Spaghetti-Test: Labor stößt auf Mineralölbestandteile und Glyphosat

Jahrbuch Kinder und Familie für 2025 | Autor: Birgit Hinsch/Sarah Becker/Heike Baier/Lena Wenzel | Kategorie: Essen und Trinken | 05.12.2024

Spaghetti im Test: Welche Marken überzeugen?
Foto: larisa Stefanjuk/Shutterstock

Pasta-Liebhaber haben die Wahl: Viele der Spaghetti in unserem Test sind mit Bestnote empfehlenswert. Es gibt allerdings auch Marken, die negativ auffallen. Wir kritisieren vor allem gefundene Mineralölbestandteile und den umstrittenen Unkrautvernichter Glyphosat.

  • Im Test: 36 klassische Spaghetti aus Hartweizengrieß, darunter 19 Bio-Produkte. 
  • Erfreulich ist, dass viele Produkte mit "sehr gut" abschneiden. 
  • Notenabzüge gibt es vor allem für die Mineralölbestandteile MOSH/MOSH-Analoge und Glyphosat. 

Aktualisiert am 5.12.2024 | Spaghetti sind schnell zubereitet, recht günstig einzukaufen und Kinder lieben sie. Außerdem sind sie in der eifreien Variante vegan. Viele Gründe also, die für die langen Nudeln sprechen. Und Grund genug für uns, einmal genauer hinzuschauen.

Da wir Pasta in größeren Mengen verzehren, ist es umso wichtiger, dass sie gesundheitlich unbedenklich sind. Die gute Nachricht: Die meisten sind es tatsächlich. Von insgesamt 36 klassischen Spaghetti-Produkten aus Hartweizengrieß schneiden viele im Test mit "sehr gut" ab.

Spaghetti im Test: Mineralölbestandteile entdeckt 

Ganz onhe Kritik können wir die Spaghetti allerdings nicht entlassen. So ist das von uns beauftragte Labor im Test auf gesättigte Mineralölkohlenwasserstoffe (MOSH/MOSH-Analoge) gestoßen – und zwar in Gehalten, die wir als "erhöht" bewerten. 

Bei MOSH/MOSH-Analogen handelt es sich um Erdölbestandteile, die sich im menschlichen Fettgewebe und in Organen anreichern. Sie stellen im Körper die wohl größte Verunreinigung dar. Welche Folgen das hat, ist bislang ungeklärt.

Spaghetti sind sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen beliebt.
Spaghetti sind sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen beliebt. (Foto: Katrinshine/Shutterstock)

Gut zu wissen: Die Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz (LAV) hat für verschiedene Produkte Orientierungswerte festgelegt, um die Hersteller anzuhalten, die Produktion der Waren genau zu überwachen. Mineralöl kann nämlich an verschiedenen Verarbeitungsschritten ins Produkt gelangen, unter anderem aus Druckfarben oder Schmierfetten. Dieser Orientierungswert von sechs Milligramm pro Kilogramm wird bei keinem der Produkte im Test überschritten.  

Pestizidrückstände in der Kritik 

Neben Mineralölbestandteilen stehen Pestizidrückstände in der Kritik. Zunächst die gute Nachricht: Im Gegensatz zum Spaghetti-Test vor drei Jahren fanden wir dieses Mal weniger Spritzgifte. Nur acht der 37 getesteten Produkte enthalten Spuren eines Pestizids und/oder eines Wirkverstärkers – in drei Fällen handelt es sich um den Unkrautvernichter Glyphosat.

Bitter allerdings: Auch in einem Bio-Produkt stieß das Labor auf Glyphosat. Auch wenn wir diesen Gehalt noch als Spur bewerten, liegt er doch deutlich über dem Orientierungswert, den der Bundesverband Naturkost und Naturwaren (BNN) zur Beurteilung von Pestizidrückständen in Bio-Ware heranzieht.

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Bio-Spaghetti im Test enthalten Glyphosat 

Der BNN-Wert bezieht sich allerdings auf Rohware, hier den Weizen, und nicht auf verarbeitete Produkte wie Spaghetti. Für eine Umrechnung haben wir uns am Vorgehen des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts (CVUA) Stuttgart orientiert und den Verarbeitungsfaktor für Weizenmehl angesetzt: Auf diese Weise lässt sich schließen, dass der Glyphosat-Gehalt im für die betroffenen Bio-Spaghetti verarbeiteten Weizen sogar noch höher gewesen sein dürfte.

"Ein solcher Gehalt deutet stark auf eine nicht zulässige Anwendung des Pestizids oder auf eine Vermischung mit konventioneller Ware hin", sagt uns Marc Wieland vom CVUA Stuttgart.

Über kein Pestizid wurde in den vergangenen Jahren so erbittert gestritten wie um Glyphosat, das die EU gerade für weitere zehn Jahre zugelassen hat: Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) schätzt den Wirkstoff als wahrscheinlich krebserregend ein, die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) nicht.

Unbestritten ist, dass das Totalherbizid den Lebensraum von Insekten und Vögeln zerstört und erheblich zum Verlust von Biodiversität beiträgt. Wir ordnen Glyphosat unter den besonders bedenklichen Pestiziden ein. Eins ist sicher: Wer Bio kauft, erwartet Lebensmittel ohne Pestizide – und ganz bestimmt ohne Glyphosat.  

Einmal Schimmelpilzgifte nachgewiesen

Auch Schimmelpilzgifte haben wir in Spaghetti mit Bio-Siegel gefunden. Das Labor maß einen auffälligen Gehalt an HT2-Toxinen. Die wirken zellgiftig und schädigen das Immunsystem. Ganz unkritisch ist das nicht.

Denn immerhin schöpft eine 125-Gramm-Portion des betroffenen Produkts die noch als unbedenklich geltende tägliche Aufnahmemenge (TDI) für eine 60 Kilo schwere Person fast komplett aus.

Diesen Test haben wir zuletzt im Spezial Vegetarisch & Vegan 2024 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kinder und Familie für 2025 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

Fusilli bei ÖKO-TEST 

Für das ÖKO-TEST Magazin 3/2022 haben wir Fusilli aus Hartweizengrieß getestet. Auch in diesem Test überzeugten viele Produkte und gleichzeitig waren Mineralrückstände und Glyphosat ein Problem. Mehr dazu lesen Sie, wenn Sie auf folgenden Kasten klicken: 

Weiterlesen auf oekotest.de:

Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Für diesen Test haben wir 36 klassische Spaghetti aus Hartweizengrieß eingekauft. Bei Discountern, in Bio-Läden, Super- und Drogeriemärkten bezahlten wir für 500 Gramm Pasta Preise zwischen 79 Cent und 2,69 Euro. Dadurch, dass es von großen Marken häufig auch eine Bio-Variante gab, kommen wir auf 19 Bio-Produkte.

In Speziallaboren ließen wir die Spaghetti auf verschiedene Pestizide analysieren, darunter Glyphosat und dessen Abbauprodukt Aminomethylphosphonsäure (AMPA) sowie Glufosinat. Zu den untersuchten Parametern gehörten auch Mineralölbestandteile, Cadmium sowie ein großes Spektrum an Schimmelpilzgiften. Sämtliche Verpackungen ließen wir auf chlorierte Verbindungen überprüfen.

War auf den Packungen ein Nutri-Score ausgelobt, rechneten wir diesen nach. Wir schauten, ob eine realistische Portionsgröße angegeben ist. Wir prüften auch, ob die Anbieter den Ballaststoffgehalt deklarieren. Aus unserer Sicht ist das eine wertvolle Information, die auch den Vergleich etwa mit Vollkorn-Spaghetti ermöglicht.

Bewertungslegende 

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKOTEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt. Steht bei konkret benannten Analyseergebnissen "nein", bedeutet das unterhalb der Bestimmungsgrenze der jeweiligen Testmethode.

Die tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (TDI) ist ein Schätzwert, wie viel von einem Stoff lebenslang pro Tag ohne gesundheitliche Folgen aufgenommen werden kann. MOSH/MOSH-Analoge beinhalten gegebenenfalls auch POSH (Polyolefin Oligomeric Saturated Hydrocarbons) und PAO (Poly Alpha Olefins). Bei Richt- und Orientierungswerten sowie Verarbeitungsfaktoren handelt es sich um rechtlich nicht bindende Werte, die eingehalten werden sollten, während rechtlich bindende Grenzwerte eingehalten werden müssen.

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führen zur Abwertung um jeweils zwei Noten: a) ein gemessener Gehalt an MOSH/MOSH-Analogen der Kettenlängen C17 bis C35 von mehr als 2 bis 4 mg/kg (in Tabelle: "erhöht"); b) ein gemessener Summengehalt von T-2- und HT-2- Toxinen, der zu einer Ausschöpfung von mehr als 50 bis 100 Prozent des von der EFSA 2017 festgelegten TDI von 0,02 g/kg Körpergewicht und Tag führt (in der Tabelle: "erhöht"). Für die Berechnung sind wir von einer 125-Gramm- Portion unzubereiteter Spaghetti und einem Körpergewicht von 60 Kilogramm ausgegangen. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) ein bis zwei besonders bedenkliche Pestizide in gemessenen Gehalten von mehr als 0,01 mg/kg. Dabei orientieren wir uns an der Liste der hochgefährlichen Pestizide des Pestizid-Aktions-Netzwerks (PAN), Stand: 8/2021, insbesondere der in Gruppe 2 oder Gruppe 3 als sehr bienentoxisch oder sehr bioakkumulierend und sehr persistent in Wasser, Böden oder Sedimenten genannten Stoffe sowie an Einstufungen von Pestiziden in der EU-Datenbank oder CLP-Verordnung (ECHA) als (vermutlich) kanzerogen oder reproduktionstoxisch (hier: Glyphosat); b) ein Mehrfachrückstand von zwei bis sechs Pestiziden und/oder Wirkverstärkern.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um zwei Noten: Nachweis eines für Bio nicht zugelassenen Pestizids in einem Bio-Produkt in einem Gehalt von mehr als 0,01 mg/kg. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) Packungsangabe einer unrealistisch kleinen Portionsgröße von circa 80 Gramm (circa sechs Portionen pro 500-Gramm-Packung); b) keine Angabe des Ballaststoffgehalts in der Nährwerttabelle auf der Verpackung. Diese Angabe ist rechtlich nicht verpflichtend, kann dem Verbraucher jedoch eine wertgebende Information zum Produkt geben.

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "gut" ist, verschlechtert das Gesamturteil nicht.  

Testmethoden 

Mineralölbestandteile: nach DIN EN 16995:2017-08 mod.; die Modifikation betrifft die Verseifung und eine andere Matrix; Messung mittels LC-GC/FID. Pestizid-Screening: GC-MS und LC-MS/MS Glyphosat/Aminomethylphosphonsäure (AMPA)/Glufosinat: LC-MS/MS. Mepiquat, Chlormequat: LC-MS/MS Cadmium: DIN EN 15763:2010-04 (nach Aufschluss gemäß DIN EN 13805:2014-12)Mykotoxine: LC-MS/MS (Bestimmung im homogenisierten Probenmaterial aus drei Packungen); LC-FLD (teilautomatisiert) für Ochratoxin APVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung: Röntgenfluoreszenzanalyse

Einkauf der Testprodukte: November 2023 

Diesen Test haben wir zuletzt im Spezial Vegetarisch & Vegan 2024 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch Kinder und Familie für 2025 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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