8 Zahnputz-Lernsets im Test

Nicht mundgerecht

ÖKO-TEST Jahrbuch Kleinkinder für 2013 | | Kategorie: Kinder und Familie | 11.01.2013

8 Zahnputz-Lernsets im Test

Scharfkantige Zahnbürstenborsten und bedenkliche Schadstoffe haben in Babys Mund nichts zu suchen. Deshalb raten wir von fünf Produkten im Test ab. Drei "sehr gute" Sets können wir empfehlen.

Mit speziellen Zahnputzlernsets sollen Kinder schon früh an das Zähneputzen herangeführt werden. Die Idee dahinter: Gegen Gegenstände, die sie sich selber in den Mund stecken, haben Kinder nichts einzuwenden, sondern finden sie besonders spannend. Die bald folgende Zahnbürste in der Hand der Eltern verliert dann hoffentlich ihren Schrecken.

Wegen dieser Vorteile hat Willi-Eckhard Wetzel, heute emeritierter Professor für Kinderzahnheilkunde an der Uni Gießen, den Herstellern vor 25 Jahren zugeraten, solche Produkte auf den Markt zu bringen. "Im vergangenen Jahrzehnt habe ich meine positive Einstellung dazu aber deutlich geändert", sagt der Experte für Zahnbürsten. "Ich bin Kunststoffteilen in Kindermündern gegenüber generell skeptischer geworden, weil man nie weiß, ob sie problematische Weichmacher oder andere gesundheitsgefährdende Stoffe enthalten."

Wir wollten wissen, ob Zahnpflegelernsets frei von Schadstoffen sind und ob die Babyzahnbürsten eine kindgerechte Form und Borstenqualität bieten.

Das Testergebnis

Bei dieser Produktgruppe liegt vieles im Argen, sowohl was die Inhaltsstoffe als auch was die Gebrauchseignung betrifft. Nur drei Sets sind "sehr gut". Alle anderen fallen mit "mangelhaften" und "ungenügenden" Ergebnissen durch.

"Das Ergebnis ist überdurchschnittlich schlecht im Vergleich zu meinen bislang durchgeführten Zahnbürstenstudien", wundert sich Professor Martin Jung, der an der Universität Gießen die Gebrauchseignung der zu den Sets gehörenden Zahnbürsten für uns untersucht hat. "Bei der Abrundung der Borstenenden fehlt es an der nötigen Sorgfalt." Scharfkantige oder spitze Borstenenden sind eine Verletzungsgefahr fürs Zahnfleisch. Beim Baby-Nova Zahnputzlernset ist sage und schreibe keine einzige der untersuchten Borsten von akzeptabler Qualität. Positiv überzeugen konnten in diesem Punkt nur die Zahnbürsten aus dem MAM Learn to Brush Set und dem Babydream Zahnputz-Lernset.

Bei den Griffen haben die Hersteller mitgedacht und sie kindgerecht kompakt gestaltet. Von der Form der Zahnbürstenköpfe kann man das in einigen Fällen nicht behaupten: Bei der Nuby Zahnbürste 3m+ ist das Bürstenfeld schlicht zu groß für Babymünder. Weniger gravierende Kritikpunkte waren Bürstenköpfe, die nicht schräg abgewinkelt waren, um das Putzen der hinteren Seitenzähne zu erleichtern.

Hauptproblem bei den Inhaltsstoffen sind polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Im Reer Lern-Zahnbürstenset und im Babylove Zahnputzlernset von Dm hat das von uns beauftragte Labor unter anderem mehr als 200 Mikrogramm pro Kilogramm (µg/kg) der Verbindung Naphthalin nachgewiesen - und das in Mundstücken.

Im Babylove Zahnputzlernset wurden außerdem kürzerkettige Kohlenwasserstoffe nachgewiesen. Diese Mineralölbestandteile sind zuletzt als mögliches Problem in Lebensmitteln in den Fokus geraten. Quelle sind wahrscheinlich Druckerfarben in den Pappkartons. Kürze...

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

So haben wir getestet

Der Einkauf

Zahnputzlernsets richten sich an Eltern mit Babys kurz vorm und beim Durchbruch der ersten Milchzähne. Bevor die Feinmotorik so weit ist, dass sie das Zähneputzen wirklich lernen können, werden zwar noch Jahre vergehen, aber das Ziel ist zunächst mal, die Kinder an zahnbürstenähnliche Gegenstände im Mund zu gewöhnen. Dazu dienen in den Sets der Teil mit dem Massagekopf und der Teil mit dem Mundstück mit Kunststoffborsten. Dritte im Bunde ist meistens eine "normale" Babyzahnbürste, mit der die Eltern die ersten Zähnchen putzen können. Wir haben acht Zahnputzlernsets zu Preisen von drei bis sechs Euro eingekauft, vor allem in Drogerien und Kaufhäusern. Von der Firma MAM haben wir nur ein Set aus zwei Zahnbürsten gefunden, von denen eine mit langem Griff für die Eltern und eine fürs Kind gedacht ist. Der Massagekopf steckt am Ende der Bürste. Bei der Marke NUK ist keine Babyzahnbürste mit im Lernset, sondern wird einzeln angeboten.

Die Gebrauchseignung

Für Kinderzahnbürsten gibt es klare Qualitätskriterien. So muss der Stiel eine kompakte Form haben, damit Kinder ihn gut per Faustgriff halten können. Der Bürstenkopf muss klein genug und vorne möglichst abgerundet sein. Und besonders wichtig, um Verletzungen am Zahnfleisch vorzubeugen, sind gut abgerundete Borstenenden. Professor Martin Jung von der Poliklinik Zahnerhaltungskunde und Präventive Zahnheilkunde der Universität Gießen beurteilte für uns den Aufbau der Zahnbürste und untersuchte die Borstenendabrundungen unter dem Mikroskop. Die Bilder zeigen das in dieser Hinsicht beste (rechts) und eines der beiden schlechtesten (links) Produkte.

Die Inhaltsstoffe

In unseren Tests von Kinder- und Babyprodukten mit weichen Kunststoffbestandteilen stoßen wir immer wieder auf erstaunlich hohe Schadstoffgehalte. Wenn, wie bei den Zahnputztrainern, das Kunststoffteil auch noch dafür bestimmt ist, von den Babys in den Mund genommen zu werden, interessiert umso mehr, wie es um die Qualität des Materials bestellt ist. Nicht nur die inzwischen in Babypflegeartikeln und Kinderspielzeug verbotenen Phthalate sind nach Erfahrung von ÖKO-TEST nach wie vor ein Problem. Es können auch Weichmacheröle eingesetzt worden sein, die krebserregende polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) enthalten. Bei der Analyse dieser Inhaltsstoffe haben wir uns auf die Mundstücke konzentriert. Manchmal ist das gleiche Material auch an den Griffen verarbeitet. Wir haben außerdem in allen Teilen nach umweltschädlichem PVC-Kunststoff und Schwermetallen fahnden lassen.

Die Bewertung

Auch wenn ein gesetzlicher Grenzwert für PAK in Gebrauchsgegenständen bisher fehlt: Diese Stoffe sollten gerade in Babyprodukten so weit wie irgend möglich reduziert werden. Wir bewerten sie daher streng. Des Weiteren gibt es keinen vernünftigen Grund, weshalb die Borsten von Babyzahnbürsten schlechter abgerundet sein sollten als die von Zahnbürsten für Erwachsene - ganz im Gegenteil! Da Zahnbürste und Zahnputztrainer in einer gemeinsamen Verpackung als ein Produkt verkauft werden, schlagen Mängel an den Einzelteilen voll auf das Gesamturteil durch.

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