Bäckerasthma ist eine. Hautkrankheiten können es sein, ebenso Bandscheibenschäden oder gar Lungenkrebs. Doch was als Berufskrankheit anerkannt wird und was nicht, hängt von vielen Dingen ab. Wer Ansprüche auf eine Heilbehandlung, finanzielle Entschädigung oder gar eine Rente durchsetzen will, muss in Deutschland einen mühseligen bürokratischen Hindernislauf bewältigen. Denn für die Anerkennung einer Berufskrankheit muss nachgewiesen sein, dass die Beschwerden eindeutig durch den Beruf bedingt sind.
Was beim Bäckerasthma noch gelingen mag, ist bei Krankheiten, die erst nach langer Verzögerung ausbrechen, ungleich schwieriger. Kaum ein Krebskranker ist in der Lage, exakt die Arbeitsbedingungen von vor zwei oder drei Jahrzehnten zu rekonstruieren, um nachzuweisen, mit welchen Mengen an giftigen Stoffen man wie häufig zu tun hatte.
Dabei klingt es erst einmal nicht so problematisch: Beweise dafür, dass eine Erkrankung durch die Arbeit verursacht wurde, müssten "nicht die Antragsteller beibringen", sagt Andreas Kranig von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), dem Spitzenverband, in dem sich die gewerblichen Berufsgenossenschaften und Unfallkassen der öffentlichen Hand im Jahr 2007 zusammengeschlossen haben. Vielmehr gelte das "Prinzip der Amtsermittlung": Die Unfallversicherung als Behörde müsse alle Umstände, "insbesondere die für den Antragsteller günstigen", von Amts wegen ermitteln.
Die Realität sieht allerdings ein wenig anders aus. Von einer "nichtexistierenden Waffengleichheit" zwischen den erkrankten Arbeitnehmern und der Unfallversicherung spricht Achim van Nieuwenborg, der im Kompetenz-Center Berufskrankheiten der DGB-eigenen Firma für Rechtsschutz in Essen arbeitet. Viele Antragsteller stünden vor schier unüberwindbaren Hindernissen, vor allem bei Krankheiten mit schleichendem Verlauf, wo sich die Symptome erst nach vielen Jahren zeigen. Oft gibt es die Betriebe nicht mehr, in denen die Kranken einst gearbeitet haben. Außerdem steht dem kranken Laien eine gut funktionierende Maschinerie mit Sachverstand gegenüber: Die Unfallversicherungen arbeiten regelmäßig mit Beratungsärzten zusammen, forschen selbst und sind so in der Lage, umfangreiche und fundierte Expertisen dazu vorzulegen, ob eine Erkrankung durch die Bedingungen am Arbeitsplatz ausgelöst wurde oder ob nicht vielleicht doch Ursachen im privaten Bereich dazu beigetragen haben - Rauchen etwa oder eine erbliche Veranlagung. Es bedarf im Zweifelsfall versierter Gutachter, um solche Annahmen plausibel zu widerlegen. Sonst wird der Antrag abgelehnt.
Hohe Ablehnungsquoten
Das ist keinesfalls die Ausnahme: 2010 wurden, so die Statistiken der DGUV, exakt 69.186 Verfahren auf Anerkennung einer Berufskrankheit bearbeitet. Eine berufliche Ursache wurde in 31.219 Fällen bestätigt, was einer Quote von etwa 45 Prozent entspricht. Als Berufskrankheit anerkannt wurden aber nur 15.461 und damit rund ein Viert...