Kinderbücher aus Stoff im Test: Erstickungsgefahr bei zwei Stoffbilderbüchern

ÖKO-TEST Jahrbuch Kinder und Familie 2019 | Autor: Christine Throl | Kategorie: Kinder und Familie | 10.01.2019

Kinderbücher aus Stoff im Test: Erstickungsgefahr bei zwei Stoffbilderbüchern
Foto: Ingrid Balabanova/Shutterstock

Wir haben 15 Stoffbilderbücher umfassend geprüft. Viele sind in Ordnung. Aber: Ein hoher Preis ist kein Garant für gute und kindersichere Qualität. Zwei Totalausfälle rasseln durch die Praxisprüfung nach Spielzeugnorm. 

Aktualisiert am 10.01.2019; Einkauf Testprodukte Sep 2017 | Stoffbücher laden mit ihren knalligen Farben, Knister- und Quietscheffekten bereits die Allerkleinsten zum intensiven Erforschen ein. Umso wichtiger ist es, dass die Produkte sicher sind und sich keine Teile lösen, an denen die Kinder im schlimmsten Fall ersticken können.

Kinderbücher aus Stoff im Test: Drei sind "sehr gut" 

Das Ergebnis: Immerhin drei Stoffbücher gehen mit "sehr gut" aus dem Test. Die vielen "guten" Schmusebücher enthalten Problemstoffe, die sich leicht vermeiden ließen. Zwei Produkte rasseln durch die Praxisprüfung nach der Spielzeugnorm.

Das stößt uns besonders übel auf: Eines der schlechten Stoffbücher ist von einer renommierten Marke und das teuerste Produkt im Test. Zudem fällt das Stoffbuch aus einem anderen bekannten Spieleverlag mit "mangelhaft" durch: Zwar verstößt es nicht gegen die Spielzeugnorm; da es aber mehrfach mit Problemstoffen belastet ist, gehört es ebenfalls nicht in Kinderhände.

Stoffbilderbücher: Nähte öffneten sich in Praxistest 

In der Praxisprüfung öffneten sich bei den Stoffbüchern von zwei Anbietern im Test Nähte, sodass das Füllmaterial zugänglich war. Zupfen Babys und Kleinkinder Füllwatte heraus, könnten sie diese verschlucken und im schlimmsten Fall daran ersticken. Diese Bücher sind aus unserer Sicht nicht verkehrsfähig, und sie hätten so nicht verkauft werden dürfen.

Bei einem dieser Stoffbücher löste sich während der Zugprüfung zudem ein Ohr ab. Das Ohr ist zwar zu groß, um als verschluckbares Kleinteil gemäß Spielzeugnorm zu gelten, denn es verschwand nicht in dem für diesen Test vorgesehenen Prüfzylinder. Wir sehen dennoch ein Risiko, weil es sich die Kleinen in den Mund stopfen könnten.

Jetzt kompletten Test mit allen Ergebnissen als ePaper kaufen

Mehrere Schadstoffe in einem Stoffbilderbuch 

In einem Stoffbuch im Test stecken krebsverdächtige polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, kurz PAK, giftiges Antimon und überflüssige Weißmacher. Die nachgewiesene PAK-Verbindung Naphthalin könnte aus der – vom Anbieter so bezeichneten – "hochwertigen Beißecke" stammen.

Es ist bekannt, dass PAK mit Weichmacherölen in Kunststoffe gelangen können. Antimon gerät mit Polyesterteilen wie dem Füllmaterial in die Produkte. Unsere Tests zeigen jedoch, dass es auch Polyester gibt, das kein oder kaum Antimon freisetzt.

Optische Aufheller in Kinderbüchern aus Stoff im Test 

Vermeidbar sind auch die optischen Aufheller, die die Labor experten in vielen Oberstoffen und Etiketten nachgewiesen haben. Hier zeigen unsere Tests, dass die Hersteller mittlerweile auch nicht aufgehellte Etiketten und Stoffe verarbeiten könnten. Einige Weißmacher können, wenn sie sich mit dem Schweiß aus dem Gewebe lösen, zusammen mit Sonnenlicht allergische Reaktionen hervorrufen. Zudem sind sie bei der Entsorgung problematisch für die Umwelt.

In zwei Stoffbüchern wiesen die Labore zudem umstrittene halogenorganische Verbindungen nach. Hierbei handelt es sich um eine sehr große Gruppe an Stoffen, von denen viele allergieauslösend sind, fast alle reichern sich in der Umwelt an.

Welche Verbindungen konkret in den Stoffbüchern stecken, lässt sich mit der von uns für diesen Test beauftragten Methode nicht prüfen. Um jedes Risiko auszuschließen, sollte man Produkte mit diesen umstrittenen Stoffen vorsorglich vermeiden.

Die Testsieger, die Testtabelle sowie das gesamte Ergebnis im Detail lesen Sie im ePaper.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin Dezember 2018 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kinder und Familie für 2019, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

Weiterlesen auf oekotest.de:

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Wir haben 15 Stoffbilderbücher in Spielzeugshops, Drogerien und Buchhandlungen eingekauft. Die Sicherheit der Stoffbücher ließen wir nach der europäischen Spielzeugnorm prüfen. Die Praxistester untersuchten zudem, ob die Farben standhalten, wenn die Kleinen an den Produkten nuckeln oder sie mit schwitzigen Händen betasten. Beauftragte Labors analysierten alle Stoffbücher umfangreich auf Schadstoffe wie lösliches Antimon, Weißmacher, krebserregende oder allergisierende Farbbausteine und hautreizende Textilausrüstung wie Formaldehyd.

Produkte mit Kunststoffteilen testeten wir zudem auf Phthalate und Ersatzweichmacher. Sind umweltproblematische Stoffe verarbeitet? Während der Produktion werden zum Beispiel häufig Nonylphenolethoxylate als waschaktive Substanzen eingesetzt. Diese setzen jedoch umweltschädliches Nonylphenol frei.

Stoffbücher, die Vorgaben der Spielzeugnorm nicht erfüllen, können nicht besser als "ungenügend" abschneiden. Auch eine starke Belastung mit Schadstoffen führt zu einem schlechten Gesamturteil, selbst wenn das Produkt die Praxisprüfung bestanden hat.

Bewertungslegende 

Bewertung Testergebnis Praxisprüfung: Unter dem Testergebnis Praxisprüfung führt zur Abwertung um fünf Noten: Nahtöffnung bei Zugprüfung, Füllung zugänglich. Zur Abwertung um zwei Noten führt: Bei Zugprüfung löst sich ein Textilteil, das aber nicht in den Prüfzylinder passt. Zur Abwertung um eine Note führt: eine Speichel-/Schweißechtheit schlechter als Note 5 auf der Skala von Note 5 = beste Note bis Note 1 = schlechteste Note.

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um zwei Noten: mehr als 100 μg/kg bis 200 μg/kg einer oder mehrerer krebserregender und/oder krebsverdächtiger Einzelverbindungen an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (berücksichtigt werden nur solche Einzelverbindungen, deren Gehalt über 100 μg/kg liegt) (hier: Naphthalin). Zur Abwertung um jeweils ein Note führen: a) halogenorganische Verbindungen; b) optische Aufheller mit Hautkontakt; c) mehr als 1 bis 5 mg/ kg Antimon im Eluat.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führen zur Abwertung um jeweils eine Note: a) optische Aufheller ohne Hautkontakt, falls nicht bereits wegen optischer Aufheller mit Hautkontakt abgewertet wurde; b) PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung.

Das Gesamturteil beruht zu 50 Prozent auf dem Testergebnis Praxisprüfung und zu 50 Prozent auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Das Gesamturteil wird kaufmännisch gerundet. Bei einem "mangelhaften" Testergebnis Inhaltsstoffe kann das Gesamturteil nur "mangelhaft" sein. Bei einem "ungenügenden" Testergebnis Praxisprüfung kann das Gesamturteil nur "ungenügend" sein. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "gut" ist, verschlechtert das Gesamturteil nicht.

Testmethoden 

Testmethoden Inhaltsstoffe (je nach Zusammensetzung des Produkts in Mischproben): Halogenorganische Verbindungen: Elution mit Reinstwasser in der Soxhlet-Apparatur, Binden der organischen Halogene an Aktivkohle, Verbrennung der Aktivkohle im Sauerstoffstrom; microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts. Antimon: Elution von Elementen mittels saurer Schweißlösung, Elementbestimmung mittels ICP-MS. Formaldehyd/-abspalter: qualitativer Nachweis, falls positiv quantitative Bestimmung nach DIN EN ISO 14184-1: 2011-12. Aromatische Amine: Prüfung auf Amine aus Azofarbstoffen nach reduktiver Spaltung entsprechend DIN EN 14362-1:2017- 05; es werden zusätzlich Anilin, 2,4-Xylidine und 2,6-Xylidine angegeben, Bestimmungsgrenze 1 mg/kg. Dispersionsfarbstoffe: Analytik entsprechend DIN 54231 (November 2005), Dünnschichtchromatografie (TLC), HPLC mit DAD (UV/Vis-Detektor). Optische Aufheller: qualitativer Nachweis in Einzelteilen durch UV-Licht. Weichmacher, Ersatzweichmacher, phosphororganische Verbindungen: GC/MS nach Extraktion und Derivatisierung. Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK): GC-MSD, 25 PAK EU/EPA/JECFA. Nonylphenol­ethoxylate: qualitativ in textilen Anteilen des Produkts, LC-MS/MS nach Extraktion. PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen im Produkt: Röntgenfluoreszenzanalyse.
Testmethoden Praxisprüfung: Sicherheit von Spielzeug: DIN EN  71, Teil 1: Mechanische und Physikalische Tests, mechanische und physikalische Eigenschaften; DIN EN 71, Teil 2: Mechanische und Physikalische Tests, Entflammbarkeit. Speichel- und Schweißechtheit: nach DIN 53160-1, 2: 2010-10 LFBG, § 64, B 82.10-1,2; die Bewertung der Echtheitsprüfungen erfolgte mittels Graumaßstab, wobei Note 5 die beste Note darstellt und Note 1 die schlechteste.

Einkauf der Testprodukte: September 2017 

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin Dezember 2018 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kinder und Familie für 2019, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

Tests und deren Ergebnisse sind urheberrechtlich geschützt. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlags dürfen keine Nachdrucke, Kopien, Mikrofilme oder Einspielungen in elektronische Medien angefertigt und/oder verbreitet werden.

Weiterlesen auf oekotest.de:

ÖKO-TEST Jahrbuch Kinder und Familie 2019
ÖKO-TEST Jahrbuch Kinder und Familie 2019

Jetzt kaufen (Digital oder Print)