Kinderteppiche im Test: Mehrzahl der Produkte überzeugt

Jahrbuch Kleinkinder 2018 | Autor: Kai Thomas | Kategorie: Kinder und Familie | 18.01.2018

Wir haben 9 Kinderteppiche getestet. Welche Hersteller haben die besten Produkte?
Foto: Yulia_M/Shutterstock

Kinderteppiche laden Kinder zum Toben und Träumen ein. Im Test überzeugte die Qualität der meisten Matten. In einigen Teppichen stecken allerdings problematische Inhaltsstoffe.

Aktualisiert am 18.01.20218 | Straßen, Bauernhöfe, Comic-Helden und ganze Ritterburgen: Motivmatten machen das Kinderzimmer gemütlich und laden zum Toben und Träumen ein. Bei all den Vorzügen vergessen Eltern schnell, um was für ein sensibles Produkt es sich handelt.

Kleinkinder sabbern auf den Matten, der Nachwuchs liegt beim Spielen oft stundenlang darauf, reibt Arme und Handflächen über die Fasern und kann so Schadstoffe über Haut und Mund aufnehmen. Welche verboten sind und wie viel drin sein darf, steht allerdings nicht klar fest. Denn Kinderteppiche sind nicht eindeutig Spielzeug, für das die EU-Spielzeugrichtlinie gilt: "Teppiche werden dann zu einer Spielware, wenn ein Spielwert vorliegt. Das ist bei einem Teppich mit abgebildeten Straßen der Fall. Ein Teppich, der nur ein dekoratives Bild aufweist, ist keine Spielware", erklärt Achim Ginkel vom Landesuntersuchungsamt Rheinland-Pfalz.

Was derzeit alles in Kinderteppichen steckt und ob sich die Matten elektrostatisch aufladen lassen, haben wir geprüft und neun Produkte in die Labore geschickt.

Kinder verbringen viel Zeit auf Spielteppichen. Deswegen sollten diese nicht mit Schadstoffen belastet sein.
Kinder verbringen viel Zeit auf Spielteppichen. Deswegen sollten diese nicht mit Schadstoffen belastet sein. (Foto: maskalin/Shutterstock)

Kinderteppiche im Test: Mehrzahl ist empfehlenswert

Was derzeit alles in Kinderteppichen steckt und ob sich die Matten elektrostatisch aufladen lassen, haben wir geprüft und neun Produkte in die Labore geschickt. Das Ergebnis: Wir können sechs Produkte mit der Note "gut" empfehlen. Doch zwei Teppiche rasseln aufgrund der darin nachgewiesenen Inhaltsstoffe mit "ungenügend" durch unsere Prüfungen.

Ein Hersteller preist seinen Kinderteppich im Netz schlicht falsch als "schadstofffrei" an: Unser Labor fand Anilin in großen Mengen in der Matte. Der Farbstoffbestandteil steht bisher "nur" unter Verdacht, bei Hautkontakt über längere Zeiträume für Blasenkrebs zu sorgen. Es existiert deshalb kein gesetzlicher Grenzwert.

In der Rückseite eines weiteren Spielteppichs wies das von uns beauftragte Labor den fortpflanzungsschädigenden Weichmacher DEHP nach - in einem Gehalt unterhalb des Grenzwerts, der für Spielzeug gilt. Zudem enthält der Teppich DEHT. Ob der Weichmacherersatz gesundheitlich unbedenklich ist, ist nicht zweifelsfrei geklärt.

Gute Nachricht: Von keinem der Kinderteppiche im Test löst sich die Farbe ab.
Gute Nachricht: Von keinem der Kinderteppiche im Test löst sich die Farbe ab. (Foto: FamVeld/Shutterstock)

Kinderteppiche im Test: Ein Produkt enthält Latex

Um das Sensibilisierungsrisiko für eine Latexallergie möglichst niedrig zu halten, sollte ein Kinderteppich gänzlich frei von Latexproteinen sein. Umso ärgerlicher ist es dann, wenn es Schleich nicht gelingt, seinen Teppich ohne die Eiweiße zu produzieren.

Unseren Praxistest bestehen so gut wie alle Teppiche. Von keinem löste sich Farbe in Schweiß- oder Speichelsimulanzien. Nur einer fällt in puncto Elektrostatik auf. Wer Handflächen und Schuhe auf dem Jako-o Spielteppich Ritter reibt, kann ihn mit 2.000 Volt Spannung laden - viel zu viel fürs Kinderzimmer.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 9/2015 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kleinkinder für 2018 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Wir haben 9 Teppiche eingekauft. Darunter sind sowohl Spielteppiche im engeren Sinn mit aufgedruckten Straßen und Bauernhöfen als auch eher dekorative Kinderteppiche, etwa mit Motiven von Trickfiguren, Teppiche teurer Marken ebenso wie die Billigvarianten aus Möbelhäusern und Onlinehandel. Die günstigste Matte kostet 19,99, die teuerste 179 Euro. Die Teppiche bestehen überwiegend aus Acryl, Nylon und Polyester. Aber auch ein Teppich aus Baumwolle und einer aus Schurwolle kamen in die Labore.

Die Inhaltsstoffe: Kinderteppiche werden überwiegend im Tuftingverfahren gefertigt. Dabei wird das Garn in vorgefertigtes Trägermaterial eingestochen, ein Gewebe meist aus Polyester oder Polypropylen. Die Webmaschine fixiert dann die Fäden von unten, etwa mit Klebstoff oder Polyurethanschaum. Da kann einiges an problematischen Stoffen zusammenkommen, weshalb wir die Teppiche etwa auf hormonwirksame Weichmacher, allergisierende optische Aufheller und Latexproteine sowie krebserregende polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe und chlorierte Verbindungen untersuchen ließen. Über den Färbeprozess können halogenorganische Verbindungen in die Teppiche gelangen, über die Farben allergisierende Dispersions- oder krebserregende Azo-Farbstoffe, aber auch Schwermetalle. Die verarbeiteten Garne dünsten möglicherweise auch aus, weshalb wir nach flüchtigen organischen Verbindungen fahnden ließen. Weil wir ein schimmelanfälliges Schurwolleprodukt berücksichtigten, war zudem ein Check auf aufgebrachte Pestizide unumgänglich.

Der Praxistest: Oberflächen aus Kunststoffen können sich elektrostatisch aufladen. Es genügt, wenn das Kind beim Spielen mit Kleidung reibt oder mit der Hand oder dem Fuß über den Teppich streicht. Und Kinder verbringen sehr viel Zeit auf Spielteppichen. Eine zu hohe elektrostatische Oberflächenspannung wirkt sich negativ auf das Raumklima aus, da die Spannung Staub und Schadstoffe aufwirbelt. Baubiologen haben diese Elektrizität unter realistischen Alltagsbedingungen erzeugt und gemessen. Interessiert hat uns auch, ob die Teppiche schweiß- und speichelbeständig sind.

Die Bewertung: ÖKO-TEST macht es wie Eltern es tun: Geht es ums Kindeswohl, gibt es keine Kompromisse. Bestenfalls bereitet ein Spielteppich über lange Zeit Spielspaß - aber nur wenn er frei von Schadstoffen ist. So kann das Gesamturteil nicht besser sein als das schlechteste Einzelergebnis der Tests Inhaltsstoffe und Praxisprüfung.

Bewertungslegende

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um vier Noten: Anilin. Zur Abwertung um jeweils zwei Noten führen: a) ein erhöhter Gehalt von mehr als 100 mg/kg bis 1.000 mg/kg des in Spielzeug und Babyartikeln, die in den Mund genommen werden können, über einem Gehalt von 0,1 Prozent verbotenen Phthalats DEHP; b) ein Gehalt von mehr als 100 μg/kg allergisierender Latexproteine. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) halogenorganische Verbindungen; b) PVC/ PVDC/chlorierte Verbindungen im Produkt; c) optische Aufheller mit Hautkontakt; d) mehr als 1.000 mg/kg Ersatzweichmacher (hier: DEHT), wenn nicht bereits wegen erhöhtem Phthalatgehalt abgewertet wurde.

Bewertung Testergebnis Praxisprüfung: Unter dem Testergebnis Praxisprüfung führt zur Abwertung um eine Note: eine mögliche leicht erhöhte elektrostatische Oberflächenspannung des Teppichs von mehr als 1.000 bis 3.000 Volt und ein gleichzeitig stark erhöhter Oberflächenwiderstand des Produkts von mehr als 20.000 Gigaohm.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um eine Note: optische Aufheller in der Produktunterseite und/oder im dortigen Produktlabel, wenn nicht bereits im Testergebnis Inhaltsstoffe wegen optischer Aufheller abgewertet wurde.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe und auf dem Testergebnis Praxisprüfung. Es kann nicht besser sein als das schlechteste Einzelergebnis. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note.

Testmethoden

Testmethoden: Probenzusammensetzung: repräsentative Mischprobe, sofern nicht anders aufgeführt. Prüfung von Einzelfarbaufschluss auf Amine nach reduktiver Spaltung: Analytik entsprechend § 64 LFGB 82.02-2 Prüfung mit und ohne vorherige Extraktion DIN EN 14362-1 (Januar 2013). Analytik entsprechend § 64 LFGB 82.02-3 Prüfung nach DIN ISO/TS 17234 für Leder. Bei Hinweisen auf 4-Aminoazobenzol zusätzliche Prüfung entsprechend § 64 LFGB 82.02-15 DIN EN 14362-3 (Sept. 2012). Bestimmungsgrenze 1 mg/kg. GC/MS, Dünnschichtchromatographie. Zusätzliche Prüfung auf Anilin und Xylidine. Allergisierende Dispersionsfarbstoffe: Analytik entsprechend § 64 LFGB 82.02-10 Norm DIN 54231 (Nov. 2005). Dünnschichtchromatografie, HPLC mit DAD (UV/Vis-Detector). Halogenorganische Verbindungen: Elution mit Reinstwasser in der Soxhlet-Apparatur, Binden der organischen Halogene an Aktivkohle, Verbrennung der Aktivkohle im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts. Materialscreening (Phthalate, Ersatzweichmacher, phosphororganische Verbindungen, sonstige Verbindungen): GC/MS nach Extraktion und Derivatisierung. Latexproteine: Lowry modifiziert nach EN 455-3, Farbentwicklung, Bio-Rad DC Protein Assay. Optische Aufheller: qualifizierter Nachweis über UV-Licht. Elemente: Bestimmung mittels ICP-MS nach Elution mittels saurer Schweißlösung. PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen: Röntgenfluoreszenzanalyse (Nachweis in Einzelteilen). Mögliche elektrostatische Oberflächenspannung: Messung mit Elektrofeldmeter und Tera-Ohm-Meter bei 20-21 °C Raumtemperatur, 40-45 % relative Luftfeuchtigkeit und 600-800 Ionen pro Kubikzentimeter, Probe aufliegend auf schwimmend über Polystryrol verlegtem Holzfußboden; Oberflächen wurden 5-10 Sekunden vor der Messung mit alltagstypischen Reibungen provoziert (Schuhe mit verschiedenen Leder- und Kunststoffsohlen, Handfläche, verschiedene Textilien); die Messungen der Oberflächenspannungen wurden mindestens fünf Mal wiederholt, die des Widerstands mindestens drei Mal. Echtheitsprüfung: nach DIN 53160-1, 2: 2010-10, LFBG § 64, B 82.10-1,2; Bewertung unter festgelegten Normbedingungen mittels Graumaßstab (Lichtechtheit mittels Blaumaßstab), wobei Note 5 die beste Note darstellt und Note 1 die schlechteste; visuelle, subjektive Beurteilung mit einer halben Note Unsicherheit. Flüchtige organische Verbindungen (VOC): VOC inkl. Formaldehyd in Emissionsprüfzelle nach 24 h. Berechnete Angaben in µg/m³ beziehen sich auf einen Raum mit Maßen 4 m x 3 m x 2,5 m, einer Luftwechselzahl von 0,5/h und eine angenommene Produktoberfläche von 12 m². Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK): GC-MSD (25 PAK nach EU/EPA/JECFA). Pestizide: GC/MS.

Einkauf der Testprodukte: Mai 2015

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 9/2015 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kleinkinder für 2018 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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