Ratgeber: Nach dem Reaktorunglück in Fukushima

Atomkraft? Nein Danke?

ÖKO-TEST Mai 2011 | | Kategorie: Freizeit und Technik | 29.04.2011

Ratgeber: Nach dem Reaktorunglück in Fukushima

Das kollektive Vergessen hat längst eingesetzt: In den Medien wird kaum noch über die Situation im havarierten japanischen Atomkraftwerk Fukushima berichtet. Aber ist die Katastrophe, die mittlerweile von der japanischen Atomaufsichtsbehörde als ebenso gravierend wie das Reaktorunglück in Tschernobyl eingestuft wurde, an den Menschen rund um den Erdball wirklich spurenlos vorbeigegangen? Lesen Sie, welche Diskussionen Fukushima in den großen Industrienationen ausgelöst hat, und wie sich die japanische Katastrophe auf die künftige Atompolitik dieser Länder auswirkt - oder auch nicht.

Japan

Erste vorsichtige Proteste

Japan hat in Sachen Atomkraft eine lange Historie. Ältere denken noch mit Grauen an den Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki. Damals gab es eine Gegenbewegung. Aber die hatte wenig Chancen. Denn Japans Gesetze garantierten den Erbauern von Atomkraftwerken (AKW) lukrative Geschäfte. So konnten es sich große AKW-Betreiber wie Tokyo Electric Power (Tepco) leisten, Kindergärten, Schulen oder öffentliche Parks zu bauen und die anfänglichen Proteste zu zerstreuen. Bereits im Jahr 1966 wurde in Tokai nahe der Stadt Shizuoka der inzwischen stillgelegte erste Meiler in Betrieb genommen. Ende 2010 waren 51 Reaktoren an 14 verschiedenen Standorten am Netz. Weitere zwei Atomkraftwerke sind im Bau und 15 geplant. Dabei liegt der Inselstaat, der zu den erdbebenreichsten Ländern der Erde zählt, mitten in dem von Vulkanismus und Erdbeben bedrohten pazifischen Feuerring.

In der Vergangenheit kam es in japanischen AKW immer wieder zu Unfällen, bei denen nach Medienberichten Hunderte Menschen radioaktiver Strahlung ausgesetzt wurden und auch einige starben. Im Juli 2007 etwa gab es nach einem Beben der Stärke 6,6 in der Provinz Niigata einen Brand in der weltgrößten Atomanlage Kashiwazaki-Kariwa. Mehrfach mussten AKW-Betreiber, darunter Tepco, eingestehen, dass sie Störfallberichte manipuliert hatten. Zu einem radikalen Umdenken innerhalb der Bevölkerung hat allerdings auch die Katastrophe von Fukushima nicht geführt. Allmählich beginnen die Japaner aber, die Energiepolitik ihrer Regierung zu überdenken, die zu einem Drittel auf Kernenergie baut. Noch sind es erst wenige Hunderte, die auf die Straßen gehen. Sie fordern vor allem die Stilllegung des Atommeilers Hamaoka, der in einem Erdbebengebiet an der Südküste der Insel Honshu liegt. Doch die Regierung wird vorsichtiger: Der geplante Bau neuer Reaktoren werde überprüft, alle sechs Reaktoren von Fukushima sollen stillgelegt werden. (rol)

Deutschland

Bundesregierung fördert Atomkraft im Ausland

Neue Atommeiler in Deutschland - undenkbar. Trotzdem fördert die Politik weiterhin den Bau von Atomkraftwerken im Ausland. Wie das Wirtschaftsministerium gegenüber ÖKO-TEST bestätigte, hat die Bundesregierung seit Amtsantritt im Jahr 2009 "zwölf Exportkreditgarantien für Lieferungen im Zusammenhang mit Nukleartechnologie übernommen".

Exportkreditgarantien sollen die deutschen Unternehmen vor Verlusten bei riskanten Investitionen in Entwicklungs- oder Schwellenländer schützen. Zahlt der ausländische Abnehmer nicht, springt der deutsche Staat ein.

Laut Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken wurden deutsche Ausfuhren in Höhe von insgesamt rund 1,4 Milliarden Euro durch Bürgschaften abgesichert. Das mit Abstand größte Geschäft (Auftragswert circa 1,3 Milliarden Euro) bezieht sich auf die Fertigstellung (Lieferung, Montage und Inbetriebnahme) des Atomkraftwerks Angra 3 in...