Mundspülungen: Können sie helfen, die Krankheitswelle im Herbst einzudämmen?

Magazin September 2024: Kaffee | Autor: Michelle Sensel | Kategorie: Kosmetik und Mode | 08.09.2024

Mundspülungen: Können sie helfen, die Krankheitswelle im Herbst einzudämmen?
Foto: Ju Jae-young/Shutterstock

Mundspülungen gehören für viele zur täglichen Zahnpflegeroutine. Doch können sie wirklich helfen, Keime zu beseitigen? Beeinflussen ihre Inhaltsstoffe eigentlich unsere Mundflora? Und was, wenn die Zähne sich plötzlich verfärben? Wir haben Antworten auf die wichtigsten Fragen. 

Zahn- und Zahnfleischpflege: Sind antibakterielle Mundspülungen ein Muss? Wir klären über die Vor- und Nachteile von Mundspülungen auf. 

Können Mundspülungen die Viruslast bei Covid-19 und RSV senken?

Ja, zumindest vorübergehend. "Beim Zahnarztbesuch ist das Spülen mit antiseptischen Lösungen vor der Behandlung sinnvoll", sagt Professor Fabian Cieplik, Ärztlicher Direktor der Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie am Universitätsklinikum Freiburg. Denn Studiendaten zeigten, dass dadurch sowohl die Bakterien- als auch die Viruslast kurzfristig gesenkt werden kann.

Zur genauen Auswirkung von Mundspülungen auf das Coronavirus werde aber weiterhin viel geforscht. Ein Knackpunkt sei dabei der Unterschied zwischen Viruslast und Virusinfektiosität, erklärt Cieplik. Die Viruslast sagt aus, wie viel Virus vorhanden ist. Viel aussagekräftiger sei aber die Virusinfektiosität – also wie ansteckend das Virus noch ist, wenn man eine Mundspülung verwendet hat.

"Bei Corona haben wir mittlerweile aus mehreren hochwertigen klinischen Studien Daten darüber, dass die Virusinfektiosität mit dem Wirkstoff Cetylpyridiniumchlorid (CPC) für etwa eine halbe Stunde bis Stunde signifikant reduziert werden kann." Labordaten sprechen dafür, dass der antiseptische Wirkstoff CPC eine ähnliche Wirkung auch auf behüllte Viren wie RSV hat. Allerdings gibt es dazu erst wenig aussagekräftige Daten.

Mundspülungen senken kurzfristig die Virenlast im Mund
Mundspülungen senken kurzfristig die Virenlast im Mund (Foto: New Africa/Shutterstock)

Sollte man also Mundspülungen verwenden, um sich und andere vor Corona zu schützen?

Ganz so einfach ist es leider nicht. Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) empfiehlt je nach Infektionslage, zwei bis drei Mal täglich antiseptische Mundspülungen als Prävention zu benutzen – allerdings in Kombination mit Nasenspray. Die DGKH will mit dieser Empfehlung alle infrage kommenden Schutzmaßnahmen ausschöpfen.

Aber: "Es ist nicht so, dass man sich als Infizierter sicher sein kann, dass man andere nicht ansteckt, nur weil man eine Mundspülung oder ein Nasenspray benutzt", sagt Fabian Cieplik. Mundspülungen könnten kein Allheilmittel, sondern nur ein Teil des Schutzpakets sein. "Auch in der Zahnarztpraxis haben wir zusätzlich noch Mundschutz, Handschuhe und Co. an und verlassen uns nicht auf die Mundspülung."

Antiseptische Mundspülungen können Resistenzen fördern

Bringen Mundspülungen die Mundflora durcheinander?

Dazu hat Fabian Cieplik gemeinsam mit weiteren Wissenschaftlern geforscht. Vor allem antiseptische Mundspülungen, zum Beispiel mit Chlorhexidin, verändern demnach die Zusammensetzung der Mundflora schon nach kürzerer Anwendungszeit. Welche Folgen das genau hat, müsse noch weiter untersucht werden. Die veränderte Mundflora könnte beispielsweise bewirken, dass bestimmte Bakterienarten besser wachsen oder sich das Kariesrisiko erhöht.

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Können Resistenzen entstehen, wenn ich zu oft Mundspülungen verwende?

"Bei antiseptischen Substanzen wie Chlorhexidinverbindungen und Cetylpyridiniumchlorid, die in Mundspülungen enthalten sein können, besteht dieses Risiko", sagt Cieplik mit Blick auf den aktuellen Forschungsstand. Auch Mundspülungen mit ätherischen Ölen könnten Resistenzen fördern, weil sie vermutlich ähnlich wirken.

Das bedeutet: Wer Mundspülungen mit solchen Inhaltsstoffen regelmäßig verwendet, läuft Gefahr, dass Bakterien im Mund resistent, das heißt schlimmstenfalls unempfindlich gegenüber Antibiotikawirkstoffen werden. "Das Wichtige aus zahnärztlicher Sicht ist deshalb, dass man antiseptische Mundspülungen nur einsetzt, wenn es dafür eine klare medizinische Indikation gibt", sagt Cieplik. Also dann, wenn der Zahnarzt es empfiehlt – beispielsweise nach chirurgischen Eingriffen oder bei Zahnfleischentzündungen.

Mundspülungen ersetzen kein Zähneputzen

Kann ich auf das Zähneputzen verzichten, wenn ich eine Mundspülung nutze?

Es ist eher andersherum: Wer sich sonst gut um seine Mundhygiene kümmert und keine Probleme mit dem Zahnfleisch hat, braucht keine Mundspülung. Die Zahnbürste ist dagegen ein Muss, sagt Fabian Cieplik. Der Grund: Zahnbelag kann nicht allein durch eine Mundspülung entfernt werden. Da braucht es das mechanische Schrubben mit der Zahnbürste, um Zahnstein, Zahnfleischentzündungen und Karies vorzubeugen.

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Mundspülung und Mundwasser?

Mundspülungen sind fertige Lösungen, die unverdünnt benutzt werden und je nach Inhaltsstoffen Zahnfleischentzündungen lindern oder vor Karies schützen sollen. Mundwässer sind hingegen stark konzentriert und müssen mit Wasser verdünnt werden. Sie sollen lediglich den Atem erfrischen.

Vor Karies schützen könnte ein Mundwasser beispielsweise nicht. Denn um verdünnt noch wirken zu können, müsste deutlich mehr Fluorid enthalten sein, als es die EU-Kosmetikverordnung erlaubt.

Meine Zähne haben sich durch eine Mundspülung verfärbt. Wie werden sie wieder hell?

Mundspülungen mit Chlorhexidin verfärben die Zähne bräunlich. Das liegt daran, dass der Stoff mit dem Film aus Speichelprotein reagiert, der sich in kürzester Zeit nach dem Zähneputzen auf den Zähnen absetzt. "Die Verfärbungen sind aber immer reversibel", sagt Cieplik. Los wird man sie, indem man die Mundspülung wieder absetzt und eine professionelle Zahnreinigung durchführen lässt.

Erhöhte Fluoridzufuhr kann zu einer Fluorose führen

Kann ich fluoridhaltige Mundspülungen und Zahnpasta mit Fluorid in Kombination verwenden?

Ja, beide Produkte kann man problemlos kombinieren. Fluorid schützt die Zähne vor Karies. Zahnpasta sollte deshalb nach den aktuellen Empfehlungen der Fachgesellschaften für Zahnmedizin einen Fluoridgehalt von mindestens 1.000 ppm haben. Zum Fluorid in der Zahnpasta würden im Schnitt 150 bis 250 ppm Fluorid aus einer Mundspülung hinzukommen. "Der Gesamt-Fluoridgehalt bei Erwachsen ist dann definitiv nicht zu hoch", sagt Professor Cieplik.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat berechnet, dass sich Erwachsene ohne Probleme zwei Mal am Tag die Zähne mit einer Zahnpasta mit 1.500 ppm Fluorid putzen und fünf Mal den Mund mit einer 0,05-prozentigen Mundspülung spülen könnten.

Erste Vergiftungssymtome wie Übelkeit und Durchfall treten nach Berechnungen erst auf, wenn man den Inhalt von zwei bis drei Zahnpastatuben essen würde. Allerdings schränkt Experte Cieplik ein: "Wenn ein Kind eine ganze Tube Zahnpasta isst oder eine Mundspülung trinkt, würde man Probleme bekommen." Bei einem Kind mit 15 Kilo Körpergewicht liegt die wahrscheinlich toxische Dosis rechnerisch bei 75 Milligramm (mg) Fluorid. Würde es den Inhalt einer kompletten Zahnpasta-Tube essen, dann würde es die doppelte Dosis zu sich nehmen.

Deshalb sollte man Kindern sicherheitshalber auch keine Zahnpasta oder Mundspülung zum Spielen in die Hand geben. Zwar sind Vergiftungen durch Fluorid sehr unwahrscheinlich. Dennoch sollen Kinder zwischen ein und drei Jahren laut BfR dauerhaft nicht mehr als 1,5 mg Fluorid täglich aufnehmen. Bei Kindern zwischen vier und acht Jahren sollten es nicht mehr als 2,5 mg pro Tag sein.

Fluoridhaltige Mundspülungen empfiehlt das BfR erst ab einem Alter von sechs Jahren und dann höchstens zweimal täglich. Denn eine dauerhaft erhöhte Fluoridzufuhr kann zu einer Fluorose führen. Sie zeigt sich in weißen Flecken auf den Zähnen und kann diese weniger widerstandsfähig machen.

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