Wach liegen, wenn man eigentlich tief schlafen möchte, ist nie schön. Weder für die stressgeplagte Managerin, die um drei Uhr morgens aufwacht und schnell anfängt zu grübeln, noch für den Teenager, der sich todmüde durch den gesamten Schultag schleppt, abends aber trotz allem erst weit nach Mitternacht Ruhe findet. Zwar gehen die wenigsten deswegen zum Arzt. "Aber dauerhafter Schlafmangel ist ein ernst zu nehmendes Gesundheitsrisiko", warnt Professor Ulrich Koehler, Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums Marburg. Denn während des Schlafs schüttet der Körper Wachstumshormone und einige Immunglobuline aus - und die sind nicht nur für Kinder wichtig. "Sie sorgen dafür, dass sich das Gewebe regeneriert, und stärken das Immunsystem." Bei Menschen, die oft schlecht schlafen, steigt zudem der Pegel des Stresshormons Cortisol im Blut, was zu Konzentrationsschwächen und Gereiztheit führt, langfristig sogar zu Störungen der Schilddrüse, Bluthochdruck, Depressionen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes.
Nun muss sich nicht jeder, der gelegentlich schlecht schläft, gleich beunruhigen. Wer aber über einen Zeitraum von mehr als vier Wochen mindestens drei bis vier Nächte pro Woche so starke Schlafprobleme hat, dass er in seiner Tagesform beeinträchtigt ist, hat nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation Schlafstörungen und gilt als "Insomniker".
"Das Entscheidende ist, dass die Betroffenen unter dem Schlafmangel leiden", erklärt Diplom-Psychologe und Somnologe Werner Cassel, der ebenfalls am Schlafmedizinischen Zentrum Marburg arbeitet. Wer wenig schläft und sich dabei gut fühlt, darf unbesorgt sein. Denn das Schlafbedürfnis ist von Mensch zu Mensch verschieden. "95 Prozent der Bevölkerung brauchen täglich zwischen sechs und neun Stunden Schlaf - und auch das ist noch eine große Spanne."
Fachleute unterscheiden zwischen primären Schlafstörungen, für die sich keine direkte körperliche oder psychische Ursache ausmachen lässt, und sekundären Schlafstörungen, die vor allem durch medizinische Probleme hervorgerufen werden - beispielsweise durch Schlafapnoe, Restless-Legs-Syndrom oder nächtliche Hustenattacken. Sie bessern sich, wenn die Ursache entsprechend behandelt wird. Menschen, die dauerhaft unter primären Schlafstörungen leiden, sind meist in einen Teufelskreis geraten, erläutert Werner Cassel und erzählt ein Beispiel: "Einer meiner Patienten schlief beispielsweise eines Nachts sehr schlecht, weil er spät abends noch Tennis gespielt hatte. Durch die Anstrengung und die spätere Ruhezeit fand
er anschließend keinen erholsamen Schlaf. Am Folgetag legte er sich, um sein Schlafdefizit auszugleichen, zwei Stunden früher hin. Mit dem Ergebnis, dass er zu dieser ungewohnten Zeit wieder nicht einschlief. Er wurde immer müder, aber auch angespannter, und konzentrierte sich in den nächsten Tagen und Wochen dermaßen auf seinen Schlaf, dass er nicht mehr in Ruhe einschlafen konnte. Er rutsch...