Betreuung während und nach der Geburt
Hebamme verzweifelt gesucht
In manchen Städten und Regionen sind die Geburtshelferinnen über Monate ausgebucht. Wer sichergehen will, sollte sich so früh wie möglich um die wichtige Betreuung kümmern.
Tagelang hat Nadine Wohlfarth herumtelefoniert, aber auf der Suche nach einer Hebamme eine Absage nach der anderen kassiert. Sie war erst in der zwölften Woche, als eine Freundin sie auf den Betreuungsmangel aufmerksam machte. "Ich wusste bis dahin gar nicht, dass man sich so früh darum kümmern muss", erzählt die 31-Jährige, die in Karlsruhe lebt. Mit jeder Absage wuchs ihre Verzweiflung. Zum ersten Mal schwanger, die Familie weit weg: "Ich habe irgendwann Rotz und Wasser geheult", erinnert sie sich. "Die Angst, dass mein Freund und ich in der Anfangszeit auf uns allein gestellt sein würden, hat mir wirklich den Boden unter den Füßen weggezogen."
In Deutschland hat zwar jede Schwangere und Mutter einen gesetzlich garantierten Anspruch auf Unterstützung durch eine Hebamme - aber nicht wenige haben inzwischen große Probleme, eine zu finden. Es herrscht akuter Mangel, darauf weist der Deutsche Hebammenverband immer wieder hin. In Köln beispielsweise lehnt das Hebammennetzwerk 40 Prozent der akuten Wochenbettanfragen ab, besonders zu Ferienzeiten. Im Frühjahr hat Hebamme Christine Niersmann aus dem nordrhein-westfälischen Kerken auf Facebook sogar davor gewarnt, an Ostern Kinder zu zeugen: Weil die Babys rund um die Feiertage zur Welt kommen würden - eine Zeit, in der es noch schwieriger als ohnehin ist, Betreuung zu finden. Noch vor einigen Jahren hat es gereicht, wenn sich werdende Eltern in der 15. oder 16. Schwangerschaftswoche um eine Hebamme bemüht haben; inzwischen rufen viele an, sobald sie von ihrer Schwangerschaft erfahren.
Um Zahlen zu erheben und Gesellschaft und Politik auf die Problematik aufmerksam zu machen, erstellt der Berufsverband der Hebammen auf der Website unsere-hebammen.de eine Landkarte der Unterversorgung: Familien, die keine Unterstützung bei der Vorsorge, der Geburt oder der Wochenbettbetreuung gefunden haben, sind aufgefordert, dies online zu melden. Derzeit gibt es mehr als 15.000 Einträge, über 11.000 davon beziehen sich auf die Wochenbettbetreuung, also die ersten Wochen nach der Geburt. "Es gibt diesen Mangel, es wird überhaupt nicht übertrieben", betont Christel Scheichenbauer, freiberufliche Hebamme in Benningen bei Ludwigsburg und zweite Vorsitzende des baden-württembergischen Hebammenverbands auf Nachfrage. Viele Kolleginnen seien über Monate ausgebucht. Dabei ist es gar nicht mal so, dass die Anzahl an Hebammen zurückgegangen ist, sie ist offiziellen Zahlen zufolge zuletzt sogar leicht gestiegen. Doch viele der Frauen arbeiten nur in Teilzeit oder in geringfügiger Beschäftigung: weil sie oft selbst Familie haben, aber auch wegen der Arbeitsbedingungen. "Die Verweildauer im Beruf ist relativ kurz", bedauert...