Kaum jemand kommt durchs Jahr, ohne zumindest einmal von einer Erkältung heimgesucht zu werden. Über kontaminierte Hände oder beim Niesen, Husten oder auch Sprechen werden die Erreger verteilt, die den grippalen Infekt verursachen. Über 200 verschiedene Virustypen können die typischen Erkältungssymptome auslösen. Dabei ähneln sich die Symptome so sehr, dass es nicht möglich ist, auf das konkret verursachende Virus zurückzuschließen.
Um die Symptome zu lindern, bieten sich abschwellende Nasentropfen, Hustensäfte, Erkältungsbäder und -balsame an.
Erkältungsbalsame im Test: Welche überzeugen?
Bei Erkältungsbalsamen handelt es sich um halbfeste Zubereitungen aus zumeist in Paraffin oder Vaseline gelösten ätherischen Ölen wie Eukalyptusöl, Nadelholzölen, Pfefferminzöl und Kampfer. Für diese Einreibungen und Inhalate haben die Verbraucher nach Angaben des Gesundheitsdienstleisters IMS Health zuletzt alljährlich rund 40 Millionen Euro in den Apotheken gelassen.
Grund genug für uns, die Mittel einmal näher unter die Lupe zu nehmen. Im ÖKO-TEST: 20 äußerlich anzuwendende Arzneimittel, die laut Gebrauchsinformation das Befinden "bei Erkältungskrankheiten der Luftwege (wie unkomplizierter Schnupfen, Heiserkeit, unkomplizierter Bronchialkatarrh)" oder "bei Erkältungskrankheiten der Atemwege mit zähflüssigem Schleim" verbessern sollen.
Die Anwendung von Erkältungsbalsamen stützt sich auf den volksmedizinischen Erfahrungsschatz. Inhaltsstoffe mit einem ungünstigen Nutzen-Risiko-Verhältnis oder potenziell allergener Wirkung und die zu bunte Mischung ätherischer Öle sorgen für das schlechte Abschneiden vieler Produkte. Am Ende gibt es nur je ein "sehr gut" und "gut".
Besserung der Beschwerden bei Erkältungskrankheiten
Bis heute existieren für die Balsame keine handfesten Wirksamkeitsbelege aus klinischen Studien. Für sie sprechen aber die langjährige Anwendung und zahlreiche Daten aus pharmakologischen Untersuchungen im Labor. Nach dem Auftragen auf Brust oder Rücken gelangen Teile der ätherischen Öle durch die Haut in den Blutkreislauf und von dort in die Bronchialschleimhaut. Ein nicht näher bekannter Prozentsatz verdampft auf der warmen Haut und kann eingeatmet werden.
Die Öle fördern die Durchblutung und können die Flimmerhärchen in Nase und Bronchien aktivieren. Menthol (Levomenthol, Pfefferminzöl) kann eine erleichterte Atmung vortäuschen, ohne dass die Nasenschleimhaut tatsächlich abschwillt. Gleiches gilt für Cineol, das 80 bis 90 Prozent des Eukalyptusöls ausmacht. Cineol wirkt schleimlösend.
Da Erkältungsbalsame ohnehin nicht die Heilung einer Erkältung, sondern lediglich die Besserung der Beschwerden bei Erkältungskrankheiten der Atemwege beanspruchen, stufen wir die Wirksamkeit für die unterstützende Behandlung als belegt ein. Die Erkältungsdauer lässt sich mit ihnen nicht verkürzen.
Erkältungsbalsame im Test: Was fällt auf?
- Das Befinden lässt sich bei Erkältungskrankheiten durch das Zusammenmischen möglichst vieler ätherischer Öle nicht weiter verbessern. Auch um die Gefahr von Wechsel- und Nebenwirkungen möglichst gering zu halten, sollten die Balsame daher recht einfach zusammengesetzt sein. Für die Verwendung von mehr als drei ätherischen Ölen gibt es daher Notenabzug.
- Der Einsatz des Terpens Kampfer gilt als umstritten. In größeren Mengen aufgenommen, zum Beispiel bei großflächiger Anwendung auf der Haut oder bei versehentlichem Verschlucken, wirkt der Stoff giftig. Wir werten Kampfer daher um zwei Noten ab.
- Ein natürlicher Bestandteil vor allem von Nadelholzölen ist das Allergen Delta-3-Caren. Mit Ausnahme von einem Erkältungsbalsam war es in allen Produkten mit Terpentin-, Koniferen-, Fichtennadel-, Kiefernnadel- oder Latschenkiefernöl nachweisbar – allerdings in sehr unterschiedlichen Mengen. Wir tolerieren bis zu 100 mg/kg.
- Basis der meisten getesteten Balsame sind die Erdölprodukte Paraffin oder Vaseline. Dass es auch anders geht, zeigen vier Produkte, bei denen die Wirkstoffe entweder in herkömmliches Öl (Triglyceride, Soledum Balsam 15 % Lösung) oder eine wässrige Emulgatormischung eingearbeitet wurden.
- Die umstrittenen PEG/PEG-Derivate haben wir hier nicht abgewertet, da sie dazu beitragen können, die ätherischen Öle durch die Haut zu schleusen.
- Ein Erkältungsbalsam im Test wird unter anderem mit Propylparaben konserviert, das im Verdacht steht, wie ein Hormon zu wirken.
Balsame nicht bei Kindern unter 2 anwenden
Gefahr für die Kleinen: Stark riechende Substanzen wie Kampfer, Menthol, Cineol und entsprechende Öle können bei Säuglingen und Kleinkindern zu einem Kehlkopfkrampf und Atemstillstand führen. Daher sollten Erkältungsbalsame grundsätzlich nicht bei Kindern unter zwei Jahren angewendet werden.
Ein Balsam im Test ist laut Gebrauchsinformation aber schon zur Anwendung bei Säuglingen ab sechs Monaten gedacht. Die Einschränkung, den Balsam bei Säuglingen bis zum vollendeten zweiten Lebensjahr nur auf dem Rücken anzuwenden, ist uns zu wenig, weshalb wir hier einen Deklarationsmangel sehen.
Wer an einer ausgeprägten Überempfindlichkeit der Atemwege (Asthma, Keuchhusten oder Pseudokrupp) leidet, darf die Erkältungsbalsame nicht anwenden. Es besteht die Gefahr, dass sich die Bronchialmuskulatur verkrampft.
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