Die Kamera hält starr auf das Rind, das mit aufgerissenen Augen festgezurrt zwischen den gehäuteten Kadavern seiner Artgenossen steht. Zwei Männer legen ihre Arme um seinen Hals. In einem barbarischen Akt menschlicher Muskelkraft bricht schließlich das Genick des Tieres.
Der Schauplatz ist austauschbar, das Grauen bleibt: Ein kleiner Marderhund windet sich in einer engen Gitterbox. Ein vergeblicher Versuch, vor der Hand des Händlers zu fliehen, die ihn im nächsten Moment herauszerrt. Ein kurzer Hauch von Freiheit, bevor der Mann mit einer Eisenstange auf den kleinen Schädel drischt und dem halb betäubten Tier unter den Blicken seiner Kunden das Fell vom Leib reißt.
Wegen Szenen wie diesen entscheiden sich mehr und mehr Menschen für eine vegane Lebensweise - weit über den Aspekt der Ernährung hinaus. Schonungslose Dokumentationen haben den Konsumenten hierzulande in all ihrer grausamen Deutlichkeit vor Augen geführt, dass der schöne Schein der Modeindustrie vor allem bei tierischen Materialien dem Blick hinter die Fassade selten standhält. Auch ÖKO-TEST hat immer wieder über die Qualen berichtet, die Tiere für die Gewinnung von Pelz und Leder erleiden müssen. Aber auch über die unwürdigen Umstände, unter denen Menschen für die Lederproduktion schuften: Arbeiter, die in Gerbereien Bangladeschs durch schäumende, grau-braune Giftbrühe waten, ihre Haut gezeichnet vom ständigen Kontakt mit den ätzenden und reizenden Substanzen. Um ihr Überleben zu sichern, stehen ganze Familien Tag für Tag im chemikalienverseuchten Gerbesud. Die giftige Suppe aus Schwermetallen, Bioziden und anderen toxischen Substanzen landet schließlich ungefiltert in Flüssen und Seen. Diese Entwicklung hat dafür gesorgt, dass auch in der Modeindustrie inzwischen einige Anbieter gezielt den Vegan-Joker ausspielen. Der kanadische Hersteller Matt & Nat etwa wirbt mit der Aussage "No animals were hurt making this bag." - "Keine Tiere wurden für die Herstellung dieser Tasche verletzt." Immer mehr Kundinnen greifen aus ethischen Gründen ganz bewusst zur Kunstlederhandtasche - in der Hoffnung, damit den grausamen Produktionsbedingungen entgegenzuwirken und letztlich auch aus Selbstschutz ein weniger mit Chemikalien durchtränktes Produkt zu kaufen. Eine Zielgruppe mit Zukunft für die Taschenfabrikanten. Optisch und haptisch setzen die Imitathersteller dennoch voll auf den Lederlook. Shopper, Umhängetaschen und Clutches aus Kunstleder sehen denen aus Tierhaut oft zum Verwechseln ähnlich, fühlen sich geschmeidig an und sind einwandfrei verarbeitet. Die suggerierte Wertigkeit kommt an: Die optische Ähnlichkeit sei mit ein Grund, warum immer mehr Kundinnen Lederimitat akzeptierten, heißt es in der Taschenstudie 2015 des Fachmagazins Textilwirtschaft.
Ganz oben auf der Beliebtheitsskala stehen modische, freche Marken wie Fritzi aus Preußen oder Suri Frey, die mit ihren Designs vor allem eine jüngere Zielgruppe ansprechen sollen. Kunstled...