- Kabeljau und Alaska-Seelachs im Test: acht der 19 Produkte schneiden "sehr gut" ab.
- Ärgerlich: Um Kabeljau aus dem Meer zu holen, werden oft Grundschleppnetze eingesetzt. Diese Fangmethode ist wenig nachhaltig.
- Stichproben bei sechs Produkten ergaben: Alle waren mit Mikroplastik belastet. Pro Fischfilet waren es im Durchschnitt 4.164 Plastikpartikel.
Aktualisiert am 09.12.2021 | Wenn Sie Tiefkühlfisch kaufen wollen, sollten Sie auf die Sorte achten. Zwischen den beiden Dorscharten Alaska-Seelachs und Kabeljau gibt es bei den Endnoten eine deutliche Kluft. Während wir den Alaska-Seelachs-Filets acht mal die Note "sehr gut" geben, schneidet sein größerer Verwandter, der Kabeljau, deutlich schlechter ab.
Die Notenabzüge haben sich die Produkte überwiegend bei Nachhaltigkeit und Transparenz eingehandelt. Um diese zu beurteilen, nutzten wir die fachliche Expertise des Meeresbiologen Dr. Rainer Froese vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel.
Wie steht es um Nachhaltigkeit bei Tiefkühlfisch?
Wir wollten wissen: Ist der Fischbestand im ausgewiesenen Subfanggebiet groß genug? Und sind die dort gefischten Mengen verhältnismäßig, um eine Erholung der Fischwärme zu ermöglichen?
Ergänzend wurde auch auf die Fangmethode geschaut: Wie zerstörerisch ist die jeweils angewandte Fangmethode für das Öko-System Meer?
Kabeljau seit Jahrzehnten überfischt
Der Kabeljau hat eine jahrzehntelange Geschichte der Überfischung hinter sich.
- Einige der natürlichen Bestände im Atlantik sind bereits zusammengebrochen.
- Andere, wie etwa der Kabeljau vor Island oder der weiter nordöstlich liegenden Barentsee, gelten zwar als gerade noch in Ordnung, werden aber so intensiv befischt, dass selbst sie nun massiv an ihre Grenzen geraten.
- Die Kabeljau-Schwärme in der norwegischen See, die der WWF in seinem Fischratgeber noch als in Ordnung einstuft, liegen laut der Beurteilung durch Rainer Froese bereits unter der Zielmarke, die eine Wiedererholung ermöglicht.
Kabeljau wird mit zerstörerischer Methode gefangen
Ganz unabhängig von den Beständen hat die Kabeljau-Fischerei noch ein ökologisches Problem: Da der Fisch sehr nahe am Meeresgrund schwimmt, sind Grundschleppnetze noch immer die gängigste Fangmethode. Diese tonnenschweren, gigantisch großen Netztaschen gehören aber zu den zerstörerischsten Fangmethoden überhaupt. Sie pflügen den Meeresboden um und hinterlassen auf Jahre Spuren der Verwüstung.
Dabei gibt es nachhaltigere Alternativen: Ein Kabeljau-Produkt im Test ist mit mechanischen Handleinen gefangen – eine Methode, bei denen die Fische von kleineren Booten an Haken aus dem Meer gezogen werden und die wenig Beifang produziert.
>> Lesen Sie auch: Die fünf großen Probleme der Meere – und was wir dagegen tun können
Alaska-Seelachs im Test aus intakten Fischbeständen
Gute Nachrichten für Fischfans haben wir dennoch: Für die meisten Filets vom Alaska-Seelachs können wir auch in puncto Nachhaltigkeit grünes Licht geben. Der Alaska Seelachs in unserem Test stammt großteils aus dem Ochotskischen Meer, das sich vor der Pazifik-Küste Russlands erstreckt. Hier gibt es noch viele intakte Fischbestände, was nicht zuletzt auch mit der hohen Fruchtbarkeit der Art zusammenhängt.
Weil der Alaska-Seelachs nicht direkt in Grundnähe schwimmt, kann er mit "pelagischen Schleppnetzen" gefangen werden. Diese sind zwar ebenso groß wie Grundschleppnetze, doch sie werden schwebend durchs offene Meer gezogen und berühren den Grund in der Regel nicht. "Auch der Beifang ist relativ gering, da die Schwärme gut geortet werden können", sagt Experte Rainer Froese.
MSC-Siegel bei Tiefkühlfisch nicht verlässlich
Bis auf zwei Anbieter können alle Firmen im Test ihre Lieferkette lückenlos von der abgepackten Charge bis zum Fangschiff zurückverfolgen. Wir haben uns die Belege dafür vorlegen lassen und geprüft. Das war uns wichtig – denn Hersteller können nur Verantwortung für ihre Lieferkette übernehmen, wenn sie diese kennen.
Alle Produkte bis auf eines besitzen außerdem das MSC-Siegel. "Zertifizierte nachhaltige Fischerei" steht auf dem blauen Logo. Das MSC-Siegel steht immer wieder in der Kritik.
Auch unser Test bestätigt: Das Siegel ist offenbar keine generelle Garantie für nachhaltig gefangenen Fisch. Denn auch die drei Produkte, für die Kabeljau mit Grundschleppnetzen aus den überfischten Beständen des Atlantiks gefangen wurde, tragen das Zertifikat.
Steckt Mikroplastik im Tiefkühlfisch?
Erstmals ließen wir den Fisch stichprobenartig auch auf Mikroplastik analysieren. Uns interessierte, inwiefern sich Plastikpartikel aus den Meeren in Fischfilets anreichern können. Gesundheitliche Auswirkungen sind hier noch weitgehend unerforscht.
Die Ozeane sind voll von Mikroplastik: Die winzigen Kunststoff-Teilchen werden von Fischen gefressen und belasten ihre Kiemen. Aber landen sie auch im Fischfleisch? Wir haben sechs Stichproben untersuchen lassen, und siehe da: In allen Proben wurde das Labor fündig, pro Fischfilet waren es im Durchschnitt 4.164 Plastikpartikel in der Größe zwischen 6 Mikrometern und 5 Millimetern.
Kommt das aus dem Meer? Das ist fraglich. Die Forschung zu Mikroplastik in Meerestieren läuft auf Hochtouren. Bisher fand man die Teilchen eher im Verdauungstrakt oder einzelnen Organen von Fischen. Damit sie durch die Darmwand ins Muskelfleisch gelangen können, müssen sie sehr klein sein.
Forscher des Alfred-Wegener-Instituts fanden 2020 heraus, dass Partikel in der Größe unter 5 Mikrometer das schaffen – allerdings nur in geringem Umfang. Die gefundenen Teilchen in unseren Filets sind jedoch größer. Denkbar ist, dass sie im Laufe der Produktionskette aufs Filet gekommen sein könnten: Etwa aus der Kleidung im Verarbeitungsbetrieb oder als Abrieb aus der Verpackung.
Wenige Schadstoffe und guter Geschmack
Und noch eine eine gute Nachricht zum Schluss: Fast alle Fischfilets schmeckten den von uns beauftragten Sensorikexperten einwandfrei.
Außerdem fanden die Labore erfreulich wenige Schadstoffe. Klassische Probleme, wie etwa Quecksilber-Anreicherungen oder Fadenwürmer, waren überhaupt kein Thema. Auch für eine mikrobielle Belastung fanden sich keine Anzeichen. In diesem Punkt sind die Tiefkühl-Filets gegenüber frischem Fisch im Vorteil, da sie meist noch auf dem Fangschiff tiefgefroren werden.
Spuren von Chlorat fanden sich zwar in zahlreichen Filets, aus unserer Sicht "leicht erhöht" war der Gehalt jedoch nur in einem Fall. Chlorat kann aus in der Fischverarbeitung üblichen chlorhaltigen Desinfektionsmitteln entstehen.
Diesen Test haben wir zuerst im ÖKO-TEST Magazin September 2021 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kinder und Familie für 2022 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.
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