- Wir haben 26 Maiskonserven geprüft, darunter 15 Bio-Produkte.
- In jedem Dosenmais im Test steckt die Massenchemikalie Bisphenol A (BPA).
- Die gute Nachricht: Andere unerfreuliche Inhaltsstoffe wie Pestizide, Schimmelpilzgifte, Schwermetalle oder Gentechnik haben wir in diesem Test nicht entdeckt.
- Kritisch sehen wir jedoch eine problematische Aussage auf manchen Maiskonserven.
Aktualisiert am 26.8.2024 | Eine Dose Mais findet sich immer in einer Ecke des Vorratsschranks, wenn schnell noch ein wenig Gemüse ins Chili oder auf die Pizza soll. Konserven sind einfach praktisch für die schnelle Küche, und wir alle haben uns nur zu gern an sie gewöhnt.
Doch rund 200 Jahre nach ihrer Erfindung geht es gewaltig bergab mit dem Ansehen der Konservendose. Denn: Aus den Lackierungen der Metalldosen kann sich die Massenchemikalie Bisphenol A (BPA) lösen – und das in größeren Mengen, als es laut neuester Erkenntnisse gut für unsere Gesundheit ist.
In allen 21 Maiskonserven aus der Dose hat das von uns beauftragte Labor Mengen von Bisphenol A gemessen, die wir als "stark erhöht" bewerten. In fünf Maisprodukten im Glas dagegen: nichts.
Mais-Test: Was ist Bisphenol A?
Bisphenol A – das ist eine Massenchemikalie, von der man seit Langem weiß, dass sie eine hormonelle Wirkung hat und die in der EU offiziell als wahrscheinlich reproduktionstoxisch eingestuft ist. Diskutiert werden auch mögliche andere Gefahren wie ein Zusammenhang mit Übergewicht oder Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern.
Mit einem neuen Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) rückte im vergangenen Jahr jedoch ein Risiko von Bisphenol A in den Vordergrund, das bisher keiner so recht auf dem Schirm hatte: Die Verbindung könnte bereits in winzigen Mengen Auswirkungen auf unser Immunsystem haben, befand die EFSA nach Sichtung der aktuellen Studienlage. Als Konsequenz aus dieser Erkenntnis senkte die EFSA die Tagesdosis an Bisphenol A, die sie noch für gesundheitlich vertretbar hält – den sogenannten TDI – drastisch ab.
Dosenmais überschreitet häufig die tolerable Tagesdosis
Auch wenn das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) diesen TDI für zu streng hält und nicht unterstützt: Wir orientieren uns aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes am TDI der EFSA. Und diese tolerable Tagesdosis schöpft eine 60 Kilo schwere Person mit allen 21 Dosen-Maiskonserven im Test um ein Vielfaches aus, wenn sie davon nur 50 Gramm pro Tag isst. Mit dem am höchsten belasteten Produkt sogar um mehr als das 400-Fache. Zum Vergleich: Die am wenigsten belasteten Produkte im Test überschreiten den TDI immer noch um rund das Zehnfache.
Wie kommt Bisphenol A in den Mais?
Doch wie kann das sein? Und warum steckt überhaupt noch immer so viel Bisphenol A in Dosengemüse? Schließlich ist doch schon lange bekannt, dass der Stoff aus den Epoxidharzen von Dosen-Innenlackierungen in Lebensmittel übergehen kann, und die Industrie hat in den letzten Jahren Dosen entwickelt, die innen ohne Verwendung von BPA beschichtet sind.
Solche so genannten "BPA-non-intent"-Dosen setzen auch alle Anbieter in unserem Test ein, wie sie uns auf Nachfrage mitteilen. Eine plausible Erklärung dafür, warum das Füllgut ihrer Konserven trotzdem nicht frei von BPA ist, liefern einige gleich mit: In den Außenlackierungen vieler Dosen komme nämlich noch immer Epoxidharz zum Einsatz.
Und ein Hersteller schreibt uns, dass bei der Dosenherstellung "kleine Mengen von BPA aus den äußeren Beschichtungen durch Kreuzkontamination auf die inneren BPA-ni-Beschichtungen übertragen werden können". Das lasse sich derzeit selbst bei Einhaltung der besten Herstellungspraxis nicht vermeiden. Zudem ist BPA in der Umwelt vorhanden, was einen geringen Eintrag erklären könnte.
Mais-Test: Auch die Haltbarmachung ist ein Faktor
Eine weitere Kontaminationsmöglichkeit ist die Haltbarmachung der Maiskonserven mittels Sterilisierung. Sterilisierung bedeutet: Die gewaschenen und blanchierten Maiskörner landen samt Wasser und Salz in der Dose, und diese wird – luftdicht verschlossen – auf bis zu 121 Grad erhitzt. Danach ist der Mais jahrelang haltbar.
Allerdings wandern während der Sterilisierung eben auch unerwünschte Chemikalien aus dem Dosenlack ins Füllgut. Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) stellte 2018 in einer Studie fest: Während der ersten 20 Minuten migriert ein Großteil des im Dosenlack vorhandenen Bisphenol A ins Lebensmittel – je höher die Temperatur, desto mehr. Bei welchen Temperaturen und wie lange die Dose Mais später im Vorratsschrank liegt, beeinflusst den BPA-Übergang laut LGL-Studie dagegen kaum noch.
Im geprüften Dosenmais aus China steckt besonders viel BPA
Interessant: Eine Maiskonserve stammt laut Anbieter nicht aus Europa, sondern aus China – als einziges Produkt im Test. Dieses Produkt enthält im Vergleich zum Rest ein Zigfaches der Chemikalie. Der Hersteller legte uns für den Mais eine Bestätigung des chinesischen Produzenten vor, ebenfalls BPA-ni-Dosen einzusetzen und kündigt an: "Bei den Lieferanten, die BPA aktuell in der Außenlackierung verwenden, werden wir diese per sofort nicht mehr akzeptieren."
Wird Bisphenol A demnächst verboten?
Wenn es gut läuft, könnte Dosenware ohnehin bald weniger belastet sein: Die EU-Kommission treibt derzeit ein Verbot von BPA für die Verwendung in Lebensmittelkontaktmaterialien voran. Ein Entwurf für eine entsprechende Verordnung liegt den Mitgliedsstaaten zur Beratung vor.
Keine Pestizide in konventionellem Mais im Test
Zum Schluss aber noch die gute Nachricht: Abgesehen von BPA haben wir nichts an den Maiskonserven zu meckern: keine Schimmelpilzgifte, keine Schwermetalle, keine Gentechnik und nicht eine einzige Pestizidspur.
Letzteres wunderte uns bei konventionellem Mais besonders, und wir fragten bei Untersuchungsämtern nach, ob sie Ähnliches beobachten. Das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves) hat zwar keine Maiskonserven untersucht, dafür wiederholt frischen Zuckermais. Und dabei ebenfalls keinerlei Pestizide gefunden.
Missverständliche Auslobung in der Kritik
Kleiner Kritikpunkt: Einig Hersteller werben mit "ohne Konservierungsstoffe lt. Gesetz". Das ist zwar zulässig, jedoch hat eine Umfrage unter den Nutzern des Portals Lebensmittelklarheit gezeigt, dass viele Verbraucher den Hinweis "ohne Konservierungsstoffe laut Gesetz" missverstehen. Daher stellt er aus Sicht der Verbraucherzentralen eine problematische Werbeaussage dar. Dem schließen wir uns an und werten drei Produkte im Test für diese Aussage ab.
Dieser Test ist online erstmals am 10.7.2024 erschienen. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das ÖKO-TEST Magazin 8/24 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.
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