Untersuchungen beim Gynäkologen
Gute Hoffnung reicht nicht mehr
Fast alle Schwangeren nutzen heute vorgeburtliche Checks, die medizinisch unnötig wären. Absolute Gewissheit über die Gesundheit des Ungeborenen gibt es aber trotz immer genauerer Verfahren nicht.
Die meisten werdenden Eltern können es kaum erwarten, ihr Kind auf dem Ultraschallbildschirm zu sehen. Die Umrisse, das schlagende Herz: endlich ein sichtbarer Beweis, dass wirklich ein Baby im Mutterleib heranwächst. Doch Ultraschall ist mehr als Babyfernsehen, er ist ein pränataler Check. Mit seiner allgemeinen Einführung in den 70er-Jahren endete die Zeit, in der Schwangere einfach nur guter Hoffnung waren. In der sich die Frau zwar auch Sorgen machte, aber ihr nichts anderes übrig blieb, als darauf zu vertrauen, dass das Baby gesund ist. Heute kann das Ungeborene schon wenige Wochen, nachdem Ei- und Samenzelle miteinander verschmolzen sind, auf etliche Krankheiten und Behinderungen untersucht werden.
In Deutschland ist die medizinische Überwachung von Schwangerschaften besonders engmaschig. Die Mutterschaftsrichtlinien sehen je nach Dauer der Schwangerschaft zehn bis zwölf Vorsorgeuntersuchungen vor.
Und schließlich gibt es noch die pränatale Diagnostik, die sich vor allem auf die Suche nach Chromosomenunregelmäßigkeiten und Fehlbildungen des Kindes konzentriert. Im Unterschied zur Schwangerenvorsorge, die von den Krankenkassen bezahlt wird, gelten diese Verfahren als nicht für jede Schwangere medizinisch nötige Checks. Sie sind deshalb sogenannte individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL), die in der Regel von den Patientinnen selbst bezahlt werden müssen.
Dennoch nutzen fast alle Schwangeren diese Zusatztests. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung. Hierfür wurden Statistiken ausgewertet und etwa 1.300 Mütter befragt, die zwischen Ende 2013 und Ende 2014 entbunden haben. 99 Prozent dieser Frauen hatten Präventionsmaßnahmen außerhalb der Mutterschutzrichtlinien genutzt und mehr als 1.000 von ihnen bezahlten medizinische Checks aus eigener Tasche. "Pränataldiagnostik hat sich von einer Spezialuntersuchung für wenige zu einem Instrument für alle entwickelt", stellt die Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Dr. Claudia Schumann, fest.
Zusätzliche Tests sind inzwischen die Regel
Die Zahlen zeigen: Pränataldiagnostik wird von Schwangeren mit einer komplett unauffälligen Schwangerschaft genauso oft in Anspruch genommen, wie von Frauen mit dem Verdacht auf Komplikationen. So ließen fast alle werdenden Eltern die kindlichen Herztöne abhören. Dieses CTG genannte Verfahren gehört aber nicht zu den Standardleistungen der vorgeburtlichen Versorgung und wird eigentlich nur bei spezieller Indikation empfohlen. Und knapp die Hälfte aller befragten Frauen nahm statt der drei vorgesehenen Ultraschalluntersuchungen zwölf...