- Mehr als die Hälfte der Kräutertees im Test sind "sehr gut", zehn Kräuterteemischungen fallen durch.
- Es gibt vor allem Probleme mit enthaltenen Pflanzengiften und Rückständen des verbotenen Spritzmittels Chlorpyrifos.
- Wichtig: Kräutertees immer mit sprudelnd kochendem Wasser aufbrühen, um Mikroorganismen wie Hefen oder Schimmelpilze sicher abzutöten.
Aktualisiert am 09.12.2021 | Wer bei Kräutertee nur an die nächste Erkältung, nasskaltes Wetter oder an Hausmittel gegen Bauchweh denkt, tut den aromatischen Blättern, Blüten, Stängeln und Samen Unrecht. Tee ist beliebt. In Deutschland werden täglich 129 Millionen Tassen getrunken. Das sind 5,7 Milliarden Liter im Jahr.
Pro Kopf lag der Konsum von Kräuter- und Früchtetee im Jahr 2019 bei 40 Litern. 28 Liter entfielen auf Schwarz- und Grüntee.
Kräutertees im Test: Ein Problem sind Pestizidrückstände
Wir wollten wissen, ob die Tees unbedenklich und schadstofffrei sind. Dafür haben wir 49 nicht-aromatisierte Kräuterteemischungen, in Teebeuteln ebenso wie lose Ware, in verschiedenen Laboren umfangreich analysieren lassen.
Das Ergebnis: Mehr als die Hälfte aller getesteten Kräuterteemischungen, darunter 21 Bio-Produkte, können Sie ohne Bedenken genießen – sie schneiden mit Bestnote ab. Mit leichten Abstrichen können Sie zur Tea Time auch fünf "gute" Mischungen aufbrühen.
An dieser Stelle müssen wir die gemütliche Stimmung aber leider unterbrechen. Denn zehn Kräuterteemischungen fallen mit "mangelhaft" oder "ungenügend" durch den Test. Vor allem Pestizidrückstände und Pflanzengifte sorgen für das schlechte Abschneiden.
Verbotenes Spritzmittel in vielen Kräutertees entdeckt
Vor allem das besonders bedenkliche Insektizid Chlorpyrifos, das seit April 2020 in der EU nicht mehr angewendet werden darf, trübt den Teegenuss. Das von uns beauftragte Labor hat das Spritzgift in etlichen Kräuterteemischungen nachgewiesen, auch in Bio-Produkten.
Chlorpyrifos steht im Verdacht, das Erbgut und die neurologische Entwicklung negativ zu beeinflussen. Wie das stark bienentoxische Mittel trotz des geltenden Verbots in die Teemischungen gelangt ist und welcher Rohstoff dafür verantwortlich ist, lässt sich im Nachhinein kaum klären. Auch, weil die Tees aus vielen verschiedenen Zutaten zusammengestellt sind.
Wie kommt Chlorpyrifos Tee hinein?
Der Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) hält eine "allgemeine Hintergrundbelastung" für sehr wahrscheinlich, da der Stoff, "auch wenn jetzt verboten", seit Jahrzehnten im Einsatz sei.
Pestizidexperten des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts (CVUA) Stuttgart halten dagegen, dass Chlorpyrifos eher nicht zu den Wirkstoffen gehört, die sich anreichern und lange in der Umwelt verbleiben. Daher sei bei Rückständen in der Regel davon auszugehen, dass das Mittel aktiv eingesetzt wurde. Möglicherweise stammen die Pestizid-Funde aber auch aus gelagerter Rohware, die vor dem EU-Verbot geerntet wurde.
So bewertet ÖKO-TEST Rückstände des Insektizids
Für unsere Bewertung spielt das "Woher" und "Warum" letztlich keine Rolle. Produkte, in denen die Rückstände des verbotenen Insektizids über dem Höchstgehalt von 0,01 mg/kg liegen, schneiden im Test mit "ungenügend" ab.
Dieser "allgemeine" Höchstgehalt gilt seit dem Verbot für jedes Lebensmittel. Weil aber alle festgestellten Chlorpyrifosgehalte nur knapp über dem Höchstgehalt liegen, durften die betroffenen Produkte verkauft werden.
Glyphosat in mehreren Kräutertees
Neben Chlorpyrifos hat das Labor weitere Pestizidrückstände in den Kräutertees gefunden. Handelt es sich dabei um das besonders bedenkliche und krebsverdächtige Glyphosat, werten wir auch geringe Konzentrationen ab. Das war bei sechs Kräutertees im Test der Fall.
Kräutertees im Test: Kritik an Pflanzengiften
Über Geschmack lässt sich streiten. Doch bei Pflanzengiften gibt es für uns keine Diskussion. Die haben unserer Ansicht nach in Lebensmitteln nichts zu suchen. Erst recht nicht in solchen wie Kräutertees, die auch Kinder, Schwangere oder Stillende gern in größeren Mengen trinken.
Dennoch wies das von uns beauftragte Labor in neun Teemischungen Pyrrolizidinalkaloide (PA) und in einem Kräutertee Tropanalkaloide (TA) in Mengen nach, die wir als "erhöht" bzw. "stark erhöht" abwerten.
Beide Pflanzengifte kommen natürlicherweise in Beikräutern wie Jakobskreuzkraut oder Bilsenkraut vor, die sich damit vor Fraßfeinden schützen. Das Problem: Gelangen sie versehentlich ins Erntegut, lassen sie sich im Nachhinein nicht mehr daraus entfernen.
Es reichen dabei schon sehr wenige dieser Beikräuter auf oder sogar neben einem Feld aus – egal, ob es bio oder konventionell beackert wird –, um große Mengen an Rohwaren zu kontaminieren. Anders als Keime lassen sich die Alkaloide durch kochendes Wasser nicht zerstören, sondern gehen in den Tee über.
Pflanzengifte können Gesundheit gefährden
PA können – über längere Zeit in geringen Mengen verzehrt – die Leber schädigen und sind zudem potenziell krebserregend und erbgutschädigend. Dagegen sind TA akut giftig und können in größeren Mengen zu Benommenheit, Kopfschmerzen oder Übelkeit führen.
Vor allem Kleinkinder und Menschen mit Herzproblemen sind durch hohe TA-Gehalte gefährdet; die möglichen Gesundheitsgefährdungen durch PA dagegen betreffen alle Menschen.
Den Herstellern ist das Problem mit den Pflanzengiften seit Langem bewusst. Der europäische Dachverband der Teewirtschaft (THIE) hat daher einen Leitfaden erstellt, um die Kontamination von Tee-Rohstoffen mit PA auf ein Niveau zu minimieren, das "so niedrig wie vernünftigerweise erreichbar" ist.
Pflanzengifte: Hintergründe zur Bewertung
Wir orientieren uns bei der Bewertung an einem Referenzwert der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), der mit Blick auf mögliche Krebsrisiken als wenig bedenklich gilt.
Diesen Wert haben wir hochgerechnet auf einen 60 Kilogramm schweren Erwachsenen und eine tägliche Menge von drei Tassen bzw. sechs Gramm Tee. Produkte, die die maximal empfohlene Tagesdosis an PA überschreiten (in unserer Bewertung "stark erhöht"), können im Test bestenfalls "mangelhaft" abschneiden.
Ab 1. Juli 2022 gilt erstmals ein Grenzwert für die Summe bestimmter PA, den wir für diesen Test allerdings noch nicht zugrundegelegt haben. Andernfalls hätten ihn sechs der Teemischungen überschritten.
Woher kommt die Rohware für Kräuter- und Früchtetees?
Bleibt die Frage, woher die Rohwaren für die Kräuter- und Früchtetees eigentlich stammen. Die Antwort: Aus der ganzen Welt. Ein Drittel wird laut Deutschem Tee & Kräutertee Verband klassisch auf Feldern angebaut, beispielsweise Pfefferminze, Melisse oder Zitronengras. Andere Pflanzenteile, darunter Lindenblüten oder Hagebutten, stammen aus Wildsammlung.
Auch die Kräuterteemischungen im Test sind aus vielen verschiedenen Zutaten zusammengestellt – rekordverdächtige 49 sind es beim Produkt der Dm-Eigenmarke Mivolis.
Einige Anbieter tragen unabhängig kontrollierte Siegel wie Naturland, UTZ, Rainforest Alliance oder Fair for Life. Die leisten in den Erzeugerländern einen Beitrag für bessere Arbeitsbedingungen, faire Preise und stehen zum Teil auch für ökologisch nachhaltige Kriterien beim Anbau.
Immer kochendes Wasser für Kräutertee verwenden
Es ist wichtig, dass Kräutertee mit sprudelnd kochendem Wasser aufgebrüht wird. Warum ist das so? Die Rohwaren für Kräutertee stammen großenteils aus Wildsammlungen bzw. kleineren Kulturen aus verschiedenen Regionen der Welt. Um das Aroma und die empfindlichen ätherischen Öle weitgehend zu erhalten, ist es wichtig, die Blätter, Blüten und anderen Pflanzenteile schonend zu ernten und zu trocknen.
Dadurch weisen die Naturprodukte jedoch eine im Vergleich zu anderen Lebensmitteln höhere Anzahl von Mikroorganismen auf. Trotz sorgfältiger Verarbeitung und Kontrollen können die Anbieter nicht ausschließen, dass sich in Einzelfällen auch unerwünschte Keime in den Tees wiederfinden.
Da sie bei Temperaturen von 100 Grad sicher abgetötet werden, sollte man Kräuter- und auch Früchtetee immer mit sprudelnd kochendem Wasser aufbrühen. Bei Schwarz- und Grüntees ist das nicht unbedingt notwendig, da die ohnehin einige Verarbeitungsschritte bei über 100 Grad durchlaufen.
Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Jahrbuch für 2022 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kinder und Familie für 2022 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.
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