Wachsmalstifte, Straßenmalkreide und Fingermalfarben, Kinderjeans und Krabbelschuhe, Kinderteppiche, Kindergartenrucksäcke und zuletzt UV-Schutzanzüge für Kinder: Die Liste der Produktgruppen, in denen ÖKO-TEST allein in den vergangenen drei Jahren krebsverdächtiges Anilin nachgewiesen hat, ist lang.
Dabei ist der Stoff, der unter anderem zur Herstellung von Polyurethankunststoffen und synthetischen Farbstoffen (Azo-Farbstoffe) dient, nicht ohne: "Giftig bei Verschlucken, giftig bei Hautkontakt, verursacht schwere Augenschäden, kann vermutlich genetische Defekte verursachen, kann vermutlich Krebs erzeugen", teilt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zur Gefahreneinschätzung von Anilin mit.
Wie ist das Gefahrenpotenzial von Anilin in Kinderspielzeug und Bedarfsgegenständen einzuordnen, etwa in Wachsmalstiften und Straßenmalkreiden für Kinder? Schließlich werden die Sachen in die Hand oder sogar in den Mund genommen. Denkbar ist auch, dass sich Kinder nach dem Malen die Finger ablecken oder durchs Gesicht streichen. "Das ist schwer zu beurteilen, da erstens die Kanzerogenität beziehungsweise Mutagenität noch nicht eindeutig bewiesen ist und Anilin sowohl in freier Form, also als Verunreinigung oder Abbauprodukt, als auch in abspaltbarer Form, also aus Azo-Farbstoffen mit Anilinkomponente, vorkommt", sagt Dr. Franz Fiala, ehemaliger Vizepräsident der europäischen Verbraucherorganisation für Standardisierung ANEC. Eine akute Gefahr durch Gehalte von 5 bis 30 Milligramm pro Kilogramm (mg/kg) Anilin in einem Produkt könne er nicht erkennen, sagt aber: "Aus Vorsorgegründen sollten 30 mg/kg Anilin in freier oder abspaltbarer Form keinesfalls überschritten werden."
Die Belastung kann man den Produkten nicht ansehen.Verbraucher können sich aber an unseren vergangenen und künftigen ÖKO-TESTs orientieren und zu Alternativen greifen. Einen Grenzwert für Anilin in Bedarfsgegenständen oder Kinderprodukten gibt es in Deutschland derzeit noch nicht. Zwar sind wegen ihrer krebserzeugenden Wirkung 22 aromatische Amine laut Bedarfsgegenständeverordnung ab mehr als 30 mg/kg in Kleidung, Schuhen, Handtaschen oder Spielwaren mit Textil- oder Lederbekleidung verboten. Anilin ist aber nicht darunter. ÖKO-TEST sieht allerdings auch diesen Schadstoff kritisch und wertet den Nachweis daher streng ab. Besonders aufgrund der Fülle an Produkten, sei es im Kinder- oder Erwachsenenbereich, muss der Gesetzgeber unserer Meinung nach dringend nachbessern.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) scheint sich dieser Auffassung anzunähern. "Es wurde ein Arbeitspapier zur Aufnahme von Anilin in den Anhang II Anlage C der Spielzeugrichtlinie mit einem Gehaltsgrenzwert von 5 mg/kg erstellt", hat die BfR-Kommission für Bedarfsgegenstände im November 2015 protokolliert. Im Speziellen gilt diese Regelung für Spielzeug, das zur Verwendung durch Kinder unter 36 Monate bestimmt und dazu gedacht ist, in den...