Als Gesprächsthema hat es nicht den besten Ruf - zu oft muss es herhalten, wenn man sich sonst gerade nichts zu sagen hat. Trotzdem: Das Wetter interessiert uns wirklich. Das zeigen die Bundesbürger dort, wo sie nach Antworten auf ihre Fragen suchen: im Internet. "Wetter" steht in der Statistik der größten Suchmaschine, im "Google Zeitgeist" für 2009, auf Platz drei der häufigsten Suchbegriffe. "wetter.de" gehört zu den zehn am schnellsten wachsenden Suchbegriffen.
Weil uns das Wetter so wichtig ist, sind Wettervorhersagen ein interessanter Markt. Nachdem mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) in Deutschland lange Zeit eine Behörde das Monopol hielt, ist der Markt in den vergangenen 15 Jahren turbulenter geworden. Jörg Kachelmann sorgte für neuen Glanz und mehr Leben bei den Fernsehwettervorhersagen. Seine Firma Meteomedia gestaltet einige der wichtigsten Fernsehwetterprogramme und hat auch den Stil anderer "Wetterfrösche" beeinflusst.
Neben Meteomedia sind weitere private Anbieter auf den Markt geströmt. Viele kombinieren Online-Portale für Privatleute mit Angeboten für Publikumsmedien und kostenpflichtigen, passgenauen Vorhersagen für Branchen, denen das Wetter in ihrer Planung besonders wichtig ist. Und man hat das Gefühl, sie alle sagen etwas anderes vorher. Warum eigentlich? Trotz der verbesserten Darstellung bleibt für Nichtmeteorologen oft genug nebulös, woher die multimedialen Wettervorhersager ihr Wissen wirklich nehmen. Starren sie konzentriert auf ein aktuelles Deutschland-Radarbild und wissen dann aus Erfahrung, was morgen passieren wird?
So einfach funktioniert es nicht. Denn für das Wetter ist die Welt fast so klein wie für das Internet. Das spüren wir zum Beispiel, wenn Polar- und Wüstenwinde bis vor unsere Haustür strömen. Meteorologen arbeiten daher mit Vorhersagemodellen, die die atmosphärischen Bewegungen rund um den ganzen Planeten berechnen und auswerten. Diese Modelle werden von internationalen Wetterdiensten und auch vom Deutschen Wetterdienst angeboten. Doch obwohl viele Wetterportale auf Basis von identischen Daten arbeiten, sagen sie trotzdem etwas Unterschiedliches voraus.
Die großen Vorhersagemodelle haben Lücken, die zu Fehleinschätzungen führen
Die Erklärung: Das weltumspannende Wetternetz ist grob und weiß nicht genug über die Berge, Tiefen oder Flüsse, die der Witterung vor Ort den letzten Schliff geben. Hier kommen die Messstationen ins Spiel: Wer ihre Daten über Jahrzehnte verfolgt und auswertet, kann Programme entwickeln, die wiederkehrende Fehler des großen Vorhersagemodells ausmerzen, zum Beispiel wenn in einer bestimmten Wetterlage für das Tal regelmäßig zu hohe Temperaturen vorhergesagt worden sind. Ob sich aber alle Anbieter von Wettervorhersagen die Mühe machen, die "Fertigprognosen" mit eigenen Modellen zu verfeinern, das weiß keiner so genau.
Wir wollten wissen, welche Online-Wetterportale die beste Arbeit machen. Um das herauszufinden, haben wir die Vorhersagen von acht Portalen für die Städte Hamburg, Berlin, München, Köln und Frankfurt am Main aus zwei Monaten sowie die Nutzerfreundlichkeit auswerten lassen - eine Untersuchung, die unseres Wissens über so einen langen Zeitraum und in diesem Umfang noch nie gemacht worden ist. Aufgrund des Erhebungszeitraums beziehen sich die Testergebnisse zur Vorhersagequalität streng genommen nur auf Wintervorhersagen. "Man kann aber davon ausgehen, dass die Qualität der Wettervorhersagen der einzelnen Portale im Sommer sehr ähnlich ist", sagen die Meteorologen, die den Test für uns gemacht haben. Die Portale mussten sich während des Untersuchungszeitraumes nämlich bereits in sehr unterschiedlichen Wetterlagen behaupten, von mild bis extrem winterlich. Eine Herausforderung, die bei Vorhersagen im Sommer hinzu kommt, sind die vielen kleinräumlich auftretenden Schauer und Gewitter.
Das Testergebnis
Besonders empfehlen können wir zwei "gute" Portale: Wetter.com und Wetter.info schneiden sowohl mit ihren Vorhersagen als auch in puncto Nutzerfreundlichkeit am besten ab. Schlusslicht ist Donnerwetter.de, das als einziges Portal in den Prognosen und in der Gebrauchstauglichkeit nur ein "ausreichend" bekam.
Bei der Überprüfung der Prognosequalität wurden jeweils die Vorhersagen für den nächsten Tag und für in fünf Tagen untersucht. Bei der Ein-Tages-Vorhersage lieferten mit Ausnahme von Donnerwetter.de alle Portale unter dem Strich überwiegend ordentliche Vorhersagen. Die Ergebnisse belegen aber auch: Fünf Tage im Voraus lässt sich das Wetter schon sehr viel weniger in die Karten gucken. Der Grund: Zu viel kann sich in den komplexen Vorgängen in der Atmosphäre noch ändern und entstehende Rückkopplungseffekte sind nicht vorhersagbar.
Während die Vorhersagen für die Höchst- und Tiefsttemperaturen für den nächsten Tag durchschnittlich pro Portal zwischen 1,0 und 2 °C daneben liegen, ist der durschnittliche Abstand zwischen Fünf-Tages-Vorhersage und Wirklichkeit mit 2,0 bis 3,7 °C schon doppelt so groß. Die Mittelwerte mögen harmlos aussehen - zu Jahreszeiten, in denen Frost möglich ist, kann aber 1 °C schon entscheidend sein. Zudem sind in den Mittelwert auch Einzelvorhersagen eingegangen, die beim Temperaturminimum um sage und schreibe bis zu 13,8 °C daneben lagen.
Einzelne Ausreißer sagen dennoch nichts darüber aus, wie gut oder schlecht ein Portal ist. Die Häufigkeit besonders großer Abweichungen dagegen schon. So lag Donnerwetter.de in der Ein-Tages-Vorhersage bei fast einem Viertel der Minima- und Maximavorhersagen um mehr als 2,5 °C daneben. Bei der Fünf-Tages-Vorhersage war der Abstand in 131 von 610 Fällen sogar größer als 5 °C.
Bei längerfristigen Prognosen sind schon die Temperaturen schwierig vorherzusagen. Ganz schlimm wird es aber bei Regen, Nebel oder Schnee. Die Niederschlagsvorhersagen waren im Schnitt nicht viel besser als beim Auswürfeln. Bei der Prognose des Wettertyps in fünf Tagen schaffte einzig Donnerwetter.de ein erstaunliches "gut". Angesichts der rapide sinkenden Aussagekraft von Vorhersagen, je weiter sie sich in die Zukunft wagen, verzichten viele Portale bewusst darauf, detaillierte Vorhersagen für mehr als sechs oder zehn Tage zu veröffentlichen. Wetter.de schießt allerdings den Vogel ab und bietet seine Sieben- bis 14-Tages-Prognosen auch noch kostenpflichtig unter "Premiumwetter" an. Insgesamt am besten bei der Fünf-Tages-Prognose ist Wetter.com, das in diesem Teilergebnis als Einziges ein "befriedigend" schaffte.
In Bezug auf die Nutzerfreundlichkeit kritisierten die Experten vom Kompetenzzentrum Usability des Fraunhofer Instituts für angewandte Informationstechnik FIT bei vielen Portalen die gleichen kleinen Probleme, die ganz schön frustrieren können: Wenn man sich etwa beim Eingeben eines Ortsnamens vertippt, ist nur das Portal Wetter.com so intelligent und freundlich, Orte mit ähnlicher Schreibweise anzubieten. Wetter.info und Wetter.de bieten immerhin während des Schreibens in einer Top-down-Liste Städte mit ähnlichem Anfang an. Am schlechtesten ist dieser Punkt bei Spiegel.de/wetter gelöst, wo man noch nicht einmal auf die falsche Schreibweise aufmerksam gemacht wird.
Besonders bei Wetter.com und Donnerwetter.de fiel Werbung als störend auf. Ein wichtiger Kritikpunkt bei Wetter.net: Die Informationen in Vorhersagetabellen passen nicht zu den Einträgen in der Spalte. Neben "minimale Temperatur" steht ein Piktogramm mit Sonne oder Wolke. Der Nutzer muss sich erst einmal in die Struktur der Links eindenken, bevor er an die Informationen kommt.
Die Urlaubswettervorhersagen stoßen bei der Hälfte der Portale schon dann an ihre Grenze, wenn jemand nach Informationen für eine Kleinstadt wie den spanischen Urlaubsort Sòller sucht. In diesen Fällen haben wir die Ortsauswahl für Urlaubsorte höchstens mit "ausreichend" bewertet.
So reagierten die Portalbetreiber
RTL-interactive als Betreiber von Wetter.de verwies darauf, dass selbst die Zeichen mit Sonne und hellen Wolken ohne Regentropfen Niederschlag nicht ausschließen würden. Schließlich stünde in der Legende zu dem Piktogramm "im Wesentlichen bleibt es trocken". Unsere Auswertungsmethode sei deshalb nicht anwendbar. Wir bleiben der Ansicht, dass der Nutzer Symbole ohne Regentropfen als Vorhersage kein Niederschlag versteht. Wetter.de hat noch mehrere Piktogramme mit unterschiedlich vielen Tropfen im Repertoire, etwa für "gelegentlich fällt etwas Regen" oder "kräftige Regenschauer". Die verwirrende Legende ist zudem kaum zu finden.
Jörg Kachelmanns Firma Meteomedia ist stolz darauf, eine große Zahl eigener Messstationen zu betreiben. Die Deutsche Telekom Betreiber des von Meteomedia mit Vorhersagen belieferten Angebots Wetter.info kritisierte prompt, dass in unserem Test die Werte der Messstationen des Deutschen Wetterdienst (DWD) als Referenz gedient haben. Meteomedia würde nur in einer der fünf Städte die DWD-Daten verwenden. Für unsere Ergebnisse spielt das jedoch keine Rolle: Verglichen wurden ja die Vorhersagen für das jeweilige Postleitzahlengebiet der Station mit den Messwerten von genau dort. Auch Wetter.info bietet Vorhersagen für diese PLZ-Gebiete an.
So haben wir getestet
Die Auswahl der Portale
Mit in den Test aufgenommen haben wir die nach Nutzerzahlen größten Portale wie Wetter.com, Wetter.de und Wetter.info. Einige mussten draußen bleiben, weil sie von derselben Firma mit Daten beliefert werden. Zum Beispiel stammen die Vorhersagen auf Wetter.de ebenso wie die auf Wetter24.de von der Firma Meteogroup. Wetter24.de haben wir deshalb nicht getestet. Wetter.net, Donnerwetter.de und Wetterspiegel.de sind weniger gut besucht als die erstgenannten Portale, aber dennoch beliebt. Die Firmen dahinter beliefern zudem noch viele andere Medien und Kunden mit Wettervorhersagen. Spiegel Online gehört zu den erfolgreichsten journalistischen Onlinemedien. Die Vorhersagen unter Spiegel.de/Wetter stammen (mit Ausnahme der Unwetterwarnungen) von der Firma Wetterkontor, die unter anderem auch Bild.de beliefert.
Die Prüfung der Vorhersagequalität
Das Meteorologische Institut einer deutschen Universität hat für ÖKO-TEST im Zeitraum vom 23. November 2009 bis zum 22. Januar 2010 zunächst jeweils täglich die Vorhersagen der Portale für den nächsten Tag und für in fünf Tagen abgerufen und in Screenshots abgespeichert. Bei insgesamt fünf beobachteten Städten kamen so pro Portal meist 1.830 Vorhersagen zusammen, die mit Mess- und Beobachtungswerten von den entsprechenden Tagen verglichen werden konnten - eine statistisch relevante Zahl. Bei den Höchst- und Tiefsttemperaturen wurde ermittelt, wie groß der durchschnittliche Abstand zwischen den vorhergesagten und den hinterher gemessenen Werten war. Außerdem haben wir uns angeschaut, wie viele große Ausreißer es gab.
Um die Vorhersagen von Niederschlag und Wettertyp zu vergleichen, wurden die Piktogramme ausgewertet. Erfasst wurde jeweils die sogenannte signifikanteste Wettererscheinung. Nach Definition der Weltmeteorologischen Organisation (WMO) ist zum Beispiel Regen eine Wettererscheinung, die einen Tag stärker prägt als Trockenheit - auch wenn es nur kurz geregnet hat. Zwei Portale (Wetter.info und Wetter.de) protestierten gegen diese Lesart ihrer Symbole: Sie würden nicht auf jeden zu erwartenden Regen in ihren Piktogrammen hinweisen, wenn ihnen etwa der Sonnenschein für den Zeitraum prägender erscheint. Wir sind bei der Auswertung nach WMO-Definition geblieben: weil wir nachvollziehbar finden, dass einem der eine Schauer, bei dem man pitschnass geworden ist, stärker in Erinnerung bleibt, als die Trockenheit dazwischen.
Die Prüfung der Nutzerfreundlichkeit
Fehlen die benötigten Informationen ganz oder sind sie nur schwer zu finden und dann kaum zu verstehen? Die von Experten Gebrauchstauglichkeit genannte Nutzerfreundlichkeit der Webseiten untersuchte für uns das Kompetenzzentrum Usability des Fraunhofer Instituts für angewandte Informationstechnik FIT in St. Augustin bei Bonn. Anhand realistischer Szenarien probierten die Experten in umfangreichen Versuchen aus, wie Nutzer die Ziele erreichen können, mit denen sie die Portale besuchen. Dazu versetzten sie sich unter anderem in die Lage von Herrn Muster, der am Wochenende mit den Kindern Drachen steigen lassen will, oder der wissen möchte, was er für den bevorstehenden Mallorca-Urlaub einpacken muss. Auch die Alltagsfrage: Kann ich morgen (trocken) mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren? durfte nicht fehlen. Bei seiner Analyse orientierte sich das Kompetenzzentrum an der Norm ISO 9241-110 für Dialoggestaltung bei Webseiten oder Software.
Die Bewertung
In die Bewertung der Niederschlagsvorhersage ist nicht nur eingeflossen, wie oft ein Portal einen "Treffer" hatte, sondern auch wie viele "falsche Alarme" es abgegeben hat und wie oft es versäumte, zu warnen. Zur Bewertung der Qualität der Vorhersage der Wettererscheinungen (Wettertyp) haben die Experten ein "Wetterturnier" (ohne Wissen der Teilnehmer) ausgerichtet. Dabei wurden Punkte nach einem Schema vergeben, wie es ähnlich bei öffentlichen Prognoseturnieren verwendet wird, in denen sich regelmäßig Profi- und Hobbymeteorologen miteinander messen.
Da man als Nutzer an die Fünf-Tages-Vorhersage deutlich geringere (Wahrheits-)Ansprüche stellt, haben wir das Teilergebnis Vorhersage nächster Tag deutlich höher gewichtet.
In das Gesamturteil ging das Testergebnis Vorhersagequalität zu 70 Prozent, die Nutzerfreundlichkeit zu 30 Prozent ein, denn die angenehmst zu bedienende Website nutzt wenig, wenn die Blumen auf der Terrasse dann doch erfrieren.