- Im Test: 20 transparente Nagellacke. Fast alle Produkte sind als Top Coat ausgelobt, einige zusätzlich als Base Coat oder als 2-in-1-Produkt.
- Zwölf transparente Nagellacke können wir mit "sehr gut" empfehlen.
- Wir kritisieren vor allem den Einsatz eines Weichmachers sowie den von bedenklichen UV-Filtern.
- Kosmetik online verkaufen und dabei die Liste der Inhaltsstoffe unterschlagen – das geht in unseren Augen gar nicht.
Nagellack auftragen – das ist eine Wissenschaft für sich. Base Coat, Top Coat, Farblacke, Gellacke: Der Markt ist unübersichtlich, und die Deklarationen der Produkte sind oft sparsam.
Top Coat & Co.: Transparenter Nagellack im Test
Wir haben für diesen Test transparente Lacke eingekauft, die sich fast alle als Top Coat – also eine Art Überlack – verstehen. Manche von ihnen sind gleichzeitig als Base Coat einsetzbar und bei fast allen ist es möglich, sie einfach solo auf die Nägel zu streichen: Das sorgt für Ebenmäßigkeit und vor allem Glanz.
Glanz und Elend liegen in diesem Test jedoch eng beieinander: So gibt es viele Produkte, die mit Bestnote überzeugen – und solche, die negativ auffallen. Die Gründe dafür in Kürze: Problematische Inhaltsstoffe und fehlende Transparenz, was die Inhaltsstoffe betrifft.

Fortpflanzungsgefährdendes Lösemittel nachgewiesen
Das Prinzip eines Nagellacks beruht auf der Kombination von Filmbildnern wie Nitrozellulose oder Kunstharzen mit Lösemitteln wie Ethyl- oder Butylacetat: Sobald das Lösemittel verdunstet, härtet der zunächst flüssige Lackfilm auf den Nägeln aus. Ohne Lösemittel funktioniert es also nicht, und deshalb lassen wir die in den getesteten Nagellacken verwendeten Mittel auch ohne Abzüge durchgehen.
Es gibt allerdings Lacke in unserem Test, die ein Lösemittel enthalten, das gar nicht auf der Liste ihrer Inhaltsstoffe auftaucht: Toluol. Toluol, das zur Gruppe der aromatischen Kohlenwasserstoffe zählt, gilt als fortpflanzungsgefährdend und fruchtschädigend. Je nach Konzentration kann es zu Nerven-, Nieren- und möglicherweise Leberschäden führen. In die Nagellacke gelangt der CMR-Stoff vermutlich als Verunreinigung.
Ein Hersteller reagierte auf unsere Laboranalyse und schrieb uns, dass man überrascht sei von dem gemessenen Toluolgehalt. "Nach bisheriger Aufarbeitung kann es sich nur um eine technologisch nicht vermeidbare Spurenkontamination handeln", so die Erklärung.
Triphenylphosphat gehört nicht in Nagellack
Was uns ebenfalls nicht gefällt, ist der Einsatz des Weichmachers Triphenylphosphat. Der Stoff hat aus unserer Sicht in Nagellack nichts verloren: In einer aktuellen Stellungnahme schreibt der EU-Ausschuss für Verbrauchersicherheit (SCCS), er könne ein Genotoxizitätspotenzial von Triphenylphosphat in Nagelprodukten nicht ausschließen und stuft die Verbindung daher als "nicht sicher" ein.
Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) hat den Weichmacher im November 2024 außerdem wegen seiner Eigenschaften als Umwelthormon auf die Kandidatenliste der besonders besorgniserregenden SVHC-Stoffe aufgenommen.
Lese-Tipp: Bedenkliche Inhaltsstoffe in Kosmetik: Bei diesen Stoffen lohnt es sich, genauer hinzuschauen
Top Coats & Co.: Es geht auch ohne bedenkliche UV-Filter
Außerdem in der Kritik: Bedenkliche UV-Filter, die in manchen transparenten Nagellacken enthalten sind. Genau gesagt, bemängeln wir Benzophenon-1, Etocrylen und Octocrylen. Zur Erklärung:
- Benzophenon-1 wirkte in Tierversuchen wie ein Hormon.
- Etocrylen und Octocrylen zeigten diesen hormonellen Effekt in Zellversuchen.
Doch wozu überhaupt ein UV-Filter im Nagellack? Einige Hersteller schreiben uns, es gehe dabei um den Schutz der darunter lackierten Farbschicht oder der Lacktextur selbst, die in der transparenten Glasflasche permanent Tages- und Kunstlicht ausgesetzt sein könne.
Allerdings sind alle Top Coats und Co. im Test in durchsichtige Flaschen abgefüllt – und die meisten kommen dennoch ohne bedenkliche UV-Filter aus.
Transparenter Nagellack ohne Inhaltsstoffliste
Ärgerlich finden wir es auch, wenn ein Hersteller sein Produkt online vertreibt – und Kundinnen und Kunden dabei keinerlei Chance gibt, die Liste der Inhaltsstoffe einzusehen. Heißt: Weder auf dem Produkt selbst ist die INCI abgedruckt, noch ist sie auf der Verkaufsseite im Onlineshop zugänglich.
Dabei schreibt die Kosmetikverordnung klar vor, dass die vollständige Liste der Inhaltsstoffe auf der Verpackung von Kosmetika oder in deren unmittelbarer Nähe zu erscheinen hat. Doch gilt das auch online?
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat 2018 in einem ähnlichen Fall entschieden, bei dem ein Naturkosmetikhersteller ein Produkt online ohne eine lesbare INCI verkaufte. Das Gericht sah darin einen Verstoß gegen das UWG – das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb.
Begründung: Die Liste der Inhaltsstoffe zähle jedenfalls bei Naturkosmetik zu jenen "wesentlichen Informationen", die Verbraucherinnen und Verbraucher benötigten, "um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen". Wir finden, das trifft genauso auf konventionelle Kosmetik zu.
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Erfreulich: Nitrosamine sind kein Thema mehr
Abgesehen von der Kritik an ein paar Produkten, freut uns in diesem Test, dass krebserregende Nitrosamine kein Thema mehr sind. Als wir 2017 zuletzt Nagellack untersuchten, hatten noch drei Viertel aller Produkte ein Problem mit Nitrosaminen, die vermutlich als Verunreinigung aus dem Filmbildner Nitrozellulose in die Lacke gelangen.
In diesem Test ist Nitrozellulose zwar noch immer Teil vieler Rezepturen. Doch das beauftragte Labor konnte nur in einem einzigen Nagellack ein Nitrosamin nachweisen – und das in einem so niedrigen Gehalt, dass wir es nicht abwerten.
Tipp: Nägel möglichst in einem gut belüfteten Raum lackieren. Denn wie anfangs erwähnt, stecken Lösemittel im Nagellack. Die können beim Verdunsten die Atemwege reizen.
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