Der Patient überlebte die Operation nur 18 Tage. Doch der südafrikanische Herzchirurg Christiaan Barnard, der 1967 erstmals ein menschliches Herz verpflanzte, wurde durch den gewagten Eingriff weltberühmt. Seit Anfang der 60er-Jahre hatte es immer wieder Versuche gegeben, die Organe Verstorbener zu transplantieren. Damals setzten die Ärzte ihre Hoffnung auf ein neues Serum namens ALG. Durch das Medikament gelang es, die natürliche Abstoßungsreaktion auf körperfremdes Gewebe zu unterdrücken. Allerdings konnte das geschwächte Immunsystem der Organempfänger nun auch Viren und Bakterien nicht mehr wirksam bekämpfen. Wer die Operation überlebte, starb bald darauf an einer unkontrollierbaren Infektion. Auch der südafrikanische Herzpatient erlag einer Lungenentzündung. Tatsächlich gab es in den Pionierjahren der Transplantationsmedizin nur eine einzige Organübertragung mit langfristigem Erfolg: Ein Mann erhielt 1954 die Nierenspende seines gesunden eineiigen Zwillingsbruders. Sein Körper akzeptierte das neue Organ, weil die Gewebeeigenschaften fast identisch waren. Der Patient starb acht Jahre später an einem Herzinfarkt.
Der eigentliche Durchbruch der Transplantationsmedizin kam Jahrzehnte später mit der Entdeckung des Wirkstoffs Ciclosporin. Das aus Pilzen gewonnene Medikament wurde zum ersten Mal 1978 eingesetzt. Es kann die Abstoßung von Spenderorganen gezielt hemmen, ohne das Abwehrsystem vollständig zu blockieren. Inzwischen sind weitere wirksame Mittel dazugekommen. Gleichzeitig versucht man, Spender und Empfänger mit möglichst ähnlichen Blutgruppen und Gewebemerkmalen zu ermitteln. Je größer die Übereinstimmung, desto geringer ist die Abstoßungsreaktion. Dennoch müssen Transplantierte lebenslang Medikamente nehmen, die das Immunsystem unterdrücken. Die Patienten sind deshalb auch wesentlich anfälliger gegen Infektionen. Aber sie können ein relativ normales Leben führen und haben gute Aussichten, etliche Jahre dazuzugewinnen.
Die Nachfrage steigt
Organtransplantationen gelten heute als ein Routineverfahren. 2010 wurden in Deutschland insgesamt 4.326 Organe von etwa 1.300 verstorbenen Spendern verpflanzt. Am häufigsten waren es Nieren, gefolgt von Lebern, Herzen, Lungen und Bauchspeicheldrüsen. Zehnmal wurde ein Dünndarm ersetzt. Der Höhenflug der Transplantationsmedizin zeigt sich paradoxerweise auch an den langen Wartelisten von Eurotransplant, einer Stiftung, die die Organe auf die Kliniken ihrer Mitgliedsländer verteilt. Je besser die Ergebnisse der Chirurgen, desto mehr Menschen werden dort gelistet. In Deutschland warten zurzeit 12.000 Kranke auf ein Ersatzorgan, zwei Drittel von ihnen hoffen auf eine neue Niere. Bis sie die ersehnte Spende bekommen, vergehen im Schnitt viereinhalb Jahre. Viele Schwerstkranke sterben während dieser Wartezeit.
Organe sind eine knappe Ressource. Das hat strukturelle Ursachen. Einerseits steigt die Nachfrage, weil die Menschen immer älter werden....