- Gerade einmal 14 von 45 Produkten im Test konnten bei Anbau und Transparenz ein "sehr gut" holen. Drei Bio- sowie fast die Hälfte der konventionellen Zucker fallen dagegen durch.
- Positiv: Fast alle der 45 getesteten Rohrzucker können bei den Inhaltstoffen überzeugen.
- Interessant zu wissen: Rohzucker und einfacher Haushaltszucker sind chemisch identisch.
Rohrzucker wird häufig beim Backen verwendet oder er begegnet einem abends in der Cocktailbar, wenn man einen Mojito bestellt. Rohrzucker ist häufig dunkler als Haushaltszucker, wirkt dadurch exotisch. Aber ist er auch gesünder als der Zucker aus den Zuckerrüben?
Ist Rohrzucker gesünder als herkömmlicher Zucker?
Nein, Vollrohr- und Rohrohrzucker haben gegenüber raffiniertem Haushaltszucker keine gesundheitlichen Vorteile. Sie gehen genauso schnell ins Blut, enthalten nicht weniger Kalorien und fördern Zahnkaries in gleicher Weise. Die wenigen enthaltenen Mineralstoffe sind auch kein Grund, braunen Zucker für gesünder zu halten oder extra viel davon zu sich zu nehmen.
Zucker aus Rüben und aus Zuckerrohr sind chemisch identisch. Sie bestehen beide aus Saccharose. Saccharose ist ein Zweifachzucker aus Traubenzucker (Glukose) und Fruchtzucker (Fructose).
Weil in (Roh-)Rohrzucker und Vollrohrzucker anders als in Haushaltszucker meist der Zuckersirup Melasse enthalten ist, sind die Produkte aber cremefarben bis bräunlich statt strahlend weiß. Zudem schmecken sie dann auch stärker nach Karamell.
Wir haben 45 Rohrzucker, 31 Bio- und 14 konventionelle Produkte, getestet. Auffällig dabei: Leider hat das Geschäft mit Zucker bittere Seiten. Kleinbauern bekommen zu wenig Geld für ihren Rohstoff. Erntearbeiter können von ihren Löhnen nicht leben. Die Natur wird zerstört, weil der Anbau von Zuckerrohr immer mehr Fläche verschlingt.
Stellt sich die Frage: Gibt es überhaupt guten, sozial verträglichen Rohrzucker?
Schlechte Produktionsbedingungen bei Rohrzucker
Beim Testergebnis Anbau und Transparenz, darunter fallen zum Beispiel der Nachweis von Lieferketten oder das Verbot hochgefährlicher Pestizide, gibt es erhebliche Unterschiede. Gerade einmal 14 von 45 Produkten punkten hier mit "sehr gut". Drei Bio- sowie fast die Hälfte der konventionellen Zucker fallen dagegen durch - zum Teil mit "mangelhaft" und in einem Fall sogar mit "ungenügend".
Synthetische Pestizide dürfen Landwirte im Bio-Anbau nicht einsetzen. Bei Fairtrade-Produkten stehen immerhin etliche, besonders gefährliche Stoffe, auf einer Verbotsliste. Auch wenn hier einige Stoffe fehlen, die wir kritisch sehen, ist das besser als die Gleichgültigkeit der Anbieter einiger herkömmlicher Zuckermarken, die keine Standards vorgeben und nur auf lokale Gesetze verweisen.
Lieferkettengesetz Anfang 2023 geplant
Produktionsbedingungen, insbesondere in ärmeren Ländern, können sich nur verbessern, wenn diejenigen Firmen, die große Mengen an Produkten von dort beziehen, dafür auch Verantwortung übernehmen.
Erst ab Januar 2023 wird das Lieferkettengesetz gerade einmal die 900 größten Unternehmen in Deutschland ein Stück weit in die Pflicht nehmen. Die Möglichkeit, sich mit einem "davon wussten wir nichts, wir kennen doch nur den Zwischenhändler" aus der Affäre zu ziehen, soll dann entfallen.
Die Auswertung der Rückmeldungen auf unseren aktuellen, umfangreichen Fragebogen zum Rohrzucker zeigt: 15 Mal wissen die Anbieter über ihre Lieferkette genau Bescheid. Sie konnten alle Stationen von der von uns im Laden gekauften Charge des fertigen Produkts bis zurück zum Produzenten transparent machen und durch Dokumente belegen. Ein erster, wichtiger Schritt.
Bei Siegeln zum fairen Handeln gibt es externe Kontrollen
Für die besten Rohrzucker im Test zeigten die Anbieter darüber hinaus ihre Bemühungen für gute Bedingungen im Zuckerrohranbau, unter anderem durch Zertifizierungen aus dem Bereich des fairen Handels.
Denn hinter Fairtrade, Hand in Hand, Fair for Life und dem Branchenstandard Bonsucro stehen nicht nur Absichtserklärungen und Kriterienkataloge, sondern auch Kontrollen durch externe Prüfer. Darunter beispielsweise das Prüfen konkreter Maßnahmen zugunsten der Farmarbeiter und Kleinbauern, wie die Bereitstellung von Schutzausrüstung, Schulungen oder Gewerkschaftsfreiheit.
Problem: Schlechte Löhne beim Anbau von Rohrzucker
Brasilien beutet Menschen und Umwelt im Zuckerrohranbau im größten Maßstab aus. Aber nicht nur in Brasilien, sondern auch in den anderen Anbauländern wie zum Beispiel Kolumbien, Paraguay oder Costa Rica gilt: Die Einkommen der Zuckerrohrbauern sind in der Regel nicht existenzsichernd.
Doch nur solche Einkommen würden den Familien neben Nahrung und Unterkunft auch die Teilhabe an Bildung und Gesundheitsversorgung sichern. Sie würden zudem ermöglichen, auch für unerwartete Ereignisse vorzusorgen.
Die Standards Fairtrade und Fair for Life geben wenigstens eine schrittweise Annäherung der Löhne an ein existenzsicherndes Niveau vor. Das ist besser als die bloße Ankündigung, sich um dieses Thema kümmern zu wollen.
Rohrzucker im Test: Keine Schadstoffe gefunden
Eine gute Nachricht zum Schluss: Im Zucker hat das beauftragte Labor keine Pestizide nachgewiesen. Auch darüber hinaus waren die Laborergebnisse für alle 45 Rohrzucker erfreulich: Sie enthielten allenfalls Spuren von Schwermetallen oder Mineralölbestandteilen.
In ein paar wenigen Fällen kritisieren wir aber die Präsentation der Nährwerte auf der Verpackung. Zucker als "natürliche Eisenquelle" oder "reich an Vitaminen und Mineralstoffen" anzupreisen geht in die falsche Richtung.
Die Testsieger, die Testtabelle sowie das gesamte Ergebnis im Detail lesen Sie im ePaper.
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