Die Liste der Fleischlabel ist lang und verwirrend. So vertreibt die Firma Feneberg in ihren gut 80 Märkten im Allgäu und in Oberschwaben unter der Marke Von Hier Bio-Fleisch und unter den Labeln Prima Kalb, Prima Rind, AIA-Geflügel und Weideochse sogenanntes Markenfleisch.
44 der 55 Siegel in unserer Tabelle stehen für solches Markenfleisch, für dessen Erzeugung es ganz unterschiedliche Richtlinien gibt. Manchmal erfüllen sie nur die Anforderungen, die der Gesetzgeber sowieso bezüglich der Schadstofffreiheit und Rückverfolgbarkeit stellt. Manchmal lesen sich die Anforderungen aber auch ganz anders, wie zum Beispiel die der Erzeugergemeinschaft Unser Land (Brucker Land, Starnberger Land, Weilheim-Schongauer Land, Werdenfelser Land), die detailliert Zucht, Herkunft, Haltung, Fütterung, Einsatz von Medikamenten, Transport, Schlachtung und vieles mehr regeln. Bio-Richtlinien gehen oft darüber hinaus, aber auch hier gibt es Unterschiede. Der Mindeststandard für alle Bio-Produkte ist in der EU-Öko-Verordnung geregelt.
Die meisten Label haben nur regionale Bedeutung. Das Lebenshilfe-Werk aus Twistetal-Twiste bat uns sogar, das Waldecker Bio-Schwein aus der Tabelle zu streichen, weil sich bei dem Verkauf von nur zehn Schweinen pro Woche "ein Test nicht lohnt". Bundesweit vertreten sind im Wesentlichen nur die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG-Prämiert), die hauptsächlich die Sensorik, das heißt Geruch, Geschmack, Konsistenz, Farbe und Aussehen beurteilt und das QS-Siegel Ihr Prüfsystem für Sicherheit.
Neuland
Wer vergibt es? Der Neuland-Verein, der 1988 von fünf Institutionen gegründet wurde, von denen heute noch der Deutsche Tierschutzbund, der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und die Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft als Trägerverbände fungieren.
Was bedeutet es? Neuland wurde nicht als Öko-Programm, sondern als ein völlig neues Konzept gegründet. Das Ziel war und ist, eine soziale, qualitätsorientierte, tiergerechte und umweltschonende Tierhaltung mit hoher Glaubwürdigkeit und Transparenz in bäuerlichen Betrieben zu praktizieren. Im Mittelpunkt steht für Neuland die artgerechte Tierhaltung. Die Vorschriften dazu gehen zum Teil noch über die der EU-Öko-Verordnung hinaus, zum Beispiel ist Anbindehaltung generell verboten, Auslauf hingegen ohne Ausnahme vorgeschrieben. Es sind nur heimische Futtermittel erlaubt, der Einsatz von Gen-Technik ist tabu. Die Richtlinien gelten immer für den gesamten Betrieb und für alle Tierarten. Eine Teilumstellung ist bei Neuland nicht möglich. Externe Kontrollstellen prüfen die Neuland-Mitglieder mindestens einmal jährlich und zudem unangemeldet. Daneben existiert noch ein Qualitätssicherheitssystem, das Probennahmen aus Futtermitteln, Prüfung auf Salmonellen etc. vorsieht.
Bewertung: Das Siegel geht - was Tierschutz und Umwelt betrifft - teilweise noch über die Anforderungen des Bio-Siegels hinaus. Durch die artgerechte Haltung wird die Ware zirka 20 bis 30 Prozent teurer als normale konventionelle Ware, liegt aber noch weit unter den Bio-Preisen. Ein anderes Konzept als Bio, aber rundherum empfehlenswert. Der große Unterschied zur Bio-Qualität ist, dass die Tiere bewusst kein ökologisch angebautes Futter bekommen, weil das hohe Kosten verursacht. Die Richtlinien gelten nur für die Tiere, nicht für den gesamten Betrieb.
Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall
Wer vergibt es? Die bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall e.V., ein Zusammenschluss von Bauernhöfen aus der Region Hohenlohe, die seit 1988 nach eigenen Richtlinien erzeugen.
Was bedeutet es? Mithilfe von stressresistenten heimischen Landrassen wird ein qualitativ hochwertiges Fleisch erzeugt. Die Tiere bekommen gentechnikfreies Futter, das aus betriebseigener Erzeugung stammen soll und zu 80 Prozent aus Baden-Württemberg kommen muss. Verboten ist eine vorbeugende Medikamentengabe und Tiermehl im Futter sowie Vollspaltenböden. Der Transport zum eigenen Erzeugerschlachthof dauert maximal eine Stunde und ist damit sehr viel kürzer als die in der EU-Ökoverordnung erlaubten vier Stunden. Eine eigene Qualitätskontrolle von der Zucht bis zur Schlachtung findet mithilfe externer Labore statt. Unter dem Zeichen Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall werden drei Tierarten vertrieben: Das Schwäbisch Hällische Qualitätsschwein g.g.A., Rinder mit der Bezeichnung Bœuf de Hohenlohe und die Hohenloher Landgans. Es gibt jeweils eine Bio-Linie (insgesamt zirka 300 Betriebe) und eine Nicht-Bio-Linie (insgesamt zirka 770 Betriebe).
Bewertung: Das Siegel ist auch ohne Bio-Zertifizierung ein regionales Programm, das hohe Anforderungen an Tier- und Umweltschutz stellt. Wegen höherer Qualitätsanforderungen ist das Fleisch 20 bis 40 Prozent teurer als normale konventionelle Ware. Auch wenn es sich um die nicht Bio-zertifizierte Linie handelt, empfehlenswert; Bio sowieso.