52 Bio-Produkte von Aldi im Test

All die weil

ÖKO-TEST April 2011 | | Kategorie: Essen und Trinken | 25.03.2011

52 Bio-Produkte von Aldi im Test

In dieser und in den folgenden Ausgaben nehmen wir die Discounter unter die Lupe. Wir prüfen und hinterfragen kritisch, wie "bio" die Bio-Ware dort ist, ob nachhaltig gefangener Fisch auch Qualität verspricht und ob "regional" wirklich "von hier" bedeutet. Den Auftakt der Serie machen Aldi Nord und Aldi Süd.

Der Einkaufswagen ist bis zum Rand gefüllt: Nudeln, Fisch, Obst, Kekse und eine ganze Steige Milch aus ökologischer Erzeugung. Die Schale mit den abgepackten Bio-Möhren droht fast aus dem Wagen zu rutschen. Familieneinkauf am Samstagvormittag. Ruck, zuck hat die Kassiererin die Waren über den Scanner gezogen. Ob der bereitgehaltene 100-Euro-Schein reicht? Die Digitalanzeige an der Kasse bringt die Überraschung: 47,85 Euro. Nicht mal 50 Euro für Massen an Lebensmitteln, darunter viele Produkte, die als "nachhaltig", "bio" oder "fair" hervorgehoben sind.

Bei so viel billig für so wenig Geld kann einen schon mal das Gewissen plagen, wenn man den nachhaltigen Familieneinkauf über den Parkplatz des Discounters schiebt. Hat man "beim Aldi" gerade ein tolles Schnäppchen gemacht - oder womöglich Produkte gekauft, die auf den ersten Blick zwar als nachhaltig daherkommen, bei näherer Betrachtung so viel "besser" aber gar nicht sind?

In Sachen Bio-Ware war Aldi immerhin ein Pionier: Schon im Jahre 1998 verkündete das Fachblatt Lebensmittel Zeitung, dass Aldi Nord jetzt als erster Discounter Bio-Möhren anbietet. Heute zählt das im Süden verbreitete Schwesterunternehmen Aldi Süd zu den größten Bio-Anbietern Deutschlands. Längst gehören Tiefkühlkost, Milch und Brot zum Bio-Sortiment der Discounter. Außerdem locken die Anbieter mit nachhaltig gefangenem Fisch. Mancherorts finden sich sogar fair gehandelte Produkte oder Waren, die mit ihrer regionalen Herkunft überzeugen wollen.

Für diesen Teil unserer großen Discounterserie haben wir 31 Produkte von Aldi Nord und Aldi Süd eingekauft und zum Untersuchen in die Labore geschickt. Ein buntes Potpourri von A wie Apfelsaft bis Z wie Zitrone.

Die Testergebnisse

Die Sortimente von Aldi Nord und Aldi Süd können sich sehen lassen. Von den 31 getesteten Produkte bekommen 20 die Bestnote "sehr gut" und sieben die Note "gut"

Ob Bio-Ware tatsächlich ökologisch erzeugt wurde, kann man im Labor nicht feststellen. Unsere Schadstofftests ergaben jedoch keinen Hinweis auf Bio-Betrug. So waren beispielsweise sämtliche Bio-Möhren und Bio-Zitronen frei von Pestizidrückständen. Dabei genügen die Bio-Möhren von Aldi Nord als einziges Bio-Produkt den strengeren Anforderungen des Naturland-Verbandes, während alle anderen nach EG-Öko-Standard produziert sind.

Die Matjesfilets beider Discounter schneiden nur "mangelhaft" ab. Der Grund: In mehreren Proben steckten am Ende des Mindesthaltbarkeitsdatums zu viele Keime. Und das hat man auch geschmeckt! Bei mehreren Proben fiel ein Geschmack auf, den die Experten als "brennend", "abweichend" oder "säuerlich" beschrieben. Keine Probleme gibt es dagegen mit der Nachhaltigkeit und der Transparenz. Sowohl bei den Matjesfilets als auch bei den anderen Fischprodukten ist deutlich deklariert, wo der Fisch wie gefangen wurde. Das Thema nachhaltige Fischerei wird übrigens in der Maiausgabe der Schwerpunkt des zw...

Testverfahren

So haben wir getestet

Der Einkauf

Bio-Produkte vom Discounter standen schon mehrfach im Fokus unserer Tests. Dieses Mal suchten wir zusätzlich nach weiteren Produkten mit positivem Image, etwa fairen oder als regional ausgelobten Waren. Dabei beschränkten wir uns auf die Hausmarken der jeweiligen Discounter. Fazit unseres Einkaufs bei den Aldi-Discountern: Beide verfügen über ein mehr oder weniger breites Bio-Sortiment und eine ganz ordentliche Auswahl an MSC-zertifiziertem Fisch aus bestandserhaltender Fischerei. Fair gehandelte Produkte und regionale Eigenmarken fanden wir hingegen gar nicht.

Die Inhaltsstoffe

Alle Produkte wurden einer Rundumprüfung unterzogen. So ging es bei den Molkereiprodukten unter anderem darum, ob die aufgedruckten Fettgehaltsstufen eingehalten wurden. Pflanzliche Lebensmittel wie Möhren, Zitronen, Backwaren, Tee, Säfte und Nudeln mussten dagegen eine umfangreiche Analyse auf Pestizide über sich ergehen lassen. Diese sind bei Bio eigentlich nicht zu erwarten, doch gerade bei "billigem" Bio vom Discounter wollten wir ganz genau hinschauen. Die Eier ließen wir selbstverständlich auf Dioxin prüfen, aber auch auf den Einsatz bestimmter Futterfarbstoffe, die für Bio-Erzeuger verboten sind. Um Weichmacher ging es bei fettreichen Produkten wie Butter und Käse sowie dem Öl, in dem die Matjesfilets eingelegt sind, während Kaffee vorrangig auf die Belastung mit dem Krebsstoff Acrylamid geprüft wurde. Bei Gebäck und den in Pflanzenöl vorgebratenen Fischstäbchen wiederum standen die Fettschadstoffe 3-MCPD- und Glycidylester auf dem Programm. Damit nicht genug. Auch die Keimbelastung empfindlicher Kühlwaren wie Matjes, Joghurt, Quark oder Käse ließen wir checken.

Weitere Untersuchungen

Hinzu kamen aufwendige Sensoriktests diverser Produkte. Schließlich sollen auch der Geschmack, der Geruch, die Konsistenz oder - wie bei der Butter - die Streichfähigkeit stimmen. Bei den Eiern ging es im Rahmen der Güteklassenprüfung zusätzlich um die Frische, die Sauberkeit der Schalen und das Gewicht. Letzteres darf nur innerhalb bestimmter Toleranzen schwanken, wie von einer speziellen Verordnung genauestens geregelt. Summa summarum - eine Unmenge von Tests, Analysen und Prüfungen, die sich ÖKO-TEST allein für die Produkte von Aldi mehr als 23.000 Euro kosten ließ.

Die Bewertung

Auch wenn die beiden Discounter offensichtlich über eine gute Qualitätssicherung verfügen, förderten unsere Untersuchungen dennoch den einen oder anderen Mangel zutage. Dabei ist es uns traditionell wichtiger, dass Lebensmittel möglichst unbelastet sind. Wenn Matjesfilet am Ende der Mindesthaltbarkeit jedoch verdorben schmeckt, kann das Urteil insgesamt auch nur "mangelhaft" lauten.