Wenn Horst Schlämmer in Ohnmacht fällt, dann bekommt er häufig eine Frikadelle angeboten. Fleisch ist schließlich ein Stück Lebenskraft und die Vorliebe für Hackfleisch teilt der stellvertretende Chefredakteur des Grevenbroicher Tageblattes, der kürzlich sogar zum Kanzler kandidierte, mit sehr vielen Menschen.
Kein Wunder, denn Hackfleisch ist ein Verwandlungskünstler, es kann von der Bolognese-Sauce über Bouletten, Königsberger Klopse oder Hackbraten in unendlich vielen Variationen serviert werden. Hack ist das Lieblingsfleisch der Deutschen. Im ersten Quartal dieses Jahres wurde im Vergleich zum Vorjahreszeitraum laut der Gesellschaft für Konsumforschung fast sechs Prozent mehr Hackfleisch verkauft. Der Konsum von Fleisch insgesamt ist hingegen um drei Prozent zurückgegangen.
Ins Hack kommt übrigens keinesfalls mindere Qualität, sondern überwiegend Skelettmuskelfleisch, das beim Zuschnitt der Edelteile wie Braten oder Steaks anfällt. Bio-Hack läuft ebenfalls bestens. Denn auch Bio-Kunden weichen auf die preisgünstigere Hackvariante aus, anstatt zum teuren Filet zu greifen.
Etwas weniger Fleisch tut nicht nur dem Portemonnaie gut, sondern auch der Gesundheit. Die bisher größte Studie zum Risiko von rotem Fleisch mit 550.000 Teilnehmern aus Amerika bestätigt, dass große Portionen von Rind, Schwein und daraus hergestellten Produkten die Gefahr von Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung weist darauf hin, dass die US-Studie nicht eins zu eins auf deutsche Verhältnisse übertragen werden könne. Die Verzehrsgewohnheiten sind in Deutschland anders, Fleisch- und Wurst werden anders hergestellt und zubereitet. Außerdem sei die Entstehung von Krebs ein vielschichtiges Geschehen, in das viele Faktoren wie erbliche Vorbelastung und ungünstige Lebensgewohnheiten mit hineinspielen.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) schrieb im Ernährungsbericht 2008 bereits über erhöhte Krebsraten bei reichlichem Konsum von rotem Fleisch - vor allem für den Darm. Das alles braucht dem Fleischliebhaber aber nicht seinen Genuss zu vermiesen. Fleisch liefert unbestritten wertvolles Eiweiß, Vitamine und Mineralstoffe. Es kommt eben auf die Menge an. Die DGE empfiehlt einen maßvollen Konsum von Fleisch und Wurstwaren von 300 bis 600 Gramm pro Woche. Insbesondere rotes Fleisch sollte reduziert werden. Dann müsste der Durchschnittsbürger seine Rationen allerdings halbieren. Im Durchschnitt essen wir nämlich rund 62 Kilogramm Fleisch und Wurst pro Jahr.
Auch die Folgen eines hohen Fleischkonsums für das Weltklima sind beträchtlich. Nach den Obsthandelsunternehmen beglücken uns jetzt auch die großen Fleischvermarkter mit CO2-Bilanzen. Die Firma Tönnies, eine der ganz Großen in der Branche, hat beispielsweise erste Berechnungen vorgelegt. Allerdings beziehen die zunächst "nur" die CO2-Belastung pro Kilogramm Fleisch beim Schlachten, Zerlegen und Weiterverarbeiten mit ein, während der Rest der Produktionskette - von der Aufzucht bis in die Regale des Lebensmitteleinzelhandels - zunächst außen vor bleibt. Mitbewerber Westfleisch will genau das in Angriff nehmen und im kommenden Jahr CO2-Bilanzen für die gesamte Produktionskette vorlegen. Letztlich nutzt die ganze Rechnerei dem Klima aber wenig, wenn die Verbraucher weiterhin viel Fleisch essen.
ÖKO-TEST hat elf Mal gemischtes Hackfleisch in großen Discountern und Supermarktketten eingekauft und untersucht, ob die Produkte am Ende des Verbrauchsdatums noch hygienisch einwandfrei waren, ob Fettgehalt und Fleischqualität sowie die Zusammensetzung stimmten.
Das Testergebnis
...ist gemischt - von "sehr gut" bis "ausreichend". Zur Abwertung führt fast immer ein erhöhter Keimgehalt. Hohe Keimzahlen weisen möglicherweise darauf hin, dass es Schwachstellen im Herstellungsprozess oder der Kühlkette gibt. Auch das Verbrauchsdatum könnte zu lang gewählt worden sein. Gefährliche Keime wie Salmonellen oder Listerien haben wir hingegen erfreulicherweise in keiner Probe gefunden.
Nur ausreichend sind ausgerechnet ein Bio-Hack und die tagesfrische Ware von Real. In beiden steckten oft erhöhte Keimzahlen
Hackfleisch ist anfällig für Keime. Deshalb stand die mikrobiologische Untersuchung im Mittelpunkt. Von insgesamt 33 getesteten Proben überschritten 14 am Ende des Mindesthaltbarkeitsdatums die empfohlenen Gesamtkeimzahlen, zehn die Werte für Enterobakterien und neun die für Pseudomonaden. E.-coli-Bakterien kamen zwei Mal, Staphylokokken nur einmal in erhöhter Anzahl vor. Unter Enterobakterien fasst man eine Vielzahl von Bakterien zusammen, von denen viele typische Darmbewohner sind, Pseudomonaden kommen überall in der Umwelt vor. Je höher ihre Zahl, desto eher kann es zum Verderb kommen. Wann genau das passiert, können selbst Mikrobiologen nicht sagen. Deshalb wurden auch Geruch und Aussehen der Proben geprüft. Alle Produkte waren in dieser Prüfung noch unauffällig.
Wer Pech hat, kauft Hackfleisch, das viel mehr Fett enthält, als auf dem Etikett angegeben ist. Der Wert schwankt während der Produktion
Um sicherzustellen, dass wir keinen Ausreißer erwischt haben, ließen wir drei unterschiedliche Chargen prüfen - bei den zwei "ausreichenden" Proben von Aldi Süd und Real mit jeweils demselben Ergebnis: Durchgehend erhöhte Gesamtkeimzahlen sowie Enterobakterien und Pseudomonaden, zwei Mal sogar stark erhöhte Werte. Klingt gar nicht lecker, ist für den Verbraucher in der Regel jedoch harmlos.
Auch ein unsachgemäßer Transport oder eine zu warme Lagerung im Laden kann der Grund für Keimwachstum sein. Den Transport können wir nicht kontrollieren; die Lagertemperatur in den Supermärkten und Discountern hingegen schon: Sie lag jeweils vorschriftsmäßig bei zwei Grad Celsius oder darunter.
Gemischtes Hack darf nicht mehr als 30 Prozent Fett enthalten. Alle Produkte liegen weit darunter. Zehn versprechen auf der Verpackung sogar einen Fettgehalt unter 20 Prozent, Penny (Heinz Wille Hackfleisch) unter 25 Prozent. Bis auf eine Ausnahme halten alle die deklarierten Werte auch ein. Das Oldenländer Hackfleisch gemischt von Lidl dagegen liegt deutlich über den versprochenen 20 Prozent - obwohl in der aufgedruckten Nährwerttabelle von durchschnittlich 18 Prozent Fett die Rede ist. Auch auf der Packung vom Heinz Wille Hackfleisch gemischt lesen wir 18 Prozent in der Nährwerttabelle und gleichzeitig weniger als 25 Prozent Fett. Ja was denn jetzt? 18 oder 25? Für den Verbraucher ist dieses Hickhack kaum zu verstehen. Er weiß nicht, dass die Einhaltung des deklarierten Fettgehaltes in Hackfleisch aus technischen Gründen nicht so einfach ist und deshalb nur im Tagesdurchschnitt gewährleistet werden muss. Je nachdem, welche Verpackung der Kunde erwischt, kann das Produkt dennoch fettreicher sein als gedacht. Verbraucherfreundlich wäre auf jeden Fall eine Von-bis-Angabe.
In einer von neun Proben, in denen entweder E. coli oder Staphylokokken nachgewiesen wurden, waren die Keime gegen Antibiotika resistent. Eine Folge des weitverbreiteten Einsatzes von Antibiotika, der bedenklich wird, wenn in der Humanmedizin angewandte Substanzen nicht mehr wirken. Da diese Problematik nichts mit dem Produkt zu tun hat und es auch keinen Rückschluß auf den konkreten Antibiotika-Einsatz beim Fleischerzeuger erlaubt, werten wir nicht ab.
Positiv: Alle Hackproben enthielten genügend Magerfleisch, keine Rückstände von Antibiotika, BSE-Risikomaterial oder Fremdwasser
Um die prozentualen Anteile an Schwein und Rind zu überprüfen, gibt es bisher noch keine wirklich sichere und anerkannte Methode. ÖKO-TEST ließ die Untersuchung trotzdem durchführen. Wären die Rindanteile durchweg niedrig ausgefallen, hätten die Hersteller das erklären müssen, denn so könnten sie Kosten sparen. Doch die gemessenen Schwankungen blieben alle im zu erwartenden Rahmen. In dem Produkt mit der höchsten Abweichung steckte sogar zu viel teures Rind - hier ist also nicht davon auszugehen, dass gemogelt wurde. Schwankungen im Tierartanteil kommen übrigens nicht nur durch die Methode zustande, sondern wiederum durch die Produktion des Hackfleisches. Die Deklaration ist auch in diesem Punkt verbesserungswürdig: Zirkaangaben auf der Verpackung wären realistischer, weil die Anteile so genau wie deklariert gar nicht für jede einzelne Packung eingehalten werden können.
Rückstände von Antibiotika oder BSE-Risikomaterial wie zentrales Nervengewebe oder Separatorenfleisch wurde in keiner untersuchten Probe nachgewiesen. Auch hormonell wirksame Weichmacher waren nur vereinzelt und in Spuren zu finden.
Positiv: Alle Produkte tragen den Hinweis, dass das Fleisch nicht zum Rohverzehr geeignet ist. Auf vielen Verpackungen findet man auch den Hinweis, dass das Verbrauchsdatum nur eingehalten werden kann, wenn die Kühlkette lückenlos bleibt. Beim Heimtransport im Auto ohne Kühltasche oder der Lagerung im Kühlschrank bei über zwei Grad Celsius ist das nicht mehr gewährleistet. Viele Kühlschränke bieten einfach nicht solche tiefen Temperaturen. Deshalb sollte man Hack möglichst bald verbrauchen.
So reagierten die Hersteller
Die Firma Tillman's, Hersteller des Bio Hackfleisch gemischt von Aldi Süd, teilt uns mit, dass es sich bei den ermittelten Keimzahlen um Werte handelt, die die üblichen produktions- und messtechnischen Toleranzen widerspiegeln. Weiter heißt es: "Nach unseren Erfahrungen sind die gefundenen Gesamtkeimzahlen in Summe akzeptabel, da sie regelmäßig nicht zu sensorischen Abweichungen führen und das Produkt nicht in seinem Genusswert gemindert ist." Dass es möglich ist, bessere Ergebnisse zu erzielen, weiß der Anbieter selbst, denn er ist auch Hersteller von einigen anderen Produkten im Test, die wesentlich besser abschneiden. Die Tiere für das Bio Hackfleisch werden allerdings nicht im hauseigenen Betrieb geschlachtet, sondern in einem Partnerunternehmen.
Auch das Oldenländer Hackfleisch gemischt kommt von Tillman's. Wir erhielten von der Firma Protokolle, die zeigen, dass in regelmäßigen Abständen der Fettgehalt des Fleisches gemessen wird. Bei Werten über 18,6 Prozent Fett wurde mit Magerfleisch nachgemagert. Für die von uns geprüfte Charge ermittelte das Unternehmen einen Fettgehalt von 18,7 und 19,8 Prozent Fett. Man könne sich den abweichenden Fettgehalt nur über eine partielle Entmischung im Produktionsprozess erklären, heißt es weiter. Diese sei technologisch nie ganz zu vermeiden.
Die Metzgerei Packlhof sieht die ÖKO-TEST-Untersuchung als Chance, die eigene Prozesshygiene zu verbessern. Obwohl das Produkt nach ÖKO-TEST-Kriterien mit "gut" abschneidet, will der Anbieter mit Alnatura gemeinsam die Maßnahmen der Qualitätssicherung - insbesondere den Transport zum Laden - verbessern. Ein zusätzlicher Liefertag wäre eine Möglichkeit, das Verbrauchsdatum zu verkürzen. Obwohl die Spuren von Weichmachern im Produkt minimal waren, durchforschte der Anbieter sämtliche Möglichkeiten der Verunreinigung - vom Fleischwolf bis zu Einmalhandschuhen.
Real konnte die von uns festgestellten Keimzahlen nicht nachvollziehen und teilte uns mit, dass es sich um einen Ausreißer handeln muss. Die Werte würden den hausinternen Qualitäts- und Hygienevorgaben nicht entsprechen und würden auch nicht von den eigenen Untersuchungen bestätigt werden. Konkrete Gutachten wurden ÖKO-TEST jedoch nicht vorgelegt.
Bio-Schweine sind knapp
Bio-Schweine haben von den insgesamt jährlich geschlachteten 25 Millionen Schweinen nur einen Anteil von zirka 0,6 Prozent. Weil im vergangenen Jahr die Futtermittel teuer waren, die Verkaufspreise aber nicht entsprechend anstiegen, ließen manche Bio-Mäster ihre Ställe einfach leer stehen. Folge: Bio-Schwein wird knapp.
Anders beim Rind. 4,3 Prozent des in Deutschland produzierten Rindfleisches stammen aus Bio-Produktion. Reines Bio-Rinderhack ist daher mehr als gemischtes im Angebot. ÖKO-TEST bekam die Situation am Markt beim Einkauf zu spüren. Gemischtes Hack von BioBio (Netto) war im Verlaufe unseres Tests plötzlich nicht mehr lieferbar, sodass wir das Produkt nicht in den Test aufnehmen konnten.