- Pünktlich zum Jahreswechsel ändern sich einige Gesetze und Veordnungen. Zudem kommen neue Abgaben und Zuschüsse auf uns zu.
- Positiv: Mehr Kinderkranktentage, höherere Steuerfreibeträge und Ausweise können zukünftig per Post verschickt werden.
- Unnötig: Die Regeln zur Tötung von männlichen Kükenembryos werden aufgeweicht.
Weniger Greenwashing im Supermarkt
Mit einer neuen Richtlinie will die EU fragwürdigen Umweltlabels auf Produkten ein Ende setzen. Angaben wie "umweltfreundlich" oder "klimaneutral" sollen in Zukunft nur noch verwendet werden dürfen, wenn die Aussagen nachweislich zutreffen.
Derzeit gibt es in Europa mehr als 200 solcher Siegel, die jeweils ganz unterschiedliche, oft undurchschaubare Kriterien anwenden. Die neue Richtlinie soll nur noch Umweltlabel zulassen, die auf offiziellen Zertifizierungssystemen basieren. Die Regel soll 2024 eingeführt werden, die EU-Mitgliedstaaten haben dann zwei Jahre Zeit bis zur Umsetzung.
CO₂-Preise für Tanken, Heizen und Müll verbrennen steigen
Die Bundesregierung will die sogenannte Klimaabgabe für das Tanken und Heizen mit fossilen Brennstoffen erhöhen. Ab dem 1. Januar soll der Preis für eine Tonne CO₂ von 30 Euro auf 45 Euro steigen. Benzin und Diesel werden an den Tankstellen jeweils um mehr als vier Cent pro Liter teurer. Auch die Kosten des Heizens mit Heizöl und Erdgas steigen in der Folge.
Ganz neu ist, dass die Abgabe dann auch für Müllverbrennung gilt – damit werden die Müllgebühren steigen, denn die Entsorgungsbetriebe planen, die Kosten direkt an die Kundschaft weiterzugeben.
Von Stromkosten sparen bis Fonds für Einwegkunststoff
Stromkosten sparen mit Südbalkonen
Die Bundesregierung will mehr Menschen dazu bringen, sich ein sogenanntes Balkonkraftwerk zuzulegen, um über Sonnenenergie eigenen Strom zu produzieren. Das geplante Lockmittel: Statt maximal 600 Watt im Jahr dürfen mit einer Solaranlage am Balkon künftig 800 Watt ins Stromnetz eingespeist werden – man kann also mehr Solarstrom nutzen und dabei weniger Haushaltsstrom verbrauchen.
Dass es überhaupt so eine Grenze gibt, hat übrigens mit der Sicherheit zu tun, nicht mit einer Lobbyverschwörung von Energiekonzernen: So soll verhindert werden, dass Leitungen überlasten und Kabelbrände entstehen.
Pfandpflicht für Milchgetränkeflaschen
Ab Januar 2024 gilt auch für Milchgetränke, die in Einweg-Kunststoffgetränkeflaschen verkauft werden, ein Pfandzuschlag von 25 Cent – damit gibt es für Kakao-Drinks oder Trinkjoghurts keine Ausnahmen mehr. Oder eher fast keine.
Denn Getränkekartons wie jene des Marktführers Tetra Pak sind weiter pfandbefreit, obwohl auch sie Kunststoff enthalten. Und auch auf die Größe kommt es an: Die Pfandpflicht gilt nur für Plastikflaschen, die zwischen 0,1 und drei Liter Platz bieten.
Einwegkunststofffonds wird vorbereitet
Ab dem 1. Januar 2024 müssen sich Hersteller von Einwegplastik beim Umweltbundesamt im neuen Einwegkunststoffregister registrieren – um ein Jahr später in den sogenannten Einwegkunststofffonds einzuzahlen.
Betroffen sind vor allem Hersteller von Lebensmittel- und Getränkebehältern, aber auch von Plastiktaschen, Feuchttüchern, Luftballons und Tabakfiltern. Die Höhe der Abgabe legt das Bundesumweltamt fest. Das erklärte Ziel laut Amt: "die Vermüllung der Umwelt mit Einwegkunststoffprodukten zu reduzieren".
Von Heizungsgesetz bis einheitliche Ladekabel
Das Heizungsgesetz kommt (wahrscheinlich)
Über das Gebäudeenergiegesetz wurde so viel gestritten, dass man kaum glauben kann, dass es ab 2024 wirklich in Kraft treten soll. Oder das was davon übrig geblieben ist. Heißt: Neu installierte Heizungen müssen zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Ein generelles Verbot von Öl- und Gasheizungen oder eine direkte Verpflichtung zur Wärmepumpe waren mal geplant, gehören aber nicht mehr dazu.
Keine losen Verschlusskappen mehr
Auf 100 Meter Nordseestrand fanden Forscherinnen und Forscher im Durchschnitt 43 lose Plastikdeckel und Flaschenverschlüsse. Auch wegen solcher Zahlen schreibt eine neue EU-Richtlinie ab dem 3. Juli 2024 sogenannte "Tethered Caps" für Einweg-Getränkeverpackungen aus Kunststoff vor – also Verschlusskappen und Deckel, die fest mit dem Milchkarton oder der Cola-Plastikflasche verbunden sind. Oder zumindest so fest, dass man sie nur mit viel Mühe ganz ablösen kann.
Einige Hersteller haben die Regel bereits umgesetzt, nicht alle Kundinnen und Kunden waren darauf vorbereitet. Um überlange und weitgehend zwecklose Abschraubversuche in Zukunft zu verhindern, drucken manche Unternehmen mittlerweile einen entsprechenden Hinweis auf den Verschluss.
Einheitliche Ladekabel
Bis Ende 2024 soll USB-C zum neuen Standard-Kabel für alle Smartphones, Digitalkameras, Kopfhörer, Tablets, tragbare Videospielekonsolen, Tastaturen, E-Reader, Navigationsgeräte, Headsets und tragbare Lautsprecher werden. Ab 2026 soll der Standard auch für Notebooks gelten. So sollen Nerven geschont und Tonnen von Elektroschrott eingespart werden.
Von Mindestlohn bis Energiepreisbremse
Erhöhung von Mindestlohn, Bürgergeld und Erwerbsminderungsrenten
In Elferschritten zum Inflationsausgleich: Die Bundesregierung erhöht im Januar den Mindestlohn von 12 Euro auf 12,41 Euro, ein Jahr später soll es dann 12,81 Euro geben. Spürbarer ist die geplante Erhöhung des Bürgergelds – so sollen Alleinstehende statt 502 Euro insgesamt 563 Euro monatlich bekommen.
Zudem kommt ab Juli 2024 ein pauschaler Zuschlag auf alle Erwerbsminderungsrenten, die in der Zeit von 2001 bis 2018 begonnen haben: Bei Rentenbeginn zwischen Januar 2001 und Juni 2014 gibt es 7,5 Prozent mehr; bei einem Start zwischen Juli 2014 und Dezember 2018 sind es 4,5 Prozent. Laut Deutscher Rentenversicherung waren diese beiden Gruppen gegenüber allen anderen mit voller oder teilweiser Erwerbsminderung (bis 2001 auch Berufsunfähigkeit) bisher benachteiligt.
Minijobber dürfen mehr verdienen
Wer einen Minijob hat, darf ab 2024 im Monat 538 Euro verdienen, ohne Abgaben zahlen zu müssen, das sind 18 Euro mehr. Wobei der monatliche Lohn auch mal schwanken und drüber liegen darf: Am Ende zählt die Jahresverdienstgrenze von 6.456 Euro, die nicht überschritten werden darf.
Aus für die Energiepreisbremse
Eigentlich sollten die Preisbremsen für Strom, Gas und Wärme bis Jahresende gelten, dann wollte die Bundesregierung sie bis Ende April 2024 verlängern. Dann hieß es: bis 31. März. Mit der Haushaltssperre war schnell klar: Die Energiepreisbremse läuft zu Beginn des Jahres 2024 aus.
Von neuen Steuertarifen bis Elterngeld
Neue Steuertarife
Um eine inflationsbedingte Steuererhöhung zu verhindern, werden einige Punkte der Einkommenssteuer weiter angepasst. So steigt zum Beispiel der Grundfreibetrag von 10.908 Euro ab 2024 auf 11.604 Euro, erst ab diesem Wert beginnt die Besteuerung. Der Kinderfreibetrag samt Freibetrag für Betreuungs- oder Ausbildungsbedarf erhöht sich um weitere 360 Euro auf 9.312 Euro.
Der Spitzensteuersatz soll 2024 erst ab einem Jahreseinkommen von 66.761 Euro erhoben werden; aktuell gelten für Einzelpersonen noch 62.810 Euro. Vorbei sein wird es mit den Steuererleichterungen, die seit der Pandemie für Speisen in der Gastronomie gelten: Der Mehrwertsteuersatz wird wieder von sieben auf 19 Prozent steigen.
Kein Elterngeld mehr für Gutverdienende ...
... oder Sehr-Gutverdienende, je nach Sichtweise: 2024 soll die Einkommensgrenze für den Anspruch auf Elterngeld stark sinken. Bislang konnten Eltern mit einem gemeinsamen zu versteuernden Einkommen von bis zu 300.000 Euro mit der staatlichen Hilfe rechnen, im neuen Jahr soll es schon ab 200.000 Euro nichts mehr geben.
Für Alleinerziehende fällt die Grenze von 250.000 Euro auf 150.000 Euro. Was sich unabhängig vom Einkommen ändert: Von den insgesamt 14 Monaten dürfen beide Elternteile nur noch einen Monat lang parallel Elterngeld beziehen. Aktuell ist es zum Beispiel auch möglich, dass Paare sieben Monate lang gleichzeitig zu Hause bleiben können. Geburtsstichtag für beide Änderungen ist der 1. April 2024.
Verschieben wird sich derweil die sogenannte Familienstartzeit, die das Familienministerium eigentlich zum neuen Jahr einführen wollte: zehn Tage bezahlter Zusatzurlaub für den Partner oder die Partnerin der Mutter direkt nach der Entbindung.
Das ändert sich bei der Mobilität
Blackbox für alle neu zugelassenen Autos
Flugzeuge haben längst alle eine, jetzt wird die Blackbox auch für alle in der EU zugelassenen Neuwagen zur Pflicht: Ab dem 7. Juli 2024 muss in allen entsprechenden Autos, Lastern und Bussen ein sogenannter Event Data Recorder verbaut sein, kurz EDR.
Wie die Flugzeug-Blackbox zeichnet das Gerät permanent alle wichtigen Reisedaten auf und überschreibt sie wieder neu, etwa den Standort, die Geschwindigkeit und die Tageszeit. Dauerhaft gespeichert werden nur die Daten, die kurz vor und nach einem Unfall aufgenommen werden – sie können dann Hinweise zur Ursache liefern.
Von Ausweisen bis Kinderkrankentage
Kein Kinderreisepass mehr
Ab Januar 2024 können Eltern keine Kinderreisepässe mehr beantragen. Wer mit seinen Unterzwölfjährigen künftig in Länder außerhalb der EU reisen möchte, muss ihnen einen normalen Reisepass mit Chip besorgen. Der kostet statt 13 Euro allerdings auch 37,50 Euro. Bei Reisen im Schengen-Raum genügt ein Personalausweis – für 22,80 Euro.
Ausweise per Post
Deutschlands Behörden üben weiter Kundenfreundlichkeit: Am 1. November 2024 sollen die rechtlichen Grundlagen für den sogenannten Direktversand von hoheitlichen Dokumenten geschaffen werden. Damit können zum Beispiel Personalausweise, Reisepässe oder Führerschein auf Wunsch direkt an die Meldeanschrift der Person versendet werden, die das Dokument beantragt hat – ganz ohne Gang zur Behörde.
Oder wie es das Bundesinnenministerium nicht ohne Stolz auf seiner Internetseite verkündet: "Wer möchte, nimmt künftig neue Ausweisdokumente bequem zu Hause in Empfang." Von der Schaffung der rechtlichen Grundlage bis zum tatsächlichen Erstversand kann es dann allerdings etwas dauern. Denn, so warnt das Ministerium, "die technische und organisatorische Umstellung wird etwas Zeit benötigen".
Mehr Kinderkrankentage
Eltern können ab dem neuen Jahr offiziell 15 bezahlte Kinderkrankentage beantragen – nach dem Ablauf von Pandemie-Sonderregelungen wären es sonst wieder zehn Tage pro Jahr und Elternteil gewesen. Zudem soll man dafür sein Kind nicht schon am ersten Tag in die Praxis schleppen müssen – in Zukunft soll Tag 4 ausreichen.
Von elektronisches Rezept bis Lieferkettengesetz
Elektronisches Rezept wird Standard
Seit Mitte 2023 können Rezepte in Apotheken auch in digitaler Form eingelöst werden, ab dem 1. Januar 2024 soll das zum verbindlichen Standard in der Arzneimittelversorgung werden. Und so funktioniert es: In der Arztpraxis wird ein elektronisches Rezept ausgestellt. Dabei wird ein Rezeptcode generiert, der zum Einlösen in der Apotheke nötig ist. Diesen Code kann man in der E-Rezept-App direkt öffnen.
Wer möchte, kann sich in der Praxis aber auch einen Ausdruck geben lassen. Das E-Rezept gilt als fälschungssicher und soll Zeit und Wege sparen.
Ausgleichsabgabe für Firmen ohne schwerbehinderte Angestellte
Betriebe mit mehr als 20 Mitarbeitenden sind verpflichtet, fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Personen zu besetzen – wenn sie das nicht tun, fällt eine Ausgleichsabgabe an. Die lag pro unbesetztem Pflichtarbeitsplatz bislang bei bis zu 360 Euro. Ab dem 1. Januar fallen bis zu 720 Euro an.
Mehr Sorgfalt in den Lieferketten
Ab Januar 2024 gilt das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz auch für Unternehmen mit mindestens 1.000 Angestellten – vorher waren es 3.000. Doch auch kleine Unternehmen werden betroffen sein: Wenn sie Teil der Lieferkette sind, müssen ihre Auftraggeber sicher sein können, dass auch sie alle Vorgaben einhalten.
Das Gesetz soll unter anderem Kinder- und Zwangsarbeit verhindern und eine angemessene Entlohnung entlang der ganzen Lieferkette sichern
Von neuen Wein-Etiketten bis einfachere Sammelklagen
Neue Etikettenvorschrift für Weine
Wein-Fans sollen mehr darüber erfahren, was genau sie da eigentlich trinken. Nach einer neuen EU-Verordnung müssen auf dem Etikett in Zukunft Inhaltsstoffe, Allergene sowie Energie- und Nährwerte deklariert werden.
Die Regel gilt nur für Weine, die nach dem 8. Dezember 2023 hergestellt wurden und in der EU verkauft werden sollen. Einige Informationen, etwa über Allergene, müssen direkt auf das Etikett gedruckt werden. Für andere reicht zum Beispiel ein QR-Code, der auf eine Website mit den entsprechenden Angaben führt.
Legaler Rausch
Anfang 2024 soll Cannabis legalisiert werden, jedenfalls bis zu einer bestimmten Menge: Erwachsene sollen 25 Gramm Gras besitzen dürfen. Hobbygärtner und -gärtnerinnen dürfen zu Hause bis zu drei Pflanzen ziehen – Anbauvereinigungen sind möglich.
Sammelklagen leicht gemacht
Gemeinsam stärker: Eine neue EU-Richtlinie soll es Menschen leichter machen, gesammelt gegen Konzerne zu klagen. So soll es Verbraucherinnen und Verbrauchern zum Beispiel in Zukunft möglich sein, sich noch bis zu drei Wochen nach Schluss der mündlichen Verhandlung einer sogenannten Verbandsklage anzuschließen.
Ziel der Reform: Menschen sollen schneller eine Entschädigung bekommen können, ohne alleine vor Gericht ziehen zu müssen – etwa wenn Flüge annulliert werden oder fehlerhafte Produkte Schaden anrichten. Für eine Sammelklage braucht es mindestens 50 Betroffene, die sich zusammentun möchten.
Von digitaler Sicherheit bis Kükentöten
Digitale Sicherheit
Ab dem 1. Januar 2024 soll in der EU ein einheitliches Regelwerk für digitale Dienste und Märkte gelten. Onlineplattformen und Suchmaschinen sollen sich dann EU-weit zum Beispiel an dieselben Sorgfaltspflichten halten müssen, einige neue Pflichten kommen hinzu. Für Privatpersonen soll der digitale Raum sicherer und transparenter werden, die Macht der großen, marktbeherrschenden Digitalkonzerne soll beschränkt werden.
Längere Tötungsfrist für männliche Kükenembryos
Nach dem Schlüpfen dürfen Küken seit 2022 nicht mehr umgebracht werden, das berüchtigte Schreddern der männlichen Tiere direkt nach der Geburt ist verboten. Nach wie vor dürfen aber männliche Hühnerembryos getötet werden – und hier werden die Regeln in Zukunft sogar etwas aufgeweicht.
Bislang war eine Tötung bis zum 6. Bebrütungstag möglich, ab dem 1. Januar 2024 gilt dies bis zum 12. Tag. Laut neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen sollen Hühnerembryos vor dem 13. Bebrütungstag kein Schmerzempfinden haben, heißt es als Begründung.
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