Gewürzspekulatius: Gibt es krebsverdächtiges Acrylamid in dem Gebäck?

Magazin Dezember 2024: Bitterschokolade | Autor: Birgit Hinsch/Katja Tölle/Sarah Becker/Rebecca Welsch | Kategorie: Essen und Trinken | 02.12.2024

Gewürzspekulatius im Test: Enthält Spekulatius Acrylamid?
Foto: Wirestock Creators/Shutterstock

Wir haben 19 Gewürzspekulatius auf Acrylamid prüfen lassen, weil Gebäck häufig mit dem krebsverdächtigem Stoff belastet ist. Unsere frohe Botschaft zum Fest: Nur wenige Produkte schwächeln. Bis zum 27. Dezember sind die Testergebnisse gratis abrufbar. 

  • Im Test: 19 Gewürzspekulatius – darunter sieben Bio-Produkte.
  • Da Gebäck häufig ein Problem mit dem Schadstoff Acrylamid hat, haben wir die Produkte ausschließlich darauf testen lassen.
  • Im Test schneiden die meisten Spekulatius mit "sehr gut" ab. 
  • Tipp: Achten Sie auf die Zutatenliste. Spekulatius kommen auch ohne Phosphate und Aromen aus. 

Ist es der weihnachtliche Duft? Der süßliche Geschmack nach Zucker, Zimt und Nelken? Was es auch ist – Spekulatius gehören für viele zum Fest dazu wie Christbaumkugeln, Kerzen und Kartoffelsalat. Unschön der Gedanke, dass das Gebäck mit einem potenziell krebserregenden Stoff belastet sein könnte – doch diverse Untersuchungen aus der Vergangenheit zeigten genau das.

Deswegen haben wir 19 Gewürzspekulatius eingekauft und in ein Labor geschickt, um sie auf Acrylamid untersuchen zu lassen. Bevor wir auf die Ergebnisse zu sprechen kommen, erst mal die Antwort auf die Frage, was Acrylamid überhaupt ist.  

Krebserregendes Acrylamid entsteht beim Erhitzen

Acrylamid ist eine Substanz, die beim Erhitzen von stärkehaltigen Lebensmitteln entstehen kann. In Tierversuchen hat sich der Stoff als krebserregend und erbgutschädigend erwiesen. Einen gesetzlichen Grenzwert für Acrylamid gibt es immer noch nicht, obwohl das Problem seit Jahrzehnten bekannt ist.

Aber es gibt einen sogenannten Richtwert der EU – also einen Wert, an den sich die Hersteller halten sollten, aber eben nicht müssen. Der liegt für Kekse bei 350 μg pro Kilogramm.

Zur Weihnachtszeit ein absolutes Muss: Spekulatius.
Zur Weihnachtszeit ein absolutes Muss: Spekulatius. (Foto: tilialucida/Shutterstock)

Wenig Acrylamid in Spekulatius zu bemängeln 

Als "erhöht" bewerten wir Produkte, die mit ihren gemessenen Gehalten von Acrylamid mehr als die Hälfte dieses EU-Richtwerts ausschöpfen – und das sind in diesem Test die Wintertraum Gewürzspekulatius von Aldi und die Favorina Gewürzspekulatius von Lidl. Da sie den Richtwert aber noch einhalten, werten wir nur um zwei Noten ab.

Die anderen Produkte sind geringer belastet, schöpfen weniger als die Hälfte des Richtwerts aus. Das bewerten wir als "Spuren". Ein einziger Hersteller schafft es sogar, dass in seinen Spekulatius überhaupt kein Acrylamid nachweisbar war: Die Bohlsener Mühle zeigt mit ihren Dinkel-Spekulatius, Bioland, wie es geht.

>> Die Testergebnisse zu allen Produkten finden Sie unten in der Produktbox

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Borggreve-Spekulatius hat Verbesserungspotential

Die meisten Hersteller haben das Problem also im Griff – was ist bei Aldi und Lidl los? Ein genauer Blick auf die Verpackung zeigt: Beide Produkte stammen vom selben Hersteller, von Borggreve. Von diesem Hersteller stammen auch drei weitere Spekulatius im Test, deren Acrylamidgehalte wir noch als Spuren bewerten.

Allerdings verrät das Wort "noch" schon: Auch die drei anderen Borggreve-Produkte im Test sind stärker belastet als alle anderen. Der Hersteller hat offenbar noch ein bisschen Nachholbedarf in Sachen Acrylamidreduzierung.

Hersteller sind verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen

Seit einigen Jahren gibt es festgeschriebene Reduktionsmaßnahmen, zu denen Hersteller rechtlich verpflichtet sind, um die Acrylamidgehalte zu reduzieren. Denn an einigen Stellschrauben können sie drehen. Zunächst einmal: Da Acrylamid immer dann entstehen kann, wenn stärkehaltige Lebensmittel stark erhitzt werden, ist eine der wichtigsten Maßnahmen, die Backtemperatur zu reduzieren.

Studien zeigen aber auch, dass schon die Getreideauswahl durch den enthaltenen Asparagingehalt einen Einfluss haben kann, da dieses an der Acrylamid-Bildung beteiligt ist. Denn Forschende der Universität Hohenheim zeigten, dass die Asparagingehalte unterschiedlicher Weizenarten sehr stark variierten.

Und sie wiesen nach, dass Vollkornmehl besonders viel Asparagin enthält. Auch die Schwefeldüngung auf den Getreidefeldern und eine längere Teigruhe geben Handlungsspielraum, um Acrylamidbildung zu verringern. 

Viel Zucker in Spektulatius

Da die meisten Hersteller das Problem aber offenbar im Griff haben, spricht wenig gegen ein paar Spekulatius in der Vorweihnachtszeit – ein paar, wohlgemerkt. Denn die deklarierten Zuckergehalte hingegen ... sie variieren zwischen 21 und 30 Prozent und liegen damit vergleichbar hoch wie etwa die von Zartbitterschokolade.

Zwar wurde in diesem Test der Zuckergehalt nicht bewertet, aber klar ist, dass Spekulatius eine Süßigkeit sind und bleiben.

Wer zumindest ein bisschen Zucker einsparen will, kann zu den Gewürzspekulatius von Alnatura und dem Bio-Produkt von Penny greifen. Sie haben mit jeweils 21 Prozent die geringsten deklarierten Zuckergehalte im Test.

Zutaten nicht immer traditionell

Die Rezeptur traditioneller Spekulatius ist gar nicht lang: Mehl, Butter, Zucker, Backpulver, vielleicht ein bisschen Salz und echte Gewürze. Einige Hersteller im Test setzen aber auf etwas weniger traditionelle Rezepturen, um es vorsichtig zu formulieren. Anhand der Deklaration können Sie diese weniger traditionellen Rezepturen aber leicht erkennen: 

  1. Viele Hersteller setzen beispielsweise Palmöl oder -fett statt Butter ein. Das steht in der Zutatenliste – und auf den Verpackungen steht oft auch, wenn die Hersteller zumindest zertifiziertes Palmöl einsetzen (RSPO).
  2. Außerdem können Sie darauf achten, dass die Produkte, die Sie kaufen, weder Aromen noch Phosphate enthalten. Zugesetzte Phosphate können den Phosphatspiegel im Blut erhöhen, was vor allem für Menschen problematisch ist, deren Nierenfunktion beeinträchtigt ist. In Bio-Lebensmitteln ist dieser Zusatz verboten.

Weiterlesen auf oekotest.de: 

Da wir Spekulatius nur auf Acrylamid überprüft haben, entspricht das Gesamturteil dem Testergebnis Acrylamid.

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

19 Gewürzspekulatius sind in unserem Einkaufskorb gelandet – darunter sieben Bio-Produkte. Die meisten sind auf Basis von Weizen, vier Dinkelgebäcke sind dabei. Die Preisspanne lag zwischen 28 Cent und 2,66 Euro pro 100 Gramm.

Da Gebäck in der Vergangenheit häufig mit erbgutschädigendem Acrylamid belastet war, welches sich im Tierversuch als krebserregend erwies, wollten wir wissen, wie es um das klassische Weihnachtsgebäck Gewürzspekulatius steht. Deswegen haben wir die Produkte in einem von uns beauftragten Labor ausschließlich auf Acrylamid untersuchen lassen.

Andere Parameter spielten in diesem Test keine Rolle, die deklarierten Zuckergehalte haben wir nur zur Information in die Tabelle aufgenommen.

Bewertungslegende

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt, zugrunde gelegt werden die gemessenen Gehalte. Bei Richt- und Orientierungswerten handelt es sich um rechtlich nicht bindende Werte, die eingehalten werden sollten, während rechtlich bindende Grenzwerte eingehalten werden müssen.

Bewertung Testergebnis Axrylamid: Unter dem Testergebnis Acrylamid führt zur Abwertung um zwei Noten: ein gemessener Gehalt an Acrylamid, der den EU-Richtwert von 350 µg/kg für Kekse zu mehr als 50 bis 100 Prozent ausschöpft (in Tabelle: "erhöht"). Zugrunde gelegt wurde der Leitfaden zur Umsetzung der Verordnung (EU) 2017/2158 der Kommission vom 20. November 2017 zur Festlegung von Minimierungsmaßnahmen und Richtwerten für die Senkung des Acrylamidgehalts in Lebensmitteln.

Testmethoden

Acrylamid: LC-MS/MS. Untersucht in einer homogenisierten Probe aus drei Packungen.

Einkauf der Testprodukte: August - Oktober 2024. 

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