Das Sprichwort sagt: Wer schön sein will, muss leiden. Treffender sollte es heißen: Wer schön sein will, lässt leiden. Und zwar Mäuse, Meerschweinchen oder Kaninchen. Die Tiere mussten - und müssen teils noch immer - für Tests herhalten, die zeigen sollen, ob Lippenstifte, Mascara und Deoroller ohne üble Nebenwirkungen benutzt werden können. Die Methoden sind teils schaurig. Um zu verhindern, dass die Verwendung eines Lidschattens ins Auge geht, werden Kaninchen chemische Substanzen in selbiges geträufelt. Ergebnis: Entzündungen und Verätzungen. Um zu garantieren, dass in Kosmetika verwendete Substanzen ungiftig sind, werden sie Mäusen per Magensonde verabreicht. Mögliche Folgen: Krämpfe, Durchfall, Lähmungen.
All das sollte eigentlich Geschichte sein. Seit 11. März 2013 gilt in der Europäischen Union ein Verbot für den Verkauf von Kosmetika, die oder deren Inhaltsstoffe seither an Tieren getestet wurden. Um das Verbot hatten Tierschützer lange gerungen. "Der Kampf dauerte 25 Jahre und die Umsetzung stand bis zum Schluss auf der Kippe", sagt Lea Schmitz vom Deutschen Tierschutzbund. Silke Strittmatter, Sprecherin von "Ärzte gegen Tierversuche", spricht von einem "echten Meilenstein" und einem wichtigen "politischen Signal". Beide merken indes auch an, dass es kein Sieg auf ganzer Linie ist. Die Regelung der EU habe erhebliche Schlupflöcher gelassen, sagt Strittmatter. Schmitz spricht von "großzügigen Lücken" und betont: "Auch wenn auf dem Papier Tierversuche für Kosmetika jetzt verboten sind und das von den Verbrauchern auch so wahrgenommen wird, können Produkte nach wie vor Substanzen enthalten, die an Tieren getestet wurden" - und zwar auch nach dem Jahr 2013.
Ohnehin weiter verwendet werden dürfen Stoffe, die vor Inkrafttreten des Verbots im Tierversuch erprobt wurden. Das betrifft alle nur erdenklichen Substanzen, selbst Wasser und Olivenöl. Im Grunde, sagt "Ärzte gegen Tierversuche", könne man gar nicht von tierversuchsfreien Kosmetika sprechen, denn alles wurde irgendwann getestet. Entsprechende Labels beziehen sich daher meist auf Stichtage. Der Deutsche Tierschutzbund nimmt in seine Positivliste Produkte auf, für die ab 1. Januar 1979 keine Tierversuche mehr stattfanden. Zudem darf zur Gewinnung der Inhaltsstoffe kein Tier gequält oder ausgerottet worden sein. Rohstoffe, die von lebenden Tieren stammen, sind aber erlaubt. Der "Humane Cosmetics Standard" (HCS) mit dem hoppelnden Hasen (Leaping Bunny) als Signet basiert auf einem Stichtag, den Unternehmen selbst festlegen.
Dass für neue Hautcremes, Lippenstifte und Co. auch aktuell weiter Tierversuche stattfinden, liegt daran, dass vom Verbot nur Substanzen betroffen sind, die ausschließlich in Kosmetika verwendet werden. Manche Pflanzenextrakte finden sich aber in Kosmetika ebenso wie in Arzneimitteln. Für die dürfen sie weiter auch an Tieren getestet werden. Gleiches gilt für Duftstoffe, die außer in Duschgels etwa auch in Haushal...