Backpapiere im Test: Von wegen "kompostierbar" – nicht für Biotonne geeignet

Magazin November 2021: Kaffee | Autor: Cordula Posdorf/Vanessa Christa/Frank Schuster | Kategorie: Freizeit und Technik | 28.10.2021

Backpapier im Test: Überzeugen die Produkte?
Foto: ÖKO-TEST

Vorweihnachtszeit, Plätzchenbackzeit. Damit der Teig nicht am Blech klebt, hilft Backpapier. Oder eine wiederverwendbare Matte. Aber gelangen beim Backen Problemstoffe in den Teig? Wir haben 24 Produkte im Labor untersuchen lassen.

  • Die Backpapiere im Test schlagen sich gut: Viele schneiden mit Bestnote ab.
  • Wichtig: Backpapiere sind wegen ihrer Beschichtung nicht recycelbar. Sie gehören weder ins Altpapier noch in den Biomüll.
  • Mehrweg statt Einweg: Wir haben auch Backmatten überprüft. Die meisten sind empfehlenswert. 

Um den heißen Temperaturen bis zu 250 Grad Celsius standzuhalten, ist Backpapier beschichtet. Fast alle Backpapiere im Test nutzen für die Beschichtung Silikon. Wie sich das beim Backen auswirkt, haben wir untersuchen lassen und 24 Backunterlagen in die Labore geschickt, darunter Backpapiere und Backmatten. 

Das Ergebnis: Zwölf überprüfte Backpapiere sind "sehr gut". Auffällig im Test: Einige Anbieter loben ihre Backpapiere – trotz Beschichtung – als kompostierbar aus. Doch die Produkte sind mit Silikon beschichtet. Der synthetische Kunststoff sorgt aufgrund seiner wasserfesten und fettdichten Eigenschaften dafür, dass der Teig nicht anhaftet.

Backpapiere im Test sind ein Umweltproblem  

Für die Nutzung in der Küche ist das in Ordnung. Es gibt allerdings ein Umwelt- und Entsorgungsproblem: Silikone sind sehr langlebig; sie bauen sich kaum ab und reichern sich in Organismen und der Nahrungskette an. Silikonverbindungen wurden schon in Seevögeln, Walen und in der Leber von Arktisfischen nachgewiesen.

Insofern ist es vollkommen unverständlich, warum sieben Produkte im Test als "kompostierbar" ausgelobt sind. Über den Hauskompost oder Biomüll gelangen die Verbindungen früher oder später in die Nahrungskette.

Backpapier ist oft mit Silikon beschichtet, damit Plätzchen oder Pizza nicht anbacken. In der Biotonne oder im Altpapier hat Backpapier wegen der Beschichtung nichts verloren.
Backpapier ist oft mit Silikon beschichtet, damit Plätzchen oder Pizza nicht anbacken. In der Biotonne oder im Altpapier hat Backpapier wegen der Beschichtung nichts verloren. (Foto: Lea Cabrera/Shutterstock)

Beschichtete Backpapiere als "kompostierbar" ausgelobt

Für die aus ÖKO-TEST-Sicht falsche Auslobung ziehen wir Noten ab. Silikonbeschichtetes Backpapier hat in der Biotonne nichts zu suchen. Das sieht auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), die Interessenvertretung der kommunalen Versorgungs- und Entsorgungswirtschaft, so.

Eine Sprecherin teilte uns auf Anfrage mit: "Solches Backpapier ist schwer beziehungsweise kaum zu recyceln und auch schwer biologisch abbaubar – es gehört in den Restmüll."

Übrigens: Hinter dem Label OK Compost, das manche Backpapiere tragen, steht ein privatwirtschaftliches freiwilliges System. Die Norm EN 13432, mit denen manche gekennzeichnet sind, bezieht sich lediglich auf die Summe aller Inhaltsstoffe. Sie sagt nichts darüber aus, ob einzelne oder gering darin vorhandene Stoffe abbaubar sind.

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Beschichtete Backpapiere gehören außerdem nicht ins Altpapier: Die Beschichtung macht Backpapier stark wasserabweisend. Das erschwert beim Papierrecycling das notwendige Herauslösen der Fasern. Und wenn es mit Öl- und Speiseresten verunreinigt ist, ist die Altpapiertonne ohnehin tabu. 

Fazit: Auslobungen wie "kompostierbar" und "biologisch abbaubar" sind aus unserer Sicht nicht umweltgerecht.

Ein Produkt fällt mit "ungenügend" durch 

Eine Alternative zu Backpapier: wiederverwendbare silikon- und teflonbeschichtete Matten. Die meisten Produkte im Test sind empfehlenswert. Einmal analysierte das Labor allerdings Perfluoroktansäure (PFOA) über dem in der EU zulässigen Grenzwert. Das Produkt hätte so gar nicht mehr verkauft werden dürfen.

Backpapier lässt sich mehrfach benutzen. Wenn es spröde ist, sollte es entsorgt werden.
Backpapier lässt sich mehrfach benutzen. Wenn es spröde ist, sollte es entsorgt werden. (Foto: Rabusta/Shutterstock)

Die Industrie nutzte PFOA viele Jahre wegen ihrer Antihafteigenschaften. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit bewertet PFOA als reproduktions- und lebertoxisch. Die Substanz ist sehr langlebig und reichert sich in der Umwelt an. Außerdem steht sie im Verdacht, hormonelle Wirkungen zu haben. Wir werten streng um fünf Noten auf "ungenügend" ab.

Tipp: Auch Backpapier lässt sich mehrfach benutzen. Man sollte es aber auswechseln, wenn es spröde ist. Achtung, Brenngefahr: Das Papier darf nicht an die Ofenheizstäbe kommen

Backpapier & Co. im Test: Alle Backhelfer halten Hitze gut stand

Mit allen Produkten im Test, also egal ob Papier, Matte oder Folien, können Sie backen, ohne befürchten zu müssen, dass die Hitze sie ruiniert. Ein Labor prüfte sie alle für uns in einem Praxistest auf ihre Hitzebeständigkeit.

Dafür mussten sie eine Stunde lang bei 20°C über der vom Hersteller empfohlenen Maximaltemperatur (oder 250 °C, falls eine solche Temperaturangabe fehlt) in den Backofen. Ergebnis: Sie wiesen keine Beschädigungen auf. Bei den Backpapieren gab es lediglich Verfärbungen.

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Wir haben 24 Backunterlagen eingekauft und in die Labore geschickt: 19 herkömmliche Backpapiere, vier Silikonbackmatten und eine Teflon-Dauerbackfolie.

Ein Labor untersuchte die Backpapiere für uns auf die gesundheitsschädlichen Chlorpropanole 3-MCPD und 1,3-DCP, die als Kontaminanten aus den bei der Papierherstellung eingesetzten Nassverfestigungsmitteln entstehen können, sowie auf PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen). Letztere können wegen ihrer wasser-, fett und schmutzabweisenden Eigenschaften in der Beschichtung der Backpapiere zum Einsatz kommen.

Die Silikonmatten und die Teflonfolie ließen wir unter anderem auf Weichmacher, Flammschutzmittel, Phenole und flüchtige Verbindungen analysieren. Bei den Silikonprodukten wollten wir zusätzlich wissen, ob darin problematische Siloxane, Peroxide und zinnorganische Verbindungen stecken; bei der Teflonfolie, ob sie PFAS enthält.

Laborexperten prüften alle Produkte in einem Praxistest auf ihre Hitzebeständigkeit. Sie kamen eine Stunde lang in den Ofen – bei einer Temperatur von 20 Grad Celsius über der vom Hersteller empfohlenen Maximaltemperatur oder bei 250 Grad, falls eine solche Temperaturangabe fehlte. Sie durften danach keine Beschädigungen aufweisen. Ferner ließen wir alle Produkte auf Schwermetalle und die Verpackungen auf chlorierte Verbindungen wie PVC oder PVDC überprüfen.

Bewertungslegende

Produkte mit dem gleichen Gesamturteil sind in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt. Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt.

Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um fünf Noten: ein Untersuchungsergebnis an PFOA, das die nach Verordnung (EU) 2019/1021 festgelegte Höchstmenge von 0,025 mg/kg in Erzeugnissen überschreitet (in der Tabelle "PFOA über Grenzwert"). Zu einer Abwertung um eine Note führt: keine Angabe zur Beschichtung des Backpapiers, wenn dieses als kompostierbar bezeichnet wird.

Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um zwei Noten: Auslobung "kompostierbar", wenn das Backpapier mit Silikon beschichtet ist, falls ein solches Papier noch nicht unter den Inhaltsstoffen wegen keiner Angabe zur Beschichtung abgewertet wurde. Zur Abwertung um eine Note führt: Werbung mit Selbstverständlichkeiten: Auslobung als "lebensmittelrechtlich unbedenklich" oder "lebensmittelecht nach gesetzlichen Vorschriften". Steht bei konkret benannten Analyseergebnissen "nein", bedeutet das "unterhalb der Bestimmungsgrenze" der jeweiligen Testmethode.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" oder "ausreichend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "gut" ist, verschlechtert das Gesamturteil nicht.

Testmethoden

1,3-DCP und 3-MCPD
Methode: Bestimmung von 1,3-Dichlor-2-propanol und 3-Monochlor-1,2-propandiol im wässrigen Extrakt, nach DIN EN 645 (KW):1994-01 in Anlehnung an § 64 LFGB 80.56-2 (2002-09).
Perfluoroktansulfonsäure (PFOS) und Perfluoroktansäure (PFOA) und Vorläuferverbindungen
Methode: GC/MS und LC/MS.
Elemente
Methode: Heißwasserextrakt gem. BfR-Empfehlung XXXVI/2. Papiere, Kartons und Pappen für Backzwecke; Elementbestimmung mittels ICP-MS.
PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung
Methode: Röntgenfluoreszenzanalyse.
Praxisprüfung Hitzebeständigkeit
Methode: Prüfung der Hitzebeständigkeit nach DIN EN 13834.
Materialscreening inklusive Weichmacher, phenolische Stoffe, antimikrobiell wirksame Substanzen, Flammschutzmittel
Methode: GC/MS nach Extraktion und Derivatisierung.
Globalmigration
Methode: DIN EN 1186 (2002,07 / 2002,12), mit EtOH 50 %.
Flüchtige Bestandteile
Methode: gem. BfR-Empfehlung, 4 h, 200 °C.
Siloxane
Methode: GC/MS nach Extraktion.
Peroxide
Methode: halbquantitativer Nachweis mittels Iod-Stärke-Reaktion.
Zinnorganische Verbindungen
Methode: DIN CEN ISO/TS 16179 (2012-12).

Einkauf der Testprodukte: August 2021.

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