Kreidefarben im Test: Möbel streichen im Shabby Chic Look

ÖKO-TEST Jahrbuch für 2019 | | Kategorie: Bauen und Wohnen | 26.07.2018

Kreidefarben im Test: Möbel streichen im Shabby Chic Look
Foto: Miriam Doerr/Shutterstock

Freunde des Shabby-Chic-Looks können auf Kreidefarben kaum verzichten. Der pudrig-matte Ton lässt etwa Möbel optisch altern. Leider sehen viele Produkte auch in Sachen Schadstoffbelastung alt aus. Doch eine Farbe im Test ist "sehr gut".

Wenn Leonie Richartz den Pinsel schwingt, wird's schäbig - wenn auch nicht wortwörtlich. Denn die selbst gestalteten Möbel und Wohnaccessoires, die die Bloggerin online präsentiert, sind schick, eben "shabby chic".

Macken und Kratzer gehören bei diesem Einrichtungsstil zum guten Ton. Zudem sollen pudrig-matte Anstriche und Verzierungen die Gegenstände alt und gebraucht wirken lassen. Warum? "Weil die moderne Welt immer schneller, technischer, unpersönlicher wird", sagt Richartz. Da steige die Sehnsucht nach Gemütlichkeit, nach etwas mit individuellem Charakter und Geschichte. Ihr Tipp für Einsteiger in die Welt von Shabby Chic: "Man muss sich einfach trauen." Fehler seien ohnehin kaum möglich, weil das Imperfekte ja gerade den Charme von Shabby Chic ausmache.

Vorteile von Kreidefarben für den Shabby-Chic-Look

Richartz bevorzugt Weiß- und Pastelltöne und verwendet dafür häufig Kreidefarben: weil die stark decken, eine samtweiche Optik haben und praktisch auf jedem Material haften - anders als Kalkfarben, die sich eher nur für mineralische Untergründe (Putz, Beton) eignen. Auch bilden Kreidefarben in der Regel keinen glatten Schutzfilm wie viele Acryllacke, weshalb die Oberfläche selbst bei starker Abnutzung nicht reißt. Und sie lassen sich gut verarbeiten.

Richartz muss es wissen. Schließlich stapeln sich in ihrer Garage mittlerweile Hunderte Farbdosen. Einen Teil davon hat sie selbst gekauft, den anderen von Herstellern zum Testen erhalten. Bewertungskriterien, die sie auf ihrer Website zugrunde legt, sind etwa Geruch, Konsistenz, Handhabung, Schleifbarkeit und Deckkraft. Was wirklich in den Produkten steckt, weiß aber auch Richartz nicht.

ÖKO-TEST ist dem nachgegangen und hat insgesamt zwölf Kreidefarben und fünf Wachse in die Labore geschickt:

Weiß- und Pastelltöne snd die bevorzugten Farbtöne im Shabby-Chic-Look. Aber Achtung: In einigen der getesteten Kreidefarben stecken problematische Inhaltsstoffe.
Weiß- und Pastelltöne snd die bevorzugten Farbtöne im Shabby-Chic-Look. Aber Achtung: In einigen der getesteten Kreidefarben stecken problematische Inhaltsstoffe. (Foto: Miriam Doerr Martin Frommherz / Shutterstock)

Das Testergebnis: 12 Kreidefarben im Test

Breite Palette: Von zwölf Kreidefarben können wir nur eine empfehlen, fünf schneiden "befriedigend" oder "ausreichend" ab, und sechs fallen mit "mangelhaft" oder "ungenügend" durch. Das Hauptproblem, die Inhaltsstoffe betreffend, ist: In etlichen Farben steckt einiges an flüchtigen organischen Verbindungen, darunter problematische Glykole und Formaldehyd-/abspalter.

Damit sind die Kreidefarben stärker belastet als etwa Wandfarben, die ÖKO-TEST zuletzt untersucht hat. Besser schneiden zumindest vier der fünf getesteten Wachse ab.

Krebserregend: Formaldehyd/-abspalter hat das von uns beauftragte Labor in einem Wachs und in fünf Farben nachgewiesen - in der Annie Sloan Paint Chalk Paint, Barcelona Orange sogar in einem Gehalt, den wir als "stark erhöht" bewerten. Formaldehyd ist krebserregend, wenn es eingeatmet wird. Es kann zudem die Schleimhäute reizen und Allergien auslösen. Der Stoff gehört zur Gruppe der flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) - wie auch die problematischen Glykole, die in drei Farben stecken. Die analysierten Glykole können unter anderem die Haut oder die Augen reizen.

Unhaltbar: Damit Farben nicht verkeimen und länger haltbar bleiben, konservieren die Hersteller sie - häufig mit allergieauslösenden Isothiazolinonen. Laut Experten ist die Zahl entsprechender Reaktionen, zum Beispiel Ekzeme, in den vergangenen Jahren extrem angestiegen. Vier Produkte werten wir wegen erhöhter Gehalte ab.

Blindkauf: Inhaltsstoffe, Konservierer, Reichweite - wen interessiert denn sowas? Das zumindest scheinen einige Hersteller zu denken. Anders lässt es sich nicht erklären, warum auf vielen Etiketten eine beeindruckende Informationsarmut herrscht. Schade! Und unnötig: Das Gesamtresultat hätte vielfach besser ausfallen können, wenn die Etiketten informativer gewesen wären. Das gilt auch für zwei Wachse, die sich die Bestnote allein wegen Deklarationsmängeln verhageln. Am schlechtesten informieren die Etiketten von Buttinette, Kreul, Marabu, Martin Mathys, Rayher und Schweizer.

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Alte Möbel, die nicht perfekt sind, werden mit Kreidefarben zum Hingucker.
Alte Möbel, die nicht perfekt sind, werden mit Kreidefarben zum Hingucker. (Foto: Anna Klepatckaya / Shutterstock)

So wird's shabby: Kreidefarben richtig einsetzen

Kontrastschicht: Oberfläche in einer dunklen Farbe streichen (Bild oben) und nach dem Trocknen mit einer helleren Farbe überstreichen (mittig). Dann so anschleifen, dass die untere Schicht an einigen Stellen durchsticht (unten). Streichen. Kreidefarbe verdünnt oder unverdünnt auf die gereinigte Oberfläche auftragen. Nach dem Trocknen mit Schleifpapier (Körnung 80 oder 120) die gewünschten Gebrauchsspuren und den Matt-Effekt herbeiführen.

White-Wash-Effekt: Wenn Möbel kalkig aussehen sollen: Farbe nach Wunsch mit Wasser verdünnen und mit einem fusselfreien Lappen oder einem Küchenschwamm so verteilen, dass sie nicht ganz deckt, damit die Maserung sichtbar bleibt.

Versiegeln: Wachs mit einem speziellen kurzborstigen Wachspinsel auftragen oder mit einem alten Geschirrhandtuch wie eine Schuhcreme einmassieren.

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Wir haben diese Produkte für Sie getestet

Testverfahren

So haben wir getestet

Der Einkauf: In Onlineshops und Baumärkten haben wir insgesamt zwölf Kreidefarben eingekauft, die sich unter anderem für die Anwendung auf Möbeln eignen sollen. Fünf Hersteller sehen auf den Gebinden zusätzliche Schutzversiegelungen mit Wachsen vor. Nur in diesen Fällen landeten die entsprechenden Produkte ebenfalls in unserem Einkaufskorb.

Die Inhaltsstoffe: Flüchtige organische Verbindungen (VOC) belasten die Umwelt und den Menschen beim Einatmen. Sie stecken auch in wasserbasierten Farben und Wachsen. Fraglich ist aber, ob es sich um besonders problematische VOC handelt: etwa Formaldehyd und bestimmte Glykolether. Interessiert hat uns zudem, inwieweit die Hersteller ihre Farben mit allergieauslösenden Isothiazolinonen konservieren oder Kobalt zusetzen, damit sie schneller trocknen.

Die Deklaration: Etiketten sollten Verbrauchern ein gewisses Maß an Informationen bieten: Dazu gehören auf Farb- und Wachsgebinden etwa Angaben zu Inhalts- und Konservierungsstoffen und zur Reichweite - selbst wenn sie der Gesetzgeber nicht vorschreibt.

Die Bewertung: Das Hauptaugenmerk liegt auf bedenklichen und problematischen Inhaltsstoffen. Deklarationsmängel fließen weniger stark gewichtet ins Gesamturteil ein.

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