Rund 16.000 deutsche Jugendliche absolvieren jährlich einen mindestens dreimonatigen Austausch an einer öffentlichen Schule im Ausland und leben in einer Gastfamilie. Nimmt man die Teilnehmer an mindestens dreimonatigen Privatschulprogrammen und staatlichen Austauschprogrammen, den Austausch über die Rotarier und langfristig privat organisierte Auslandsaufenthalte mit Schulbesuch hinzu, so kommt man für das Schuljahr 2009/2010 auf ca. 20.000 Schüler.
Für die Jugendlichen und ihre Eltern ist das Austauschjahr eine Zäsur - die nicht immer gelingt. Da kommt eine 16-Jährige in einem abgelegenen Dorf in Lettland an. Die hiesige Schule geht nur bis Klasse 8, die nächste höhere Schule liegt fast 100 Kilometer weit entfernt. Die Gastfamilie brauchte dringend das Geld für die Austauschschülerin - kann sich aber eigentlich gar nicht um den jungen Gast kümmern, denn die Eltern schuften von früh bis spät in der eigenen kleinen Landwirtschaft. Gut, wenn dann eine vernünftige Betreuung für die Austauschschüler vor Ort ist - und der Wechsel in eine andere Familie organisiert werden kann.
Auch für Eltern eine harte Zeit
Das Austauschjahr ist aber auch für die Eltern eine harte Zeit: Nach so vielen Jahren der Fürsorge für ihre Kinder müssen sie von heute auf morgen richtig loslassen. Und wenn was schiefläuft, können sie sich nicht mal eben ins Auto setzen und den Youngstern helfen, die Probleme aus dem Weg zu räumen. Nicht zuletzt wird es nach dem Jahr nicht einfach, denn dann kommt in der Regel ein völlig anderes Kind zurück. Da muss sich die ganze Familie neu orientieren, da muss jeder seinen neuen Platz im neuen Gefüge finden.
Die Frage, ob junge Leute schon während der Schulzeit oder erst danach für ein Jahr ins Ausland gehen sollten, können Eltern nur individuell entscheiden. Tatsache ist, dass der einjährige Schulwechsel nicht immer problemlos klappt und die Zurückgekehrten dann unter Umständen doch ein Schuljahr wiederholen müssen. Andererseits kann ein Schulwechsel auch dazu führen, dass die jungen Leute ihre Leistungen, insbesondere in der Fremdsprache, deutlich verbessern. Letztlich kommt es auch auf die Persönlichkeit des Kindes an: Steckt ein junger Mensch gerade mitten in der Pubertät, ist er unsicher, unschlüssig, hat seinen Weg noch nicht gefunden, dann kann es von Vorteil sein, wenn er erst später in die Ferne geht.
Nicht zuletzt entscheiden aber in erster Linie die jungen Leute selbst darüber, ob sie ein Austauschjahr machen oder nicht. Kein junger Mensch wird Nachteile erleiden, wenn er kein Austauschjahr mitmacht und stattdessen (erst einmal) lieber bei seiner Familie und seinen Freunden bleiben mag. Ein Austauschjahr ist keine animierte Pauschalreise. Der Weg in die Ferne ist nicht für jeden und jede der Königsweg.
Zudem können sich nicht alle Eltern ein Austauschjahr für ihr(e) Kind(er) leisten. Mindestens 6.000 Euro kostet das Ganze. Kein Pappenstiel. Zum Glück gibt es aber finanzielle Fördermöglichkeiten über Auslands-BAföG und Stipendien. Aber es spricht ja auch nichts dagegen, dass die jungen Leute erst nach der Schule ins Ausland gehen - und sich das Geld für den Aufenthalt in der Ferne - etwa als Au-pair - selbst verdienen. Das ist zwar etwas anderes, denn man lebt ja in der Gastfamilie sozusagen im Angestelltenverhältnis. Aber auch dabei erweitern die jungen Leute ihren Horizont - und werden bereichert in die Heimat zurückkehren.
"Gut, dass wir zu zweit waren"
Für Marius Knierim brachte der Wechsel der Gastfamilie nicht die erhoffte Verbesserung
Als Marius Knierim am 18. August 2004 als 16-Jähriger von Frankfurt über London und Chicago nach Wichita (Kansas) fliegt, ahnt er nicht, was ihn während seines Schüleraustauschjahres erwartet.
Er ist mit einem Mexikaner, ein Jahr älter als er, bei einer 68-jährigen Frau untergebracht. Sie betreibt drei Filialen der Fast-Food-Kette Kentucky Fried Chicken. Das Haus ist amerikanisch eingerichtet. 22 Uhr ist Nachtruhe angesagt, die Alarmanlage scharf geschaltet, Internet Fehlanzeige. "Sie hat uns mehrmals nach dem Fußballtraining einfach vergessen", erinnert sich Marius Knierim. Da hätten sie zwei Stunden vor der Tür gestanden oder beim Nachbarn gewartet. "Die Frau war mit ihrem Job und zwei ausländischen Jungs völlig überfordert."
Auch bei den Kirchgängen sind der Austauschschüler und seine Gastmutter nicht ein Herz und eine Seele. Wenn die Glocken elf Uhr zum Einlass läuten und um 14 Uhr der Anpfiff zum Fußballspiel ertönte -- "da wurde es richtig eng", so der Rheinbacher.
Koordinator vor Ort hat völlig versagt
Als die Gastmutter im November plötzlich ins Krankenhaus eingeliefert wird, ziehen die beiden Austauschschüler zu deren Sohn Mark, einem 44-jährigen Rechtsanwalt und dessen Familie. Nach der Genesung geht die gleiche Tour aber weiter. Also wendet sich Marius Knierim an den Koordinator des Austauschjahres vor Ort, der jedoch nicht von der deutschen Austauschorganisation ist. Es gibt ein Gespräch mit der Gastmutter, bei dem die Probleme aber nicht ausgeräumt werden können.
"Ich habe in meiner Verzweiflung vorgeschlagen, bei Mark zu wohnen. Aber das ging nicht", erzählt er. "So kam ich zu einem älteren Ehepaar, das in einer Art großem Wohnwagen lebt mit drei Schlafzimmern, einem Wohnzimmer und zwei Bädern. Mein Zimmer hatte acht Quadratmeter."
Kurz vor Weihnachten trifft er den Mexikaner. Der hält es bei der alten Gastmutter nicht mehr aus. Sie rufen den Koordinator an und wohnen von da an zu zweit bei dem Ehepaar in dem Acht-Quadratmeter-Zimmer mit Hochbett. Marius versteht bis heute nicht, warum sie nicht zu Mark ziehen durften. "Der Koordinator vor Ort hat völlig versagt", lautet sein Urteil.
Die Ersatzgasteltern sind beide behindert, er hat Diabetes, sie hat es mit den Knien. Sie unterstützen ihre Kinder. Das Geld ist knapp. Es ist keine einfache Situation. Problematisch wird es, wenn Rechtsanwalt Mark, der Sohn der ersten Gastmutter, die jungen Leute mit seiner Limousine abholt. "Dann waren sie neidisch, dass wir das Wochenende nicht mit ihnen, sondern mit Mark oder unserer Tennismannschaft verbracht haben."
Während des Austauschjahres wurden die Aktivitäten zum alten Freundeskreis weniger, brachen aber nie völlig ab. Per E-Mail und Telefon waren sie immer im Kontakt. Selbst die Eltern besuchten sich.
Schwierige Situationen zu meistern, auf sich allein gestellt Entscheidungen zu treffen, sich in einem neuen Umfeld und einer neuen Kultur zurechtzufinden - das alles waren sehr einprägsame Erfahrungen für ihn. "Ich würde auf jeden Fall wieder einen Austausch machen und jedem empfehlen, eine solche Möglichkeit wahrzunehmen. Das Jahr hat meine Kritikfähigkeit gestärkt und mir ein besseres Verständnis für fremde Kulturen und ein stärkeres Selbstbewusstsein gebracht. "Gut, dass wir zu zweit waren", so das Fazit von Marius Knierim. "Der Mexikaner Javier und ich."
Japanische Nacht in Brehna
Klassischer Austausch: Moe aus Saitama und Peer aus Brehna gingen zur gleichen Zeit ins Ausland.
Für Heike Hoffmann lag die Entscheidung, eine ausländische Austauschschülerin in ihrem Haus im sachsen-anhaltischen Brehna aufzunehmen, auf der Hand: "Wenn Peer für ein Jahr sein neues Zuhause weit weg bei einer Gastfamilie findet warum sollte dann sein Zimmer leer stehen?" Außerdem war die Mutter zweier Söhne neugierig, wie es denn sei, eine Tochter zu haben.
Zwei Tage, nachdem der damals 16-Jährige Anfang August 2002 in die USA geflogen war, stand sie vor der Tür: Moe aus Saitama, einem 1,2-Millionen-Einwohner-Vorort von Tokio. 16 Jahre, rundes, freundliches Gesicht, pechschwarze Haare, sehr gepflegtes Äußeres, klein, zart - eben typisch japanisch.
Trotz eines vorgeschalteten zweiwöchigen Deutschsprachkurses konnten sich Gasteltern und der große Bruder Martin nur schwer mit ihr verständigen. Sie hatte wenig Englisch drauf. Ohnehin sollte Deutsch gesprochen werden. "Also griffen wir zu einem Trick", erinnert sich Heike Hoffmann. Fast alle Gegenstände im Haus wurden mit Klebezetteln versehen, auf denen die deutsche Bezeichnung stand. Konnte die neue Tochter die Vokabel auch ohne den Spicker, wurde er weggeworfen. Nach einem Vierteljahr verstand Moe fast alles, nach einem halben Jahr sprach sie fließend Deutsch.
Zum nahezu reibungslosen Einleben in die neue Kultur trug auch das Landesgymnasium Latina in Halle bei. "Moe fand dort mit ihrer Offenheit schnell Freunde", berichtet "Mutti", wie Heike Hoffmann von Anfang an genannt wurde. Kein Wunder, stammt Moe doch aus einer Künstlerfamilie: Vater malt Bilder, Mutter und Bruder singen an der Oper.
Schnitzel-Party und Mützenkauf
Zu den unvergesslichen Erlebnissen zählt für Heike Hoffmann die japanische Nacht im Hotel Bavaria. "Ganz Brehna war auf den Beinen", schwärmt sie. Es gab Sushi satt, den Saal hatte das Hotelpersonal asiatisch geschmückt und als Höhepunkt traten Moes Mutter und Bruder nebst Begleitung mit Klavier und Akkordeon auf. Organisiert hatte das Fest der örtliche Heimat- und Geschichtsverein, bei dem die Gasteltern Mitglieder waren. Vorgetragen wurden japanische Volkslieder sowie deutsche Opern- und Operettenmelodien, z. B. aus der Zauberflöte. Moes Mutter und Bruder sowie die musikalische Begleitung wohnten während ihres Deutschlandaufenthaltes bei den Hoffmanns.
Selbst kleine Episoden, von der Schnitzel-Party bei einer befreundeten Leipziger Familie über den Mützenkauf auf dem Mittelalterfest auf Schloss Neuenburg und japanisch Essen zu Hause - Gastfamilie Hoffmann erinnert sich oft daran. Und der Kimono - ein Abschiedsgeschenk für "Mutti" - hängt fein säuberlich im Schrank.
Moes Jahr in Brehna zog Kreise: Ihr älterer Gastbruder verliebte sich in ihre Freundin Maiko und absolvierte sein soziales Jahr in einem Altersheim in Saitama. Jetzt studiert er an der Martin-Luther-Universität Halle im neunten Semester BWL und Japanologie. Thema der Diplomarbeit: Japanische Hinzurechnungsbesteuerung. Moe hingegen studiert heute in Tokio Gesang und hat dabei ihren Freund gefunden - einen Deutschen
Ein junger Erwachsener kehrt zurück
Die Eltern Pfeiffer-Niehoff ermöglichen allen vier Kindern ein Austauschjahr
Zugegeben, ein bisschen hatten wir uns schon auseinandergelebt, mein Umfeld hier in Stift Quernheim und ich. Ich wollte, dass meine Erfahrungen aus einem Jahr USA akzeptiert werden. Manche winkten nur ab. In der Familie gab es da kein Problem." Mit diesen Worten spiegelt Peter-Philip Niehoff den Prozess der Rückeingliederung wider, als er nach dem Schuljahr 2007/2008 in Houston,Texas, wieder in der alten Heimat angekommen war.
Dabei hatte alles geklappt wie am Schnürchen. Er bewarb sich bei der Austauschorganisation und erhielt prompt die Zusage. Das Vorbereitungsseminar vermittelte, es ständen keine Ferien bevor, sondern das Klarkommen mit einer anderen Kultur. Zwar dauerte es etwas länger, bis eine Gastfamilie gefunden worden war. Doch drei Wochen vor dem geplanten Abflug klappte es tatsächlich - und die Loucks entpuppten sich als passgenau. Kaum war er da, wurde schon ein Witz über die Deutschen gerissen. "Ich war sofort ein Mitglied der Familie", freut sich Peter Niehoff rückblickend. Jeden Sonntag mit in die Mormonen-Kirche zu gehen, war für ihn deshalb auch eine Selbstverständlichkeit.
Der erste Schultag war locker, denn sein ein Jahr älterer Gastbruder ging in dieselbe Highschool. "Durch ihn habe ich viele Freunde kennengelernt", so der jetzt 19-Jährige. Als Fächer wählte er Spanisch, Französisch, Englisch, Mathe, amerikanische Geschichte, Fußball, Basketball und Baseball. "Die Schulsportteams sind in den USA ein Aushängeschild. Lehrer, Schüler und Eltern sind unheimlich stolz auf ihre Mannschaften und fiebern bei den Wettkämpfen mit", erfuhr der aktive Fußballer.
Bei den Mädchen kam er besonders gut an als der Mann an der Percussion in der Schulband. "Wir hatten Auftritte bei Fußballspielen und nahmen an Wettbewerben teil. Es war manchmal Wahnsinn."
Mutter Ulrike jedenfalls bereut es in keiner Weise, bereits drei ihrer vier Kinder in die weite Welt entsandt zu haben. Und auch "Nesthäkchen" Paul-Joachim wird im Sommer diese Erfahrung fürs Leben machen. Selbst wenn sie und ihr Mann Paul sich dafür wieder Geld leihen müssen. Denn: "Wir haben immer ein Kind weggeschickt und ein junger Erwachsener kam zurück." Nach der Rückkehr seien sie ihnen anfangs fremd gewesen, weil sie anders aufs Leben schauten. "Aber das Ziel der Erziehung, ihnen beizubringen, es allein zu schaffen, rückt durch die Erfahrung eines Austauschjahres ein großes Stück näher."
Krasser Übergang des Rückkehrers
Da Peter von seiner Mutter in Houston abgeholt wurde und sie noch ein paar Tage in New York verbrachten, erlebte sie den krassen Übergang des Rückkehrers mit. "Wir hatten gemeinsame Berührungspunkte. Ich wusste, was mein Sohn zurücklässt. Da war sehr viel Abschiedsschmerz zu verarbeiten", erinnert sie sich. Besonders im Umgang mit seinen alten Freunden musste er sich an die Unterschiede erst wieder gewöhnen. Aber auch das eigene Zimmer mit Ankleideraum und eigenem Bad war passé. Anna, die ältere Tochter, spricht heute noch von "Mum and Dad". Weihnachten nach dem Austauschjahr hat sie bitterlich geweint. Und war auch schon wieder "drüben" zu Besuch.
In der Schule ist es normal weitergegangen, sie waren beurlaubt und konnten in die zwölfte Klasse einsteigen. Anna und Lena haben beide ein sehr gutes Abitur hingelegt, Peter-Philip ist gerade dabei. Die ältere Tochter studiert Wirtschaftsingenieurwesen/Maschinenbau, die jüngere macht ihren Bachelor of Engineering/IT und anschließend ihren Master in dualer Ausbildung bei Siemens. Peter möchte seinen Zivildienst im Ausland ableisten, möglichst dort, wo Spanisch gesprochen wird. Vielleicht wird er mal Meeresbiologie studieren.
Voraussetzungen des Austauschschülers
Der Bewerber sollte Interesse für andere Kulturen mitbringen, schnell Teil einer Gastfamilie und selbstständiger werden wollen. Das perfekte Beherrschen der Sprache steht nicht im Vordergrund.
Heimatschule
Ein formloser Antrag bei der Schulleitung reicht in der Regel aus, um für ein Schuljahr eine Beurlaubung zu beantragen. Eltern und Schüler sollten im Vorfeld mit der Schulleitung klären, wie die Wiedereingliederung des Schülers nach seiner Zeit im Ausland funktioniert, also bei einjährigen Aufenthalten z. B. Überspringen oder Wiederholen.
Kosten, Stipendien, BAföG, Taschengeld
Die Untergrenze für ein Austauschjahr im Ausland liegt bei etwa 6.000 Euro. Zwischen 20.000 und 35.000 Euro liegt der Programmpreis für ein Schuljahr beim Besuch einer Privatschule im englischsprachigen Ausland. Zuzüglich zum Programmpreis sollten 100 bis 250 Euro Taschengeld pro Monat einkalkuliert werden. Einige Austauschorganisationen vergeben Teil- und Vollstipendien. Außerdem können, je nach Einkommen der Eltern, Zuschüsse von bis zu 383 Euro monatlich gemäß dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (Auslands-BAföG) gewährt werden (www.auslandsbafoeg.de).
Seriöse Anbieter
Seriöse Anbieter führen ein individuelles Beratungsgespräch mit dem Bewerber und mindestens einem Elternteil bzw. Erziehungsberechtigten und klären vor Vertragsabschluss, wie den Jugendlichen bei Schwierigkeiten vor Ort geholfen werden kann. Es gibt eine Bezugsperson im Gastland.
Selbst organisieren
Es gibt natürlich die Möglichkeit, über Freunde oder Verwandte im Ausland ganz privat ein Austauschjahr zu organisieren. Das hat Vorteile: Die Kosten sind geringer, die Kinder kommen nicht so ganz in die Fremde. Bedenken sollte man aber, dass die Jugendlichen den Verwandten bzw. Bekannten der Eltern weitestgehend "ausgeliefert" sind, sie haben auch keinen neutralen Ansprechpartner vor Ort, wenn Schwierigkeiten auftreten.
Bewerbungsverfahren
Das Bewerbungsverfahren wird von den Organisationen unterschiedlich gehandhabt. Der schriftlichen Bewerbung mit persönlichen Daten, Foto und Zeugnis werden entweder ein kleines Schul-"Gutachten", bei dem die Beurteilung der sozialen Kompetenz im Vordergrund steht, oder eine Selbsteinschätzung hinzugefügt. Beim Bewerbungsgespräch - es kann auch ein Wochenende mit Rollenspielen, Einzel- und Gruppengesprächen sein - wird die Eignung des Schülers festgestellt. Notendurchschnitt und Sprachkenntnisse spielen dabei eine Rolle. Ausschlaggebend ist die Gesamtpersönlichkeit des Bewerbers hinsichtlich Kommunikations- und Anpassungsfähigkeit sowie seine soziale Kompetenz.
Vorbereitung
Die potenziellen Austauschschüler müssen sich möglichst frühzeitig über das Gastland und Schulsystem informieren und natürlich auch über das eigene Heimatland Bescheid wissen. Frühzeitig auch deshalb mit dem Thema Auslandsaufenthalt beschäftigen, weil viele Stipendien ca. ein Jahr davor beantragt werden müssen.
Probleme vor Ort
Bei schulischen Problemen ist der Beratungslehrer der erste Ansprechpartner. Klemmt die Säge in der Gastfamilie, wendet sich der Schüler an seine Bezugsperson vor Ort.
Heimweh
Heimweh gehört dazu. Keiner hat die Austauschschüler zu diesem Schritt gezwungen. Man muss sich in dieser Phase seinem neuen Umfeld öffnen und nicht in Selbstmitleid versinken. Oder salopp formuliert: den Hintern hoch bekommen.
Kontakt, Besuch der Eltern
Der Kontakt zwischen Austauschschüler und Eltern sollte nicht überstrapaziert werden. Alle zwei Wochen eine E-Mail, auch mal der monatliche Anruf, sind okay. Aber beide Seiten müssen loslassen können. Von einem Besuch wird abgeraten. Was geht, ist, Tochter oder Sohn vom Austauschjahr abzuholen, was oft auch praktiziert wird. Allerdings sollte der Wunsch vom Kind ausgehen.
Was tun bei Konflikten nach der Rückkehr?
Die Wiedereingliederung in die alte Heimat ist für nicht wenige Jugendliche schwieriger als das Zurechtfinden in der Fremde. Die Rückkehrer haben häufig einen rasanten Sprung in ihrer Persönlichkeitsentwicklung gemacht. Dadurch entsteht bei Ihnen der Eindruck, zu Hause sei unterdessen die Zeit stehen geblieben. Zu empfehlen ist die Teilnahme an einer von den Organisationen angebotenen Nachbereitungsveranstaltung, um sich mit anderen Rückkehrern auszutauschen, wie sie angekommen sind.
Zum Weiterklicken
www.weltweiser.de/auslandsforum
www.schueleraustausch-weltweit.de/highschoolcommunity
www.itchy-feet.net
www.weltweiser.de
www.handbuchfernweh.de
www.handbuchweltentdecker.de
www.weltbuerger-stipendien.de
www.schueleraustausch-stipendien.de
www.auslandsbafoeg.de
Zum Weiterlesen
Thomas Terbeck, Handbuch Fernweh. Der Ratgeber zum Schüleraustausch, mit übersichtlichen Preis-Leistungs-Tabellen von High-School-Programmen für 18 Gastländer, 9., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage, weltweiser Verlag 2010, 608 Seiten, 18,50 Euro. Ingeborg Gierke, Highschool für Anfänger. Ein Schuljahr in den USA, Frieling & Huffmann GmbH, Berlin 2009, 240 Seiten, 14,50 Euro.
Weitere Kontakte
www.aja-org.de
www.afs.de
www.yfu.de
www.experiment-ev.de
www.opendoorinternational.de
www.partnership.de
www.rotary-jd.de
www.kultur-life.de
www.dfh.org
www.bundesforum.de
www.highschoolberater.de
www.quifd.de
Interview
Verständnis für die Rückkehrer haben
Lisbeth Hürter, 27, ist selbst ehemalige USA-Austauschschülerin, studierte Soziologie an der Universität Konstanz.
ÖKO-TEST: Welche Entwicklung nehmen Jugendliche, die an einem Austauschjahr im Ausland teilgenommen haben?
Hürter: Die jungen Leute machen einen Identitätsfindungsprozess durch. Auf der einen Seite haben sie die Möglichkeit, sich selbst auszuprobieren. Andererseits müssen sie sich mit einer fremden Kultur auseinandersetzen und weitestgehend allein klarkommen. Das Alter nach der 9. oder 10. Klasse ist dafür prädestiniert, da die Jugendlichen noch nicht festgelegt sind und ihrem Umfeld offen gegenüberstehen.
ÖKO-TEST: Was sagen Ihre Studienergebnisse genau?
Hürter: 92 Prozent der Befragten gaben an, während ihres Austauschjahres selbstständiger geworden zu sein. Ihr Selbstbewusstsein sei gestärkt worden. Die Teilnehmer profitieren ein Leben lang von den gewonnenen interkulturellen Kompetenzen und persönlichen Erfahrungen. Nicht nur ihr Horizont hat sich erweitert, sondern auch die Schulnoten verbesserten sich häufig. Die Fremdsprache wird oft zur zweiten Muttersprache. Auch die Auswirkung auf berufliche Entscheidungen wird von den meisten Befragten als sehr hoch eingeschätzt. Fast alle, 97 Prozent, sind rückblickend mit ihrem Austauschjahr so zufrieden, dass sie es auch ihren Kindern weiterempfehlen würden.
ÖKO-TEST: Welche Probleme können nach der Rückkehr ins Zuhause auftreten?
Hürter: Da läuft ein kleiner, umgekehrter Kulturschock ab. Die Jugendlichen kommen mit einer Menge Euphorie zurück. Ihr Selbstbild hat sich verändert. Sie haben sich ausprobiert und sich in einer neuen Rolle kennengelernt. Der Blick auf die Welt ist ein anderer als vor dem Austauschjahr. Die Daheimgebliebenen haben aber noch das alte Bild des Jugendlichen im Kopf.
ÖKO-TEST: Wie sollten die Eltern darauf reagieren?
Hürter: Die meisten Eltern kommen zu dem Schluss, dass ihre Kinder erwachsen geworden sind. Wichtig ist deshalb, für die Rückkehrer Verständnis aufzubringen, ihnen Zeit zu geben, wieder anzukommen. Und vermeiden Sie bitte unbedingt Eifersüchteleien gegenüber der Gastfamilie, auch wenn es schwerfällt.
Mehr Infos unter
www.yfu.de/lehrerzimmer/forschung