An unserem Test Pensionskassen wollte die Allianz nicht teilnehmen. Begründung: "Nach der VVG-Reform sind derzeit eine Vielzahl von Ratings und Rankings zum Thema betriebliche Altersvorsorge in der Presse zu finden (...). Wir haben uns deshalb nach reiflicher Überlegung entschlossen, nicht an ihrer geplanten (...) Untersuchung teilzunehmen." Reichlich fadenscheinig, fanden wir und schrieben: "Vielleicht fürchtet die Allianz eine schlechte Bewertung und beteiligt sich nur an Ratings mit oberflächlicheren Prüfkriterien, bei denen die Ergebnisse vorhersehbar oder schmeichelhafter sind."
Nach Veröffentlichung unserer Tests meldete sich der Leiter der Allianz Unternehmenskommunikation, Dr. Eckhard Marten, zu Wort. "Da bin ich aber baff", schrieb er in einer Mail an die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. "ÖKO-TEST schätzen sie höher als Finanztest? Ich kann aus meinen Kontakten mit der Redaktion (sowie diversen freien Autoren) berichten, dass die Kompetenz dort, nun ja, zumindest zweifelhaft ist. Vieles ist da work in progress und entsteht erst während der Recherche (z.B. durch Befragen der Allianz). Das beruhigt nicht gerade."
Einmal abgesehen davon, dass es Aufgabe von Journalisten ist, zu recherchieren und sich dadurch eine Meinung zu bilden, anstatt vorgefertigte Meinungen und Urteile zu verbreiten: Bei uns konnte sich niemand an Kontakte zu Herrn Marten erinnern. Wir baten daher um Auskunft. Eine Antwort erhielten wir nicht. Verständlich - oder auch nicht. Auf jeden Fall scheint die Allianz genau zu wissen, was "work in progress" ist. Ein Beispiel.
Mail 1, 12.6.2008: Die Allianz besteht darauf, die von ihr gelieferten Daten zur Riester-Rente seien richtig ("Wir bitten Sie, nur diese zu verwenden").
Betreff: Ökotest Riester-Renten-Rating
Von: Santagati, Eva Anna (Allianz Deutschland)
Sehr geehrter Herr Stellpflug, sehr geehrter Herr Klöters,
vielen Dank für die Übersendung der Anbieter-Vorinformation. Wir haben die Angaben geprüft und haben noch folgende Anmerkungen:
1) Die von uns gelieferten Zahlen werden korrekt übernommen. Wir bitten Sie, nur diese zu verwenden.
Mail 2, 15.6.2008: Unsere Expertin Barbara Sternberger-Frey erklärt der Allianz, warum die Daten nicht richtig sein können.
Von: Barabar Sternberger-Frey
An: Santagati, Eva Anna (Allianz Deutschland)
Sehr geehrte Frau Santagati,
ich möchte Sie ganz herzlich bitten, die garantierte Rentenleistung bei Ihren fondsgebundenen Riester-Rentenversicherungen in unseren Modellfällen 2, 4a und 4b noch einmal zu überprüfen.
In allen drei Fällen sind die ausgewiesenen garantierten Rentenleistungen definitiv zu niedrig. Ich vermute mal, hier sind nicht alle Zulagen eingerechnet. Das sehe ich auch aus den Angaben zum garantierten Kapital, die in diesen 3 Fällen ebenfalls deutlich hinter den hier notwendigen Werten zurückbleiben.
Mail 3, 16.6.2008: Work in progress. Nachdem die Allianz "von Hand” nachgerechnet hat, erhalten wir die Bestätigung. ÖKO-TEST hat recht. Wenn wir unfair gewesen wären, hätten wir die Daten der Allianz einfach übernommen. Sie hatte sich nämlich zu ihren Ungunsten verrechnet.
From: Santagati, Eva Anna (Allianz Deutschland)
Sehr geehrte Frau Sternberger-Frey,
wir möchten uns herzlich für Ihren Hinweis bedanken.
In unseren Angeboten wird zwar die Veränderung des Eigenbeitrages ab Wegfall der Kinderzulage ausgewiesen, jedoch berechnete unser Programm das Garantiekapital lediglich aus dem zu Anfang vereinbarten Eigenbeitrag. Daher die Abweichungen zwischen den von Ihnen ermittelten und von uns gelieferten Werten.
Wir haben daher die drei von Ihnen genannten Modellfälle nochmals "von Hand" nachgerechnet.
Schlammschlacht 2
Auch im Vertrieb kämpft die Allianz offenbar mit harten Bandagen, wie uns einige ältere Pensionskassen bereits beim Test Pensionskassen berichteten. In einem uns zugespielten Informationsblatt für "Konzern- und Firmenkunden" vergleicht der Konzern zum Beispiel regulierte und deregulierte Pensionskassen - und kommt dabei zu dem Ergebnis: "Deregulierte Kassen bieten erhebliche Vorteile." Deregulierte Pensionskassen, zu denen auch die Allianz Pensionskasse gehört, hatten in unserem Test dagegen wesentlich schlechter abgeschnitten als regulierte, die meist als Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (VVG) organisiert sind. Darüber hinaus behauptet die Allianz, regulierte Kassen wären nicht finanzstark, sondern hätten "oftmals stille Lasten", bei ihnen sei "keine chancenorientierte Kapitalanlage möglich" und die "langfristige Erfüllbarkeit der Leistungen sei nicht gesichert". Gegen solche und ähnliche Behauptungen des Allianz-Vertriebs haben sie einige regulierte Kassen bereits erfolgreich vor Gericht gewehrt und einstweilige Verfügungen erstritten. Die angeblichen Probleme sollten die Allianz-Mitarbeiter aufhorchen lassen. Denn die Allianz wickelt die Altersvorsorge ihrer eigenen Mitarbeiter über eine regulierte Kasse ab, die Allianz Versorgungskasse VVaG. Sollte die ihre Verpflichtungen nicht erfüllen können, sähe es auch für Mitarbeiter der Dresdner Bank schlecht aus. Sie wurden 2007 in die Allianz Versorgungskasse aufgenommen.