- Wir haben zwölfmal Nektarinen getestet, davon ein Produkt in Bio-Qualität. Die Früchte wurden auschließlich auf Pestizide untersucht.
- Das Ergebnis: Sieben Produkte sind mit "sehr gut" oder "gut" empfehlenswert.
- Bedenklich: In vielen Nektarinen im Test stecken gleich mehrere Spritzgifte – teilweise auch solche, die wir als besonders bedenklich einstufen.
Aktualisiert am 22.7.2024 | Endlich ist Nektarinenzeit! Kaum ein anderes Obst schmeckt so sehr nach Hochsommer wie die Nektarine oder der ihr verwandte Pfirsich. Doch worin unterscheiden sich die beiden Früchte eigentlich?
Wie unterscheiden sich Pfirsische und Nektarinen?
Die Nektarine ist eine unbeflaumte Variante des Pfirsichs und einst durch natürliche Mutation aus diesem entstanden. Wegen ihres festeren Fruchtfleischs tropfen Nektarinen weniger.
Bei den Marktanteilen hat sie ihrem älteren Bruder längst den Rang abgelaufen: Die Deutschen konsumieren inzwischen etwa dreimal so viele Nektarinen wie Pfirsiche. Im Juli und August erreichen die Früchte den Höhepunkt ihrer Saison und liegen bergeweise im Handel.
Kann man Nektarinen bedenkenlos essen?
Stellt sich die Frage: Kann man sich an den Vitaminbomben bedenkenlos satt essen, ohne gleich einen ganzen Pestizidcocktail mitzuschlucken? Immerhin sind bei Nektarinen und Pfirsichen "sehr häufig Pestizidrückstände nachweisbar", wie das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves) 2021 nach der letzten Untersuchungsreihe der Früchte feststellte.
Im Verlauf von vier Jahren hatte das Laves sogar eine Verschlechterung der Rückstandssituation gemessen. Deshalb wollten wir in diesem Test wissen, wie stark Nektarinen inzwischen mit Spritzgiften belastet sind. Hierfür ließen wir zwölf Produkte ausschließlich auf Pestizide analysieren – auf nichts anderes.
Nektarinen im Test: Wie steht um die Pestizidbelastung?
Das Ergebnis unseres Tests Pestizide in Nektarinen: Sieben der zwölf Proben schneiden mit "gut" oder "sehr gut" ab. Insgesamt also gute Nachrichten für Fans der Nektarine. Aber: Eine komplette Entwarnung in puncto Spritzgifte geben die Ergebnisse leider nicht her.
Denn wir haben in unserem Test nur eine einzige Nektarinenprobe, in der das Labor kein überprüftes Pestizid nachweisen konnte.
Oft gleich mehrere Pestizide gefunden
Immerhin: Auch zwei weitere Nektarinen-Packungen kamen ohne Abzug durch den Test. Der Grund: In den geprüften Früchten war nur ein Spritzgift nachweisbar, in einem Gehalt, den wir als "Spur" werten. In vielen Fällen im Test listete der Laborbericht dagegen Mehrfachbelastungen von zwei bis fünf Pestiziden oder Wirkverstärkern auf.
Das ist nicht exorbitant viel. Wir sehen die Kombination verschiedener Wirkstoffe in einer Frucht jedoch grundsätzlich kritisch: Denn diese summieren sich, und mögliche Wechselwirkungen untereinander sind in unseren Augen noch nicht ausreichend erforscht.
Besonders bedenkliche Pestizide in Nektarinen im Test
Hinzu kommt: Einige der nachgewiesenen Pestizide ordnen wir in ihrer Wirkung auf Mensch oder Natur als "besonders bedenklich" ein. Das Fungizid Tebuconazol etwa oder das Insektizid Acetamiprid, die in der CLP-Verordnung als "vermutlich reproduktionstoxisch" eingestuft sind, also die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen und das Kind im Mutterleib schädigen können.
Acetamiprid gehört außerdem zu den bienentoxischen Neonikotinoiden – einer Klasse von Insektiziden, die das Nervensystem und den Orientierungssinn von Honigbienen schädigen können.
Zur Einordnung: Alle gefundenen Rückstände bewegen sich unterhalb der geltenden Grenzwerte und dürften beim Nektarinengenuss nicht akut bedenklich sein.
Für die Arbeiterinnen und Arbeiter auf den Obstplantagen, die den Spritzgiften in ganz anderem Ausmaß ausgesetzt sind, kann das aber ganz anders aussehen. Für die von uns als bedenklich eingestuften Pestizide ziehen wir für einen gemessen Gehalt von mehr als 0,01 mg/kg eine Note ab.
Labor stößt auf in der EU verbotenes Spritzgift
Ein Produkt fiel besonders negativ auf: Darin sind die Laborexperten auf Spirodiclofen gestoßen. Das Spritzen von Spirodiclofen ist auf europäischen Obstplantagen gar nicht mehr zugelassen, und das aus gutem Grund: Laut CLP-Verordnung ist das Insektizid "wahrscheinlich krebserregend" und zusätzlich "vermutlich reproduktionstoxisch".
Die betroffenen Nektarinen kommen allerdings aus Chile, und dort ist Spirodiclofen weiterhin erlaubt. Ein Unding, finden wir, und ziehen eine Extranote ab.
Mehr Eigenkontrollen durch Anbieter gefragt
Der Test zeigt: Die mit "sehr gut" bewerteten Nektarinen stammen aus Spanien. Lässt sich daraus schließen, dass europäische Ware grundsätzlich weniger mit Pestiziden belastet ist? Eher nicht. Wir haben auch spanische Nektarinen mit Mehrfachrückständen im Test.
Wichtiger als das Anbauland dürfte sein, wie ernst es die vorgelagerten Handelsstufen mit Maßnahmen zur Pestizidreduktion nehmen und wie engmaschig sie Eigenkontrollen beauftragen. Einige Anbieter legten uns auf Nachfrage dar, dass sie Pestizidrückstände auf allen Handelsstufen kontrollieren.
Eine spanische Produzentengruppe geht noch darüber hinaus und schickt wöchentlich ein eigenes technisches Team auf jede Farm, das den Schädlingsbefall kontrolliert und über nötige Maßnahmen entscheidet. Das finden wir begrüßenswert.
Tipps zu Einkauf und Lagerung von Nektarinen
- Wenn Sie Pestizide vermeiden wollen, sollten Sie Bio-Produkte bevorzugen: Im Bio-Anbau sind chemisch-synthetische Spritzgifte verboten.
- Kaufen Sie Nektarinen möglichst in der Hauptsaison von Mai bis September. Dann kommen die Früchte, die es im Anbau warm und trocken mögen, vorwiegend aus Spanien und Italien nach Deutschland. Während der Wintermonate kommen die Früchte hingegen von noch weiter her und haben somit lange Transportwege und -zeiten mit dem Schiff hinter sich.
- Gut zu wissen: Nektarinen reifen zu Hause recht schnell nach. Bereits reife Früchte lassen sich im Kühlschrank noch einige Tage lagern.
Dieser Test ist online erstmals am 12.6.2024 erschienen. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das ÖKO-TEST Magazin 7/24 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.
Weiterlesen auf oekotest.de:
- Pestizide in Paprikagewürz als großes Problem – immerhin 15 mit "sehr gut"
- Sprudelwasser-Test: In 14 von 54 stecken bedenkliche Inhaltsstoffe
- Fruchtriegel-Test: Blei, Schimmelpilzgifte und zu viel Zucker in der Kritik
- Rapsöl im Test: Ergebnis überrascht – diese 3 Schadstoffe sind ein Problem
- Toasties: Schimmelpilzgifte, Pestizide und Acrylamid verderben den Appetit
- Mais im Test: In jedem Dosenmais Bisphenol A entdeckt