten aufgefallen? Ein Orangensaft entspricht laut dem von uns beauftragten Labor nicht den gesetzlichen Vorgaben für einen Orangensaft aus Konzentrat. Wenn Sie den jetzt schon zu Hause stehen haben, keine Sorge – das ist nicht gesundheitsschädlich: Es geht um die mangelnde Rearomatisierung des Safts.
Für Säfte aus Konzentrat gilt, dass die Aromastoffe, die den Säften beim Konzentrieren entzogen werden, dem Saft wieder hinzugefügt werden müssen. Bei diesem Prozess ist offensichtlich etwas schiefgelaufen, und damit entspricht der Saft schlicht nicht den Vorgaben der Fruchtsaft- und Erfrischungsgetränkeverordnung.
Insgesamt summieren sich die Mängel des Safts auf ein "ungenügend", womit das Produkt das Schlusslicht ist. Der betroffene Anbieter hat auf unseren Test reagiert und die betroffene Charge des Safts aus dem Verkauf genommen. Eine Folgecharge war laut Anbietergutachten unauffällig.
Auch ein anderer Orangensaft im Test erntet Kritik vom beauftragten Labor: Hier bemängeln die Laborexperten die geminderte Aromenqualität. Der Saft gleiche eher einem Saft aus Konzentrat mit nicht ausreichender Rearomatisierung als einem Direktsaft – er hält jedoch zumindest die gesetzlichen Vorgaben ein.
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