Feuchttücher-Test: Wie schneiden Pampers, Lillydoo, Hipp und Co. ab?

Magazin Oktober 2024: Haferflocken | Autor: Michelle Sensel/Birgit Hinsch/Rebecca Welsch | Kategorie: Kinder und Familie | 26.09.2024

Feuchttücher im Test: Wir haben 37 parfümfreie Baby-Feuchttücher getestet.
Foto: ÖKO-TEST

Ein Kind im Windelalter benötigt etwa 11.000 Feuchttücher. Grund genug, sich genauer anzuschauen, was da eigentlich an die Babyhaut kommt. Wir haben 37 parfümfreie Feuchttücher getestet. Viele sind empfehlenswert – doch wir sind auch auf kritische Stoffe gestoßen. Und ein Dauerthema bleibt: die richtige Entsorgung. 

  • Im Test: 37 parfümfreie Baby-Feuchttücher, darunter zwei zertifizierte Naturkosmetikprodukte. 
  • Die Mehrzahl der Feuchttücher im Test ist "sehr gut".
  • In der Kritik stehen PEG- und halogenorganische Verbindungen sowie fragwürdige Werbeversprechen.
  • Wichtig: Gebrauchte Feuchttücher gehören in den Restmüll, nicht in die Toilette. Wer der Umwelt etwas Gutes tun will, greift lieber zum Waschlappen.

Wenn die Windel voll ist, ist das Zuhause meist kein Problem: Mit einem Waschlappen lässt sich die empfindliche und durchlässige Babyhaut am schonendsten reinigen. Und auch der Umwelt tut man einen Gefallen, indem man Restmüll vermeidet. Doch unterwegs ist es nicht immer möglich. Oft sind Feuchttücher auf Reisen noch immer die einfachste Lösung, um den Kinderpo schnell zu säubern. 

So ist es kein Wunder, dass 96 Prozent aller Eltern in einer Statista-Umfrage angeben, Feuchttücher zu benutzen. Beim Kauf der Tücher sollte man auf die Inhaltsstoffe achten. Denn die falschen Substanzen im Feuchttuch führen schnell zu gereizter Haut oder Allergien

Pampers, Lillydoo und Hipp: Feuchttücher im Test

Deshalb haben wir 37 Produkte unter die Lupe genommen. Die Auswahl ist auf parfümfreie Tücher beschränkt. Für die sensible Kinderhaut gibt es gute Nachrichten: Wir können die Mehrzahl der Feuchttücher im Test empfehlen. Manche Produkte schneiden jedoch nur mittelmäßig ab, und eine Packung Feuchttücher fällt mit "mangelhaft" durch.

Insgesamt fällt positiv auf, dass viele Feuchttücher im Test keine kritischen Inhaltsstoffe enthalten. So ließen wir zum Beispiel Babyfeuchttücher mit Pflanzenextrakten, die allergieauslösende ätherische Öle enthalten könnten, auf Duftstoffallergene untersuchen – ohne Befund.

Babyfeuchttücher sind praktisch für unterwegs, aber nicht gerade umweltfreundlich.
Babyfeuchttücher sind praktisch für unterwegs, aber nicht gerade umweltfreundlich. (Foto: sdf_qwe/Shutterstock)

Mikrobiologische Untersuchung blieb unaufällig

Erfreulich ist außerdem, dass das Labor nicht auf Formaldehyd/-abspalter gestoßen ist. Formaldehyd galt früher als wirksamer Bakterienkiller, seit 2019 ist der Konservierungsstoff aber in der EU in Kosmetik verboten. Der Grund: Der Stoff kann Allergien auslösen und gilt als krebserregend. Weiterhin erlaubt bleiben allerdings Formaldehydabspalter – Stoffe, die Formaldehyd in gebundener Form enthalten und es nach und nach freisetzen können.

Immerhin: Kosmetika mit diesen Stoffen müssen den Hinweis "spaltet Formaldehyd ab" tragen, sofern die Gesamtkonzentration 0,001 % (10 ppm) überschreitet. Produkte, die bereits im Handel sind und keinen Hinweis tragen, dürfen noch bis Ende Juli 2026 abverkauft werden.

Generell setzen die Hersteller der Feuchttücher im Test auf weniger kritische Konservierungsstoffe. Denn ganz ohne Konservierungsstoffe kommen die Feuchttücher nicht aus. Im feuchtem Milieu der Tücher bilden sich schließlich schnell Keime oder Schimmel. Doch trotz der hohen Wassergehalte und der damit verbundenen Gefahr, dass sich Keime bilden, war die mikrobiologische Untersuchung aller Produkte im Test unauffällig. 

Unerwünschte Stoffe in Feuchttüchern für Babys 

Dennoch haben wir im Test von Babyfeuchttüchern Inhaltsstoffe entdeckt, die wir kritisieren. Dabei handelt es sich um diese Stoffe:

  • PEG-Verbindungen: Einige dieser Verbindungen können die Haut durchlässiger für Fremdstoffe machen. Aus unserer Sicht ist das vor allem im Windelbereich von Babys ein No-Go.
  • Halogenorganische Verbindungen: Manche Vertreter dieser großen Stoff-Gruppe gelten als krebserregend, viele als allergieauslösend und fast alle als umweltschädigend. Deshalb werten wir sie ab. 
Feuchttücher im Test: Ergebnisse als ePaper kaufen

Feuchttücher sind nicht umweltfreundlich 

Seit 2021 sind Plastik-Einwegprodukte in der EU eigentlich verboten. Feuchttücher zählen zu den Ausnahmen. Sie müssen aber das EU-Plastikwarnlabel tragen, das eine leblos im Meer treibende Schildkröte und eine durchgestrichene Toilette zeigt.

Um Plastik als Einwegprodukt zu vermeiden und das Gewissen der Eltern zu erleichtern, setzen immer mehr Produzenten bei der Herstellung von Feuchttüchern auf Fasern aus nachwachsenden Rohstoffen. Grundsätzlich ist das gut – wir werten es nicht ab, wenn Hersteller darauf hinweisen, dass ihre Produkte aus natürlichen Rohstoffen bestehen.

Doch die natürlichen Rohstoffe ändern nichts daran, dass die Feuchttücher nach einmaliger Nutzung im Müll landen. Dies kann nicht umweltfreundlich sein. Zu Notenabzug kommt es jedoch bei zwei Produkten. Diese werben auf der Verpackung mit den Aussagen "umweltschonendes Tuch" und "ocean friendly". Uns fehlt eine nachvollziehbare Erklärung dafür auf dem Produkt, deshalb werten wir diese ab. 

Auch wenn sie den Aufdruck "kompostierbar" haben – Feuchttücher gehören nicht auf den Kompost
Auch wenn sie den Aufdruck "kompostierbar" haben – Feuchttücher gehören nicht auf den Kompost (Foto: Bogdan Sonjachnyj/Shutterstock)

Kritik an fragwürdigen Werbeversprechen 

Ein weiters Werbeversprechen, das wir kritisch sehen, betrifft die Kompostierbarkeit: In unserem Test werben sieben Feuchttücher-Packungen mit biologischer Abbaubarkeit, Kompostierbarkeit oder ähnlichen Auslobungen. Wie groß der ökologische Nutzen dieser Produkte ist, gilt jedoch als umstritten. Die Aussagen suggieren, dass man die Feuchttücher einfach in die Toilette, auf den Biomüll oder den Kompost werfen könne.

Dies ist jedoch nicht der Fall. Denn wie das Umweltbundesamt (UBA) erklärt, setzen Prüfmethoden zum biologischen Abbau lediglich voraus, dass das Material bis zu einer bestimmten Faserlänge zerfällt. Es muss nicht vollständig abgebaut werden.

So verweisen einige Anbieter auf die Norm DIN EN 13432. Diese besagt, dass nach drei Monaten in einer industriellen Kompostierungsanlage und anschließendem Sieben bis zu zehn Prozent Rückstände zurückbleiben dürfen. Diese Zeitspanne ist jedoch deutlich zu lang für die meisten Kompostierungsanlagen.

Hinweis "biologisch abbaubar" missverständlich

Außerdem bleibt die Frage, was mit den Rückständen passiert. Deshalb werden Feuchttücher, die in die Biotonne geworfen wurden, in der Regel aufwendig aussortiert und verbrannt. Auf dem heimischen Kompost ist der vollständige Abbau ebenfalls nicht sichergestellt. Ist das Tuch mit einer pflegenden Lotion getränkt, könnte es den Kompost verunreinigen. Und Fäkalien gehören laut UBA weder in den Biomüll noch auf den Kompost.

Durch Hinweise wie "biologisch abbaubar" oder "kompostierbar" wird nicht unbedingt über die richtige Entsorgung aufgeklärt. Feuchttücher gehören immer in den Restmüll – egal was auf der Packung steht. 

Feuchttücher mit Parfüm im Test

2023 haben wir Babyfeuchttücher mit Parfüm getestet. Kein einziges Produkt schnitt damals mit Bestnote ab. Immerhin: Zehnmal vergaben wir das Gesamturteil "gut". Neben unerwünschten Stoffen kritisierten wir auch hier die Deklarierung "biologisch abbaubar". Denn wir finden, dass solche Aussagen einen falschen Eindruck erwecken können. Der Test ist zuletzt in unserem Spezial Schwangerschaft 2024 erschienen.

Mehr dazu lesen Sie hier:

Waschlappen sind besser 

Nicht nur auf dem Kompost oder im Biomüll macht die Entsorgung von Feuchttüchern Probleme: Seit Jahren legen Tücher, die in die Toilette geworfen werden, Abwasserpumpen lahm. Die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft schätzt die dadurch entstehenden Kosten auf einen höheren dreistelligen Millionenbetrag. Dieser wird eingepreist und treibt die Abwassergebühren in die Höhe. Denn die Reinigung der Pumpen ist arbeitsintensiv, da diese aufwendig auseinandergebaut und von Hand gereinigt werden müssen.

Dabei scheint es egal zu sein, ob die Tücher aus Plastik bestehen oder als "biologisch abbaubar" ausgelobt sind. Knackpunkt ist, dass sie reißfest sind. "Von der Nutzung der Feuchttücher bis zur Kläranlage vergehen nur wenige Stunden", heißt es dazu vom Umweltbundesamt. In dieser kurzen Zeitspanne könne kein biologischer Abbau stattfinden. 

Es bleibt also dabei: Feuchttücher sind zwar praktisch, ein feuchter Waschlappen wäre aber die bessere Lösung, auch für den Babypo. 

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Wir haben 37 parfümfreie Baby-Feuchttücher in Drogerien, (Bio-)Supermärkten und im Onlinehandel eingekauft, darunter zwei zertifizierte Naturkosmetikprodukte.

Die Preise rechneten wir für alle Produkte einheitlich um: 80 Stück der günstigsten Feuchttücher gibt es bereits für 0,86 Cent, für die teuersten zahlt man 4,98 Euro. Die von uns beauftragten Labore untersuchten Feuchttücher mit Pflanzenextrakten, die ätherische Öle enthalten könnten, auf deklarationspflichtige allergene Duftstoffe – ohne Befund. Mikrobiologisch war alles in Ordnung, Formaldehyd/-abspalter und Parabene wurden nicht gefunden, die eingesetzten Konservierungsstoffe überschritten die in der EU-Kosmetikverordnung festgelegten Grenzwerte nicht. Eine weitere Analyse galt halogenorganischen Verbindungen. Anhand der Deklaration erfassten wir Silikonverbindungen und PEG/ PEG-Derivate. Die Verpackungen ließen wir auf PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen überprüfen.

Die Anbieter fragten wir zum einen danach, ob sie nennenswerte Anteile an Recyclingmaterial für die Verpackung verwenden, und baten sie dafür um Belege. Zum anderen wollten wir von ihnen das Tuchmaterial wissen, falls sich keine konkrete Angabe dazu fand. Dieses wurde als Information in der Tabelle aufgenommen. Bei Produkten mit Auslobungen wie "biologisch abbaubar" oder Ähnlichem baten wir die Anbieter um Nachweise. Bei Feuchttüchern mit Plastik erfassten wir, ob das von der EU vorgeschriebene Warnlabel für kunststoffhaltige Einwegprodukte aufgedruckt war.

Zudem sahen wir uns auf den Verpackungen abgebildete Hinweise zur korrekten Entsorgung der Feuchttücher sowie sonstige Auslobungen genauer an.

Bewertungslegende

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen fest[1]gelegt, zugrunde gelegt werden die gemessenen Gehalte. Steht bei konkret benannten Analyseergebnissen "nein", bedeutet das "unterhalb der Bestimmungsgrenze" der jeweiligen Testmethode. Aus rechtlichen Gründen weisen wir darauf hin, dass wir die Wirkungen der Produkte nicht überprüft haben.

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führen zur Abwertung um jeweils zwei Noten: a) PEG/PEG-Derivate; b) halogenorganische Verbindungen.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führen zur Abwertung um jeweils zwei Noten: a) Auslobungen die nahe legen, dass ein Babyfeuchttuch vollständig biologisch abbaubar oder kompostierbar sei; b) fehlende Kennzeichnung, dass das Produkt nicht in der Toilette entsorgt werden darf. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) ein Anteil von Rezyklaten (Post-Consumer-Rezyklat, PCR) von weniger als 30 Prozent in Relation zum Gesamtgewicht der Kunststoffverpackung und/oder keine Angabe; b) eine Umweltauslobung ohne ausreichende Erklärung dazu auf dem Produkt; c) Weiterer Mangel: Werbung mit "hypoallergen" auf einem Produkt, dessen INCI einen potenziell allergenen Inhaltsstoff beinhaltet.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "mangelhaft" ist, verschlechtert das Gesamturteil um zwei Noten. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" oder "ausreichend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "gut" ist, verschlechtert das Gesamturteil nicht.

Testmethoden

Konservierungsstoffe: LC-UV. Analyse auf Parabene, Kaliumsorbat, Natriumbenzoat, Phenoxyethanol, Dehydracetsäure.
Halogenorganische Verbindungen: a) Heißwasserextraktion mit anschließender Zentrifugation und Membranfiltration, Festphasenextraktion (SPE), Binden der organischen Halogene an Aktivkohle, Verbrennung der Aktivkohle im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts; b) Extraktion mit Essigester, Verbrennung des Extrakts im Sauerstoffstrom, microcoulometrische Bestimmung des Halogengehalts.
Formaldehyd/-abspalter: Saure Wasserdampfdestillation, Derivatisierung mit Acetylaceton, Ausschütteln mit n-Butanol und Bestimmung mittels Fotometrie.
Mikrobiologische Prüfung gemäß DIN EN ISO 17516: Ph. Eur. aktuelle Ausgabe, 2.6.12 und 2.6.13. Weitere Keime: Pseudomonas aeruginosa, Staphylococcus aureus, Candida albicans, E. coli.
Deklarationspflichtige Duftstoffe: DIN EN 16274:2021-11 (mod.), GC-MS; nach Zugabe von Wasser und organischem Lösungsmittel werden die Allergene durch Flüssig-Flüssig-Extraktion aus den Proben extrahiert. Ein Aliquot des organischen Extrakts wird mit GC-MS analysiert.
PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung: Röntgenfluoreszenzanalyse.

Einkauf der Testprodukte: Juni – Juli 2024.

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