Test Sonnencreme für Babys und Kinder: Verbotener Weichmacher DnHexP gefunden

Magazin Juni 2024: Mineralwasser | Autor: Franziska Blaum/Annette Dohrmann/Lena Wenzel | Kategorie: Kosmetik und Mode | 24.06.2024

Sonnencreme für Baby und Kind: Welche Produkte überzeugen im Test?
Foto: ÖKO-TEST

Sonnenschutz ist wichtig. Denn zu starke UV-Belastungen oder gar Sonnenbrände in der Kindheit erhöhen das Risiko, später an Hautkrebs zu erkranken. Wir haben 25 Sonnencremes für Babys und Kinder überprüft. Das Ergebnis: Acht sind mit Bestnote empfehlenswert. 

  • Wir haben 25 Sonnencremes für Babys und Kinder mit hohem und sehr hohem Lichtschutzfaktor (LSF 50/50+) getestet.
  • Sie müssen keine Kompromisse machen: Acht Kindersonnenschutzmittel sind mit "sehr gut" empfehlenswert.
  • Trotz der Debatte um Weichmacher in UV-Filtern und möglicher Bedenken: Verzichten Sie keinesfalls auf ausreichenden Sonnenschutz. UV-Strahlung ist schließlich die Hauptursache für die Entstehung von Hautkrebs.  

Es war ein medialer Aufreger im zeitigen Frühjahr: In Proben von Kinderurin war ein staatliches Untersuchungsamt auf das giftige Abbauprodukt eines Weichmachers gestoßen. Genauer: auf Mono-n-hexylphthalat (MnHexP), das im Körper aus verschiedenen Weichmachern entstehen kann.

Zu diesen gehört Di-n-hexylphthalat (kurz: DnHexP). Dabei handelt es sich um eine Substanz, die in der EU schon vor Jahren als "besonders besorgniserregend" eingestuft wurde und als Inhaltsstoff in kosmetischen Mitteln seit 2019 verboten ist. Klar, dass sich nicht nur Eltern besorgt fragten, wie das Abbauprodukt einer verbotenen Substanz in den Urin von Kindern gelangt – und, wie sich später herausstellte, auch in den von Erwachsenen.

Sonnencreme für Babys und Kinder im Test 

Als eine mögliche Quelle für die Belastung wurden schon früh Sonnencremes vermutet, die den UV-Filter Diethylamino hydroxybenzoyl hexyl benzoat (DHHB) enthalten, der mit dem verbotenen Weichmacher verunreinigt sein kann.

Da wir dazu viele Anfragen verunsicherter Eltern bekamen, haben wir 25 speziell für Kinder ausgelobte Sonnencremes und -sprays in verschiedenen Laboren umfangreich testen lassen – natürlich auch auf giftige und verbotene Weichmacher.

So viel vorab: Auch wir sind in einigen Produkten auf DnHexP gestoßen. Anlass für Panik geben die Funde jedoch nicht. Und sie sind erst recht kein Grund, aus lauter Bedenken auf konsequenten Sonnenschutz für (Kinder-)Haut zu verzichten.  

Kinder brauchen keine spezielle Sonnencreme, dafür eine mit hohem Lichtschutzfaktor (LSF 30 & 50), in sonnenreichen Regionen, am Wasser oder im Gebirge sogar mit sehr hoher Schutzwirkung (50+) – die kann dann die gesamte Familie nutzen.
Kinder brauchen keine spezielle Sonnencreme, dafür eine mit hohem Lichtschutzfaktor (LSF 30 & 50), in sonnenreichen Regionen, am Wasser oder im Gebirge sogar mit sehr hoher Schutzwirkung (50+) – die kann dann die gesamte Familie nutzen. (Foto: FotoDuets/Shutterstock )

Weichmacher DnHexP in Kindersonnencremes

Der verbotene Weichmacher DnHexP war tatsächlich nur in Sonnencremes für Babys und Kinder nachweisbar, die den UV-Filter DHHB enthalten. Siebenmal hat das von uns beauftragte Labor Rückstände nachgewiesen. Da DnHexP eine verbotene Substanz ist, werten wir selbst Spurengehalte ab.

Einige der Anbieter teilten uns mit, die DnHexP-Rückstände seien "technisch unvermeidbar". Neun Sonnencremes in unserem Test enthalten allerdings auch den UV-Filter DHHB, sind jedoch frei von DnHexP.

Um es nochmals zu betonen: Nach aktuellem Forschungsstand geht von den gefundenen DnHexP-Gehalten keine gesundheitliche Gefährdung aus. Ein kleines Kind müsste täglich mit mehr als einem Kilo des belasteten Sonnenschutzmittels eingeschmiert werden, um in die Nähe bedenklicher Aufnahmemengen über die Haut zu kommen.

Kritik an einem weiteren entdeckten Weichmacher 

Das gilt auch für die Spuren des verbotenen und als fortpflanzungsgefährdend eingestuften Weichmachers DEHP, die das Labor in zwei Sonnencremes für Babys und Kinder nachgewiesen hat.

Einer der betroffenen Anbieter hat auf unsere Ergebnisse hin eigene Analysen beauftragt. Diese hätten ergeben, dass die Phthalat-Rückstände aus der Verpackung der Produkte stammen. Das Unternehmen hat daraufhin umgehende Korrekturmaßnahmen angekündigt.

Sonnencreme fürs Kind im Test: Jetzt Ergebnisse als ePaper kaufen

Eine Kindersonnencreme enthält UV-Filter Octocrylen

Seit Jahren kritisiert ÖKO-TEST auch den chemischen UV-Filter Octocrylen – und inzwischen werben etliche Anbieter damit, dass ihre Sonnenschutzmittel frei von der Filtersubstanz sind.

Octocrylen steht im Verdacht, hormonell wirksam zu sein. Erschwerend kommt hinzu, dass sich daraus Benzophenon bilden kann. Dieses Abbauprodukt ist "als wahrscheinlich krebserregend beim Menschen" eingestuft und kann aufgrund seiner hormonähnlichen Wirkung vermutlich Schilddrüse und Fortpflanzungsorgane schädigen.

Umso unverständlicher, dass eine Kindersonnencreme im Test noch immer Octocrylen enthält. Der Lieferant des Produkts teilte uns mit, der getestete Sonnenschutz stamme aus Restbeständen und sei für die aktuelle Saison inzwischen mit neuer Rezeptur am Markt.

Sonnencremes für Babys und Kinder: Greenwashing im Blick 

Abgesehen von den umstrittenen UV-Filtern haben wir erfreulich wenig an den Kindersonnencremes auszusetzen. Vier der konventionellen Sonnencremes enthalten jedoch nach wie vor Kunststoffverbindungen wie synthetische Polymere. Deren langfristige Folgen für Mensch und Umwelt sind nicht ausreichend erforscht.

Darüber hinaus ärgern wir uns auch, wenn Hersteller grüne Versprechen machen, wie etwa das, dass die Sonnencreme besonders "korallenfreundlich" sei. Hintergrund ist, dass die Hersteller auf zwei ganz besonders korallenschädliche UV-Filter verzichten, was erst einmal gut ist.

Daraus aber einen Marketinggag zu machen und die Sonnencreme, die ja trotzdem andere Inhaltsstoffe wie etwa chemische UV-Filter in die Meere spült, im Umkehrschluss als "korallenfreundlich" zu bezeichnen, ist aus unserer Sicht nichts anderes als Greenwashing.

Kinder vor Sonne schützen: 5 Tipps 

  1. Textilien bieten UV-Schutz: Am besten geeignet ist luftige Kleidung mit langen Ärmeln und Beinen aus dicht gewebtem Stoff. Dazu eine Kopfbedeckung – idealerweise mit Nackenschutz – und eine Sonnenbrille aufsetzen.
  2. Ab in den Schatten: Babys und Kleinkinder unter 2 Jahren möglichst gar nicht in die direkte Sonne lassen. Zwischen 11 und 15 Uhr ist es für alle Familienmitglieder ratsam, sich in den Schatten zurückzuziehen. Wenn Kinder draußen spielen, ein Sonnensegel über Planschbecken und Sandkasten spannen.
  3. Wolken nicht überschätzen: Zwischen April und September erreicht UV-Strahlung trotz Wolken oft unerwartet schnell Werte, die ungeschützte Haut schädigen kann. Ab UV-Index 3 ist Sonnenschutz angesagt.
  4. Großzügig nachcremen: Regelmäßig – alle zwei bis drei Stunden – und großzügig nachcremen. Das erhält die Schutzwirkung, verlängert sie aber nicht. Auch wasserfeste Produkte waschen sich nach und nach ab. Sonnencreme deshalb vor allem nach dem Baden und Trockenrubbeln "nachlegen".
  5. Rundum-Schutz: Auch wenn die Kleinen quengeln: Überall eincremen – und auch Stellen wie Fußrücken, Zehen oder Kniekehlen nicht vergessen.

Lese-Tipp: Kind eincremen: So klappt es ohne Tränen und Geschrei

(Foto: ÖKO-TEST)

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Im Test: 25 Kindersonnencremes – darunter zwei in Naturkosmetikqualität. Wir haben die speziell für Kinder ausgelobten Sonnenschutzmittel mit hohem und sehr hohem Lichtschutzfaktor (LSF 50/50+) in Drogerien, (Bio-)Supermärkten, Discountern und online eingekauft – für 200 ml Sonnencreme zahlten wir umgerechnet zwischen 4,73 und 36,38 Euro.

Anhand der Deklarationen erfassten wir chemische UV-Filter, PEG/PEG-Derivate, synthetische Polymere, Silikone, Paraffine, Aluminiumverbindungen, BHT, mineralische Substanzen wie Tonerde oder Kaolin sowie Verbindungen, die im Verdacht stehen, Nitrosamine zu bilden. Gegebenenfalls ließen wir die Produkte in spezialisierten Laboren auf Schwermetalle, N-Nitrosodiethanolamin, Benzophenon sowie ihren Gehalt an Paraffinen und Silikonen überprüfen. Analysiert wurden auch Formaldehyd/-abspalter, Phthtalate, der Silbergehalt, deklarationspflichtige Duftstoffe, die Allergien auslösen können, Moschusverbindungen und Cashmeran. Ebenfalls auf dem Prüfstand: der Nanogehalt mineralischer UV-Filter wie Titandioxid – in den betreffenden Sonnencremes waren sie korrekt ausgelobt.

Wir ließen die Verpackungen der Sonnenschutzmittel routinemäßig auf umweltschädigende chlorierte Verbindungen testen, erfreulicherweise ohne fündig zu werden. Außerdem fragten wir die Hersteller, ob sie für Ihre Kunststoffverpackungen Recyclingmaterial aus dem Wertstoffkreislauf verwenden und baten um entsprechende Belege. Zu guter Letzt nahmen wir auch das Kleingedruckte unter die Lupe. So überprüften wir die vom Industrieverband IKW vorgegebenen Warn- und Anwendungshinweise zur Prävention von Hautkrebs. Waren diese unvollständig, werteten wir das als weiteren Mangel. Ebenso, wenn die Hersteller Aussagen wie "korallenfreundlich" auf ihre Produkte gedruckt haben oder "klimaneutral" , ohne dies konkret zu erläutern.

Bewertungslegende 

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt.

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um jeweils vier Noten: ein gemssener Gehalt an DnHexP von mehr als 10mg/kg. Zur Abwertung um jeweils zwei Noten führen: a) Spuren von DnHexP; b) Spuren von DEHP in NATRUE-zertifizierten Produkten. Zur Abwertung um eine Note führt: ein bedenklicher UV-Filter (hier: Octocrylen).

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führen zur Abwertung um jeweils zwei Noten: a) synthetische Polymere als weitere Kunststoffverbindungen (hier: Acryl- und/oder Methacryl (Co- und Cross-)Polymere, VP/Hexadecene Copolymer; Triacontanyl PVP); b) Werbung "Ocean Respect" mit einem ungültigen Informationslink. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) ein Anteil von Rezyklaten (Post-Consumer-Rezyklat, PCR) von weniger als 30 Prozent in Relation zum Gesamtgewicht der Kunststoffverpackung oder keine Angabe hierzu oder kein ausreichender Nachweis auf unsere Anfrage hierzu; b) unvollständige oder fehlende eines oder mehrerer Anwendungs- und Warnhinweise nach den Empfehlungen des Industrieverbands Körperpflege- und Waschmittel (IKW) auf der Verpackung oder auf dem Beipackzettel: 1= Intensive Mittagssonne meiden. 2 = Vor dem Sonnen auftragen. 3 = mehrfach auftragen, um den Lichtschutz aufrecht zu erhalten, insbesondere nach dem Aufenthalt im Wasser. 4 = Sonnenschutzmittel großzügig auftragen. Geringe Auftragsmengen reduzieren die Schutzleistung. 5 = Babys und Kleinkinder vor direkter Sonneneinstrahlung schützen. 6 = Für Babys und Kleinkinder schützende Kleidung sowie Sonnenschutzmittel mit hohem Lichtschutzfaktor (LSF größer als 25) verwenden. 7 = Auch Sonnenschutzmittel mit hohen Lichtschutzfaktoren bieten keinen vollständigen Schutz vor UV-Strahlen; c) Umweltauslobung: Werbung mit Klimaneutralität, CO2-Neutralität oder einer missverständlichen CO2-Bilanz ohne ausreichende Information dazu auf dem Produkt (hier: klimaneutral; Plant for the Planet); d) Umweltauslobung: Werbung mit "korallenfreundlich" oder einer missverständlichen Ozeanfreundlichkeit auf einer Sonnencreme, die zwar auf die besonders korallenschädlichen UV-Filter Octinoxat und Oxybenzon verzichtet, aber andere Inhaltsstoffe wie etwa chemische UV-Filter enthält, die Wasserorganismen schaden können, wenn nicht bereits wegen Werbung "Ocean Respect" mit einem ungültigen Informationslink abgewertet wurde (hier: "Skin Protect Ocean Respect Eine öko-verantwortliche Vorgehensweise"; "korallenfreundlich").

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "ungenügend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um zwei Noten. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" oder "ausreichend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "gut" ist, verschlechtert das Gesamturteil nicht. Aus rechtlichen Gründen weisen wir darauf hin, dass wir die (vom Hersteller versprochenen) Wirkungen der Produkte nicht überprüft haben.  

Testmethoden 

Benzophenon: Extraktion mit THF/Methanol LC-MS/MS
Deklarationspflichtige Duftstoffe: DIN EN 16274:2021-11 (mod.), GC-MS.
Elemente: Totalaufschluss in der Mikrowelle, Bestimmung mittels ICP-MS.
Formaldehyd/-abspalter: saure Wasserdampfdestillation, Derivatisierung mit Acetylaceton, Ausschütteln mit n-Butanol und Bestimmung mittels Fotometrie.
Nanomaterial: SingleParticle ICP/MS nach Herstellung einer Dispersion mittels Ultraschall VialTweeter
N-Nitrosodiethanolamin: ISO 15819:2014 mod,; LC-MS/MS
Paraffine/Silikone: LC-RI nach Extraktion (ggf. GC-MS) oder LC-CG/FID (Paraffine).
Phthalate: SOP-Nr. 31:2019-02 (GC-MSD).
Polyzyklische Moschus- und Nitromoschus-Verbindungen/Cashmeran: Extraktion mit TBME, GC-MS.
PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen: Röntgenfluoreszenzanalyse.
Anwendungs- bzw. Warnhinweise gemäß IKW (Stand April 2022): Per Deklaration; https://www.ikw.org/fileadmin/IKW_Dateien/downloads/Schoenheitspflege/2022_IKW-Hinweise_zur_Wirksamkeit_und_zur_Auslobung_von_Sonnenschutzmitteln.pdf

Einkauf der Testprodukte: Februar - März 2024

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