- Wir haben 20 Multivitaminpräparate geprüft, die "Kinder", "Junior", "Kids" oder "Family" im Namen tragen oder als "für Kinder geeignet" ausgelobt sind.
- Viele der untersuchten Nahrungsergänzungsmittel für Kinder sind aus unserer Sicht zu hoch dosiert.
- Mit "mangelhaft" oder "ungenügend" fallen 15 von 20 Produkten durch.
Aktualisiert am 5.12.2024 | Vitamin ist nicht gleich Vitamin. Rein chemisch gesehen sind Vitamine in Nahrungsergänzungsmitteln und natürlichen Lebensmitteln zwar gleich aufgebaut. Aber: Vitamine in Vitaminpräparaten sind nur selten natürlichen Ursprungs. Meist handelt es sich um künstlich hergestellte oder mithilfe gentechnisch veränderter Bakterien gewonnene Stoffe.
Anhand der Zutatenliste lässt sich erkennen, ob in einem Nahrungsergänzungsmittel Vitamine synthetischen oder natürlichen Ursprungs enthalten sind. Während Erstere meist schlicht "Vitamin C" heißen, steht bei Letzteren ihr Ursprung in der Inhaltsstoffliste, zum Beispiel Fruchtpulver.
Nahrungsergänzungsmittel für Kinder im Test
Vitamine und Mineralstoffe aus der Nahrung haben im Vergleich dazu viele Vorteile. Denn häufig ist es das Zusammenspiel von Vitaminen, Mineralstoffen und anderen in Lebensmitteln vorkommenden Verbindungen, wie sekundären Pflanzenstoffen oder gesunden Fettsäuren, die die gesundheitsfördernde Wirkung ausmachen.
Dennoch gibt es auf dem Markt viele Nahrungsergänzungsmittel – selbst für Kinder. Solche haben wir in diesem Test unter die Lupe genommen. Genau gesagt, haben wir 20 Multivitaminpräparate überprüft. Sie alle tragen "Kinder", "Junior", "Kids" oder "Family" im Namen oder sind als "für Kinder geeignet" ausgelobt.
Vitamine für Kinder: Präparate oft hoch dosiert
Was ist im Test aufgefallen? Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat Empfehlungen herausgegeben, wie hoch die Zufuhr an Vitaminen und Mineralstoffen pro Tag für Kinder unterschiedlicher Altersgruppen sein sollte – aus Nahrungsmitteln wohlgemerkt.
Dreiviertel der Produkte im Test überschreiten mit einem oder mehreren Bestandteilen diese Referenzwerte der DGE für eine oder mehrere Altersgruppen. Mehr Vitamine oder Mineralstoffe aus Pillen, als Ernährungsexperten es für die Aufnahme aus Nahrung empfehlen? Das bedeutet: Viele Multivitaminpräparate sind aus unserer Sicht zu hoch dosiert.
Umstrittene Zusatzstoffe in Multivitaminprodukten entdeckt
Außerdem liefern manche Pillen und Bärchen im Test umstrittene Zusatzstoffe:
- Carboxymethylcellulose: Die Verbindung hat in Tierversuchen zu Darmentzündungen geführt.
- Phosphatverbindungen: Zu viel Phosphat kann die Nieren belasten.
- Süßstoffe: Sie geraten immer stärker in Verruf, weil sie mit der Entstehung von Übergewicht und einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung gebracht werden. Eine 2023 erschienene Studie des Leibniz-Instituts weist einen Einfluss auf Immunzellen nach.
BfR-Empfehlungen für Höchstmengen
Auch die Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln und angereicherten Lebensmitteln selbst sind nicht immer frei von Risiken. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) warnt in einer Stellungnahme zu Nahrungsergänzungsmitteln und angereicherten Lebensmitteln zumindest davor, dass das gesundheitliche Risiko steige, wenn hoch dosierte Vitaminpräparate ohne ärztliche Empfehlung eingenommen werden.
Um einer Überversorgung vorzubeugen, hat das BfR daher Vorschläge für Höchstmengen in entsprechenden Produkten entwickelt. Diese berücksichtigen bereits über die Nahrung aufgenommene Vitamine und Mineralstoffe und geben den maximalen Restbedarf an.
Die Werte beziehen sich auf Personen ab 15 Jahren, Vorschläge für kleinere Kinder gibt es bislang nicht. Wir haben deshalb für den Vergleich mit den BfR-Empfehlungen die höchste angegebene Tagesdosis zugrunde gelegt.
Zu viel Vitamin A und B6 in Multivitaminprodukten
Ergebnis: Rund die Hälfte der getesteten Vitaminprodukten für Kinder hält die Höchstmengenvorschläge des BfR nicht ein.
So liegt die Menge des enthaltenen Vitamins A in drei Produkten über dem BfR-Höchstmengenvorschlag. Das Problem: Vitamin A reichert sich im Körper an. Wird das Vitamin zusätzlich in hohen Mengen über Nahrungsergänzungsmittel aufgenommen, kann es zu einer Überversorgung kommen. In der Folge können Symptome wie Juckreiz oder Kopfschmerzen auftreten.
Einmal bemängeln wir Eisen in einer Menge, die den BfR-Höchstmengenvorschlag übersteigt. Denn zu viel Eisen kann Durchfall und Übelkeit verursachen. Kritisch sehen wir auch enthaltenes Kupfer. Das sollte wegen unerwünschter Effekte auf die Leber laut BfR gar nicht in Nahrungsergänzungsmitteln für Kinder enthalten sein.
Etliche Multivitaminprodukte im Test enthalten zudem zum Teil deutlich mehr Vitamin B6, als das BfR laut einer aktualisierten Stellungnahme vom 22. Februar 2024 empfiehlt.
Nahrungsergänzungsmittel für Kinder bei ÖKO-TEST
All diese Kritikpunkte haben zur Folge, dass 15 Multivitaminprodukte in Form von Bärchen, Fruchtgummis, Lutschtabletten und Co. in unserem Test mit "mangelhaft" oder "ungenügend" abschneiden.
Die detaillierten Ergebnisse zu allen Produkten im Test und den Standpunkt von ÖKO-TEST zu Nahrungsergänzungsmitteln für Kinder lesen Sie in unserem ePaper: Multivitaminpräparate für Kinder im Test.
Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 2/2024 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kinder und Familie für 2025 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.
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