Die Aufregung war groß, als die DAK, die Deutsche BKK, die KKH Allianz und einige andere Krankenkassen ankündigten, Zusatzbeiträge zu erheben. Dabei waren unterschiedliche Beitragssätze und Beitragserhöhungen vor Einführung des Gesundheitsfonds im Jahre 2009 ganz normal. Während es heute einen einheitlichen Beitragssatz für alles Kassen gibt, konnte bis 2009 jede Kasse selbst festlegen, wie viel sie von ihren Versicherten verlangte. Zudem fallen die 96 Euro im Jahr, die die DAK und andere fordern, kaum ins Gewicht. Bei einem Jahreseinkommen von 30.000 Euro steigt der Beitragssatz gerade einmal um 0,32 Prozent. Ob die Kassen die Zusatzbeiträge auch bekommen werden, steht übrigens auf einem ganz anderen Blatt. Noch ist nicht klar, wie sie mit Mitgliedern umgehen werden, die einfach nicht zahlen. Bei denen dürfte der Verwaltungsaufwand für das Eintreiben den Ertrag aus dem Zusatzbeitrag bei Weitem übersteigen.
Auch Beitragssenkungen gab es vor Einführung des Gesundheitsfonds. Sie waren jedoch ebenso selten und gering wie heute die Prämien, die einige Kassen ihren Mitgliedern zahlen. Mit 60 oder 70 Euro, die die HKK oder die BKK ALP plus im Jahr rückerstatten, kommt kein Versicherter weit.
Wesentlich mehr können die Mitglieder der meisten Kassen durch Wahltarife sparen. Bei Selbstbehalttarifen beteiligen sie sich bis zu einer vorab festgelegten Höhe an den Kosten. Dafür erhalten sie eine Prämie. Die höchstmögliche Prämie ist immer geringer als die höchstmögliche Selbstbeteiligung. Die Versicherten gehen somit das Risiko ein, im Krankheitsfall draufzulegen. Bei Beitragsrückgewährtarifen gibt es ohne zusätzliches Risiko einen Bonus. Allerdings dürfen Versicherte dafür ein Jahr lang nicht zum Arzt gehen. Angeboten wird auch eine Kombination beider Tarifarten.
ÖKO-TEST hat jetzt 363 Wahltarife von 70 Kassen unter die Lupe genommen und ausgerechnet, wie viel die Versicherten im besten Fall sparen können, denn das ist von Kasse zu Kasse und von Tarif zu Tarif einer Kasse höchst unterschiedlich.
Das Testergebnis
75 Tarife liegen auf dem 1. Rang. Das heißt, hier ist eine erkleckliche Ersparnis drin, der persönliche Beitragssatz lässt sich mit diesen Tarifen um einige Prozentpunkte senken.
Am größten ist die Ersparnis bei Kombitarifen aus Selbstbehalt und Beitragsrückgewähr. Der Gesetzgeber hat den Kassen erlaubt, bis zu 900 Euro pro Jahr zu erstatten. Das schöpfen die BIG, die BKK Pfalz, die BKK IHV und die IKK Niedersachsen (fast) vollständig aus. Allerdings nur für Versicherte, die mehr als 40.000 Euro im Jahr verdienen. Denn der Gesetzgeber hat ebenfalls festgelegt, dass nicht mehr als 30 Prozent der vom Versicherten selbst bezahlten Beiträge, also ohne die Arbeitgeberanteile, ausgeschüttet werden dürfen. Das ist auch der Grund, warum Arbeitslose von Wahltarifen ausgeschlossen sind. Ihre Beiträge werden von der Bundesanstalt für Arbeit bezahlt.
Für Beitragsrückgewährtarife liegt die Erstattungsgrenze bei 20 Prozent bzw. bei 600 Euro im Jahr. So großzügig zeigt sich jedoch keine Kasse. Die freigiebigsten rücken gut 15 Prozent heraus, Rückgewährtarife landen damit bestenfalls auf dem 2. Rang. Ein Grund ist vermutlich: Die Versicherten dürfen zwar eigentlich keine Leistungen in Anspruch nehmen. Tatsächlich müssen die Kassen, so hat es der Gesetzgeber festgelegt, für Präventionsmaßnahmen zahlen, für Leistungen zur Verhütung von Zahnerkrankungen, für medizinische Vorsorgeleistungen, Gesundheits- und Kinderuntersuchungen sowie für alle Leistungen von Angehörigen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
Für Selbstbehalttarife gibt es diese Bestimmungen nicht. Dennoch werden von fast allen Kassen solche Leistungen nicht auf den Selbstbehalt angerechnet. Sie können also in Anspruch genommen werden, ohne dass die Prämie gekürzt wird. Vermutlich auch, weil sie im Krankheitsfall unter Umständen zusätzlich Geld von den Versicherten bekommen, zeigen sich die Kassen bei den Selbstbehalttarifen insgesamt großzügiger als bei den Rückgewährtarifen. Viele schütten die erlaubten 20 Prozent bzw. 600 Euro aus. 45 Selbstbehalttarife landen daher auf dem 1. Rang.
Am unteren Ende auf dem 5. Rang finden sich zwei Tarife der Techniker Krankenkasse. Mit denen beträgt die höchstmögliche Ersparnis 12 bzw. 24 Euro - im Jahr. Wir meinen, Versicherte sollten sich das gut überlegen. Denn wer sich für einen Wahltarif entschieden hat, ist für mindestens drei Jahre an die Kasse gebunden und kann nicht einmal kündigen, wenn sie einen Zusatzbetrag erhebt. Und der kann immerhin 37,50 Euro betragen - im Monat.
Die Verweigerer
Sechs Kassen konnten wir nicht berücksichtigen, weil sie ihre Satzung nicht im Internet veröffentlichen und auch auf Nachfrage nicht zur Verfügung stellen wollten. Über die Gründe dafür wollen wir nicht spekulieren, kundenfreundlich ist das allerdings keinesfalls. Die Verweigerer sind: BKK 24, BKK Akzo Nobel, BKK MEM, BKK N-Ergie, BKK Publik, BKK TUI.
Ausgezeichnete Kassen
Viele Kassen werben mit Labeln, Gütesiegeln und Auszeichnungen. Bestens im Geschäft ist der TÜV Saarland mit Service tested. Um den Kuchen der gesetzlichen Krankenkassen balgen sich ein halbes Dutzend weitere Zertifizierer. Dem Deutschen Finanz Service Institut in Zusammenarbeit mit Focus Money zufolge ist die Barmer die "beste Krankenkasse für Familien". Den "besten E-Mail-Service" bietet die AOK Westfalen-Lippe, so das Deutsche Institut für Service-Qualität (Disq). Die BKK24 glänzt dem Dostal-Zertifikat zufolge durch "besonders herausragende Leistungen" in "Gesamtzufriedenheit, Freundlichkeit, Schnelligkeit". Die Service Rating GmbH bestätigt der inzwischen mit der Barmer fusionierten Gmünder Ersatzkasse einen "exzellenten" Kundenservice. Euro am Sonntag setzt die AOK Baden-Württemberg auf "Platz 1 für Serviceleistung", vom Krankenkassen-Kompass bekommt die AOK Bayern die "Note A" für ihren Service.
Die meisten der Auszeichnungen drehen sich weniger um harte, nachprüfbare Fakten, denn um weiche, von den Versicherten kaum einklagbare Leistungen. Teilweise reicht die Selbstauskunft einer Kasse für die Auszeichnung. Dabei wissen wir aus eigener Erfahrung, dass solche Selbstauskünfte oft das Papier nicht wert sind, auf dem sie geschrieben stehen - selbst, wenn sie vom Kassenvorstand "rechtsverbindlich" unterschrieben wurden. Trotzdem gibt es am Ende immer die Testsieger, die Besten, die Herausragenden, die mit einem mehr oder weniger seriösen Siegel auf Kundenfang gehen dürfen. Oder wie es der TÜV Saarland zutreffend beschreibt: Service tested lasse sich "optimal für Marketingzwecke nutzen".