Ratgeber: Hausreportage

Vom Minus zum Plus

Spezial Energie | | Kategorie: Bauen und Wohnen | 21.09.2017

Ratgeber: Hausreportage

Wenn Architekten für sich selbst bauen, wird es oft abgehoben und spleenig. Ganz anders bei diesem Projekt in Unterfranken: klare Formen, realistische Kosten und trotzdem ein Haus, das mehr Energie gewinnt als verbraucht. Davon können andere Baufamilien lernen, ohne selbst Lehrgeld zahlen zu müssen.

Die Idee wollte einfach nicht mehr raus aus dem Kopf von Andreas Miller: Wie wäre es, wenn das Haus der Familie selbst zur Energiequelle würde, statt immer nur Strom und Gas zu verschlingen? Wenn man mit selbsterzeugtem Strom sogar ein Elektroauto betreiben könnte? Und wenn das Ganze auch als Normalverdiener bezahlbar wäre. Wäre, würde, könnte: Aus der Idee wurde ein ganz reales Haus, und das steht heute im Städtchen Münnerstadt in Unterfranken.

Zugegeben, die Bedingungen für das 2011 umgesetzte Bauvorhaben waren anders als bei "normalen" Bauherren. "Zu der Zeit absolvierte ich gerade meine Fortbildung zum Passivhaus-Planer, da macht man sich natürlich intensiv Gedanken", sagt Andreas Miller beinahe entschuldigend. Zudem steuerte sein Bruder Daniel als Umwelttechniker gleich noch die Planung für die Haustechnik bei. "Wir wohnten noch in einer umgebauten Scheune. Die hatte viel Platz, aber auch einen hohen Energieverbrauch", erzählt Andreas Miller. Trotzdem nahmen er und Ehefrau Jeannette sich zwei Jahre Zeit, um nach einem passenden Bauplatz zu suchen, denn die hohen Ziele waren nur mit einem Neubau zu erreichen. Zudem war so genug Zeit, um den Traum vom Plusenergiehaus in allen Details zu durchdenken.

Denn vor sieben Jahren gab es lediglich erste Konzepte von Plusenergiehäusern und nur wenige gebaute Beispiele. "Wir hatten auch nicht die nahezu unbegrenzten Mittel anderer Pilotprojekte zur Verfügung, sondern ein festes Budget, das wir auf alle Fälle einhalten wollten", erinnert sich Andreas Miller. Und so dringt die Disziplin bei Planung, Finanzierung und Ausführung aus jeder Ritze des Hauses.

Da ist zunächst die einfache Form - ein konsequenter Kubus ohne Vorsprünge und Kanten. Das Pultdach weist nach Süden und überragt so die Kuppe des eigentlich ungünstigen Nordhangs, an dem das Haus liegt. "Ohne Befreiungen von den Vorgaben des Bebauungsplans bei Dachform und -neigung, zu denen wir auch das Okay der Nachbarn eingeholt haben, hätte das Konzept nicht funktioniert", ist sich Miller sicher. Das weit auskragende Dach bildet keinen nutzbaren Raum, sondern ist letztlich die mit einer Holzschalung verkleidete Aufständerung der Photovoltaikanlage. Die Dämmung liegt darunter, in der obersten Decke des Kubus. Wie bei Effizienz- und Passivhäusern üblich und notwendig, orientieren sich große Fenster nach Süden. Nach Norden hin sind sie deutlich kleiner - bei den Millers allerdings zumindest im Wohnzimmer immer noch größer als nach der Lehrmeinung üblich. Denn Andreas Miller ist nicht nur ein kühl rechnender Ingenieur, sondern auch Unterfranke und damit Gemütsmensch: "Die Aussicht auf die Berge der Rhön öffnet einem das Herz. Da musste das Fenster im Erdgeschoss einfach etwas größer ausfallen." Dafür holte er an anderer Stelle der Energiebilanz die Energieverluste wieder rein.

Überhaupt die Fenster: Als passive Sammler für die Sonnenenergie kommt ihnen eine zentrale Bedeutung für das Funk...