Vegane Fischstäbchen im Test: Nur zwei Produkte sind empfehlenswert

Magazin September 2023 | Autor: Bianca Puff/Heike Baier/Lena Wenzel | Kategorie: Essen und Trinken | 15.09.2023

Vegane Fischstäbchen im Test: Wir haben 12 Produkte überprüft.
Foto: Hans Geel/Shutterstock

Fischstäbchen ohne Fisch sind neu. Zumindest stecken in den veganen Stäbchen seltener Fettschadstoffe als im tierischen Original. Trotzdem sind nur zwei Produkte mit "gut" empfehlenswert, alle anderen schneiden schlechter ab. Was ist da los?

  • Im Test: zwölf vegane Stäbchen auf Basis von Weizen, Soja, Reis oder Gemüse. Bei der Hälfte handelt es sich um Produkte aus der Tiefkühl-Truhe, die andere Hälfte fanden wir in der Kühltheke.
  • Wir kritisieren vor allem zugesetzte (natürliche) Aromen, enthaltene Fettschadstoffe und Keime sowie Mineralölbestandteile.
  • Mit veganen Fischstäbchen die Meere vor Überfischung schützen? Zwei "gute" Produkte können wir empfehlen.

Was sind überhaupt vegane Fischstäbchen? Fest steht dazu nur: Sie enthalten keinen Fisch. Aber sie sind wie ihre tierischen Vorbilder mit frittierter Panade umhüllt. Das war's aber auch schon an Gemeinsamkeiten.

Was genau sich unter der Panade verbirgt und wonach das Ganze eigentlich schmecken soll, das interpretiert jeder Hersteller auf seine Weise.  

Was ist in veganen Fischstäbchen drin? 

Wir haben zwölf Produkte eingekauft mit Namen wie "Veggie Sticks Di Mare", "Vegantische Meeresstäbchen" oder einfach "Vegane Stäbchen". Die formbare Masse in ihrem Inneren basiert in den meisten Fällen auf Reismehl, Soja- oder Weizenprotein, bei immerhin zwei Produkten auf Gemüse. Hinzu kommen eventuell Fette, Emulgatoren, Stabilisatoren, Konservierungsstoffe oder zugesetzte Vitamine.

Und: Fast alle Veggie-Stäbchen helfen beim Geschmack mit Aromastoffen nach. Doch sowohl "Aroma" als auch "natürliches Aroma" sehen wir kritisch. Besser wäre es in unseren Augen, die Produkte erzeugten allein mit leckeren Zutaten einen guten Geschmack, anstatt diesen künstlich aufpimpen zu müssen.  

Äußerlich sehen sie aus wie das Original: Vegane Fischstäbchen suchen noch ihren Platz im Markt. Viele wenden sich an Flexitarier, die öfter mal auf Fisch verzichten wollen.
Äußerlich sehen sie aus wie das Original: Vegane Fischstäbchen suchen noch ihren Platz im Markt. Viele wenden sich an Flexitarier, die öfter mal auf Fisch verzichten wollen. (Foto: Hans Geel/Shutterstock)

Fischgeschmack ließe sich etwa durch den Zusatz von Algen ganz natürlich erzeugen, mit dem positiven Nebeneffekt der darin enthaltenen Omega-3-Fettsäuren. Warum nutzt das kein Hersteller im Test? Einige schreiben uns, man habe sich wegen der "negativen Auswirkung auf die Färbung" dagegen entschieden.

Schade eigentlich. So sind die veganen Fischstäbchen zweier Marken im Test die einzigen, die laut Deklaration auf zugesetztes Aroma verzichten.

Vegane Fischstäbchen in der Sensorikprüfung 

Apropos Geschmack: Ob ein veganes Fischstäbchen am Ende nach Fisch schmeckt – selbst das ist keineswegs sicher. Die von uns mit der Verkostung beauftragten Experten erinnerte das Aroma einiger Produkte im Test nur entfernt an das tierische Vorbild, bei anderen schmecken sie überhaupt keinen Fisch heraus.

Einmal hingegen lautete das Urteil, dass die veganen Fischstäbchen "etwas überaromatisiert nach Fisch" schmeckten. Dafür gab es Punktabzug, genauso für "deutliches Frittieraroma" und den Geschmack "leicht nach altem Fett". 

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Auffällig viele Keime in zwei Produkten

Auch nicht lecker: In zwei Produkten im Test haben sich auffällig viele Keime breitgemacht.

  • In einem Fall reißt die nachgewiesene Zahl an Enterobakterien sogar den Warnwert der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM). Enterobakterien gehören zu den Darmbakterien und können in dieser Menge Brechdurchfall auslösen.
  • Im anderen Fall analysierte das Labor eine Gesamtkeimzahl, die über dem Richtwert der DGHM liegt. Bei Überschreitung des Richtwertes besteht zwar keine akute Gesundheitsgefahr, sie deutet jedoch auf Hygienefehler in der Produktion hin und sollte für Hersteller Anlass sein, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Diese Kritik betrifft den "ungenügenden" Testverlierer. 

Übrigens: Zwei weitere überprüfte vegane Fischstäbchen fallen mit "mangelhaft" durch. Nur zwei sind mit "gut" empfehlenswert. 

Vegane Stäbchen suchen noch ihren Platz am Markt 

Eine Gesamtkeimzahl, die über dem Richwert der DGHM liegt, ist noch nicht alles, was wir an dem "ungenügenden" Testverlierer auszusetzen haben: Die veganen Fischstäbchen waren am stärksten mit Mineralölbestandteilen (MOSH/MOSH-Analoge) verunreinigt, die sich im Körper anreichern können, und setzen als Backtriebmittel Diphosphate ein. Phosphate können auf Dauer den Nieren schaden oder die Innenwände der Gefäße verändern.

In diesem Fall meinen wir: Gut, dass der Anbieter sie aus dem Programm genommen hat. Damit sind sie übrigens nicht allein: Zahlreiche Produkte dieses Tests erscheinen inzwischen mit neuer Rezeptur oder sind wieder vom Markt verschwunden. Offenbar sucht die Produktkategorie noch nach ihrem festen Platz in den Sortimenten.

Fettschadstoffe in veganen Fischstäbchen

In den veganen Fischstäbchen fanden sich Fettschadstoffe, die aus dem Frittiervorgang stammen können: Es handelt sich um 3-MCPD-Ester und Glycidol-Ester.

Sie setzen während der Verdauung 3-MCPD beziehungsweise Glycidol frei. Die europäische Lebensmittelbehörde EFSA stuft Glycidol als erbgutschädigend und möglicherweise krebserregend ein, 3-MCPD hat in Tierstudien zu Tumoren geführt. Da auch Kinder die veganen Fischstäbchen essen, liegt der Bewertung ein Kind mit 30 kg Körpergewicht zugrunde.

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

Wir haben zwölf vegane Stäbchen auf Basis von Weizen, Soja, Reis oder Gemüse eingekauft. Sie sind mit Begriffen wie "vegane Fischstäbchen", "Fisch-Art" oder Ähnlichem ausgelobt und/oder sehen so aus, wie ihre fischhaltigen Vorbilder. Bei der Hälfte handelt es sich um Produkte aus der Tiefkühl-Truhe, die andere Hälfte fanden wir in der Kühltheke. Für die 150-g-Portion der günstigsten Stäbchen bezahlten wir 1,10 Euro, für die der teuersten 3,48 Euro.

Geschulte Sensorik-Experten verkosteten zunächst alle Produkte: Sie brieten diese nach Anleitung in der Pfanne und prüften anschließend deren Konsistenz, Textur, Geschmack und Geruch.

In spezialisierten Laboren ließen wir die Veggie-Stäbchen auf verschiedene Schadstoffe untersuchen: Sind sie mit Chlorat oder Perchlorat aus Reinigungsmitteln kontaminiert? Enthalten sie Pestizide, Mineralölbestandteile oder Fettschadstoffe, die während der Verdauung die krebsverdächtigen Verbindungen 3-MCPD oder Glycidol freisetzen? Enthalten sie auffällig viele Keime, insbesondere krankmachende Keime wie Enterobakterien oder Salmonellen? Stäbchen mit Reisanteil ließen wir auf anorganisches Arsen analysieren, Produkte mit Soja auf gentechnisch veränderte Organismen. Im Labor ließen wir auch die Gehalte an Salz, Fett und – falls deklariert – Eisen messen und verglichen sie mit den auf der Verpackung angegebenen Werten.

Über die Deklaration auf den Verpackungen erfassten wir Inhaltsstoffe wie Aroma, natürliches Aroma und Phosphate. Wir glichen anhand der Nährwertdeklaration auch ab, ob Hersteller für Auslobungen wie "proteinreich" oder "Quelle von Omega-3" die gesetzlichen Vorgaben erfüllen. Die Verpackungen selbst ließen wir im Labor auf chlorierte Verbindungen untersuchen.

Bewertungslegende 

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt. Für an die tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (TDI) und den Margin of Exposure angelehnte Bewertungen sind wir jeweils von einem Kind mit 30 Kilogramm (kg) Körpergewicht und einer Portionsgröße von 150 Gramm (g) ausgegangen. MOSH/MOSH-Analoge beinhalten gegebenenfalls auch POSH.

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führen zur Abwertung um jeweils zwei Noten: a) ein gemessener Gehalt an gesättigten Kohlenwasserstoffen (MOSH/MOSH-Analoge) der Kettenlängen C17 bis C35 von mehr als 2 bis 4 mg/kg (in Tabelle: Mineralölbestandteile "erhöht"); b) ein gemessener Gehalt an 3-MCPD-Estern (berechnet als 3-MCPD), der zu einer Ausschöpfung des TDI für 3-MCPD von 2 μg/kg Körpergewicht von mehr als 50 Prozent führt (in Tabelle: "3-MCPD"); c) ein gemessener Gehalt an Glycidyl-Fettsäureestern (berechnet als Glycidol) von mehr als 6 bis 12 μg pro Tag (in Tabelle: "Glycidol"). Wir haben uns an einer Risikoabschätzung der EFSA von 2020 orientiert. Daraus ergibt sich, dass der Sicherheitsabstand (Margin of Exposure) bei einer maximalen Aufnahme von mehr als 0,2 bis 0,4 μg Glycidol/kg Körpergewicht größer als 25.000 bis 50.000 ist; d) der Zusatz von Eisen (hier: Eisen(II)Gluconat); e) ein gemessener Gehalt an Enterobakterien von mehr als 5000 KBE/g (in Tabelle: "Enterobakterien"). Dieser Wert entspricht einer Überschreitung des DGHM-Warnwerts für hitzebehandelte, verzehrfertige Speisen. Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) ein gemessener Gehalt an gesättigten Kohlenwasserstoffen (MOSH/MOSH-Analoge) der Kettenlängen C17 bis C35 von mehr als 1 bis 2 mg/kg (in Tabelle: Mineralölbestandteile "leicht erhöht"); b) der Zusatz von (natürlichem) Aroma; c) der Zusatz von Phosphaten; d) ein als besonders bedenklich eingestuftes Pestizid in gemessenen Gehalten von mehr als 0,01 mg/kg (hier: Pirimiphosmethyl); als besonders bedenklich werden Pestizide eingestuft, wenn sie PAN-gelistet sind (in Gruppe 2 oder als bienentoxisch), nach EU-Datenbank oder ECHA kanzerogen oder reproduktionstoxisch sind oder aus Gründen der Toxizität in der EU nicht mehr zugelassen sind; e) eine gemessene aerobe Gesamtkeimzahl von mehr als 1 × 106 KBE/g (in der Tabelle: "Gesamtkeimzahl erhöht"). Dieser Wert entspricht einer Überschreitung des DGHM-Richtwerts für hitzebehandelte, verzehrfertige Speisen.

Bewertung Testergebnis Sensorik: Unter dem Testergebnis Sensorik führt zur Abwertung um zwei Noten: Mangel in Geruch und Geschmack (hier: deutliches Frittieraroma, leicht nach altem Fett). Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) Mangel in Geruch und Geschmack (hier: etwas überaromatisiert nach Fisch, fettig); b) Mangel in Aussehen und Konsistenz (hier: leicht kleistrig/ klebrig).

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führen zur Abwertung um jeweils eine Note: a) eine Abweichung des deklarierten Salzgehalts vom im Labor ermittelten Wert von mehr als ±20 %. Diese Bewertung basiert auf dem EU-Leitfaden für Toleranzen zur Nährwertdeklaration für die Lebensmittelüberwachung; b) eine Abweichung des deklarierten Gesamtfettgehalts vom im Labor ermittelten Wert von mehr als ±1,5 g bei deklarierten Fettgehalten unter 10 g pro 100 g bzw. von mehr als ±20 Prozent bei deklarierten Fettgehalten von 10 bis 40 g pro 100 g. Diese Bewertung basiert auf dem EU-Leitfaden für Toleranzen zur Nährwertdeklaration für die Lebensmittelüberwachung; c) eine fehlende QUID-Angabe; d) eine fehlerhafte Auslobung als proteinreich; e) eine fehlende Angabe von hervorgehobenen und zugefügten Zutaten (hier: zugefügtes Eisen).

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Weitere Mängel und/oder ein Testergebnis Sensorik, das "befriedigend" oder "ausreichend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um jeweils eine Note. Ein Testergebnis Weitere Mängel und/oder ein Testergebnis Sensorik, das "gut" ist, verschlechtert das Gesamturteil nicht. Steht bei konkret benannten Analysenergebnissen "nein" bedeutet das "unterhalb der Bestimmungsgrenze" oder "unterhalb der Nachweisgrenze" der jeweiligen Testmethode.   

Testmethoden 

Mineralölbestandteile: nach DIN EN 16995:2017-08 mod.; die Modifikation betrifft die Verseifung und eine andere Matrix; Messung mittels LC-GC/FID.
Chlorat/ Perchlorat: LC-MS/MS.
Natrium/ Eisen: Aufschluss nach DIN EN 13805:2014-12. Natrium: Messung nach ASU L 00.00-144:2019-07. Eisen: Messung nach DIN EN 15763:2010-04 mod.; die Modifikation betrifft die Methodenerweiterung auf Eisen.
Salzäquivalent: berechnet nach LMIV.
Gesamtfett: Gravimetrisches Verfahren nach Säureaufschluss.
Panadenanteil: gravimetrisch nach Präparation.
3-MCPD-Ester/Glycidylester: nach DGF C-VI 18:2010 mod.; die Modifikation betrifft die Messung mittels Automatisierung.
Pestizid-Screening: GC-MS/MS und LC-MS/MS nach DIN EN 15662:2018-07.
Anorganisches Arsen: Hybrid-AAS nach Säureextraktion.
Gentechnisch veränderte Bestandteile: PCR; P35S, NOS nach ASU L 00.00-122:2008-06; pat, EPSPS nach ASU L 00.00-154:2014-08 mod.; die Modifizierung bezieht sich auf die Konzentrationen der Primer und Sonden); cry1Ab/Ac mittels PCR.
Gesamtkeimzahl, aerob: nach DIN EN ISO 4833-2: 2022-05.
Enterobacteriaceen: nach ASU L 00.00-133/2:2019-12.
Escherichia coli: nach ASU L 00.00-132/1:2021-03.
Präsumtive B. cereus: nach ASU L 00.00-33: 2021-03.
Listeria monocytogenes: nach ASU L 00.00-22:2018-03.
Koagulase-positive Staphylokokken: nach ASU L 00.00-55:2022-08.
lostridium perfringens: nach ASU L 00.00-57 : 2006-12.
Salmonellen: nach ASU L 00.00-20:2021-07.
Sensorik: nach DIN 10975:2005-04, PV 00833, Organoleptik mit 3 Prüfern; Art der Zubereitung: gemäß Packungsangabe in der Pfanne gebraten.
PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung: Röntgenfluoreszenzanalyse.

Einkauf der Testprodukte: Juni 2023 

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