Aktualisiert am 18.10.2018; Einkauf Testprodukte Sep/Okt 2017 | Soll Omas alte Kommode in neuem Glanz erstrahlen oder eine Europalette frisch lackiert zum Wandregal mutieren, bedarf es eines ordentlichen Schliffs. Während Puristen zum Schleifklotz greifen, bevorzugen andere Heimwerker elektrische Unterstützung. Für gelegentliche Arbeiten hält der Handel sogenannte Multischleifer bereit, die besonders vielfältig einsetzbar sein sollen.
Diese Allrounder, in kleinerem Format auch Schleifmäuse genannt, sehen aus wie Bügeleisen. Vorn sind sie zugespitzt, um in Ecken und Winkel zu gelangen. Nach hinten hin verlaufen ihre Schleifplatten deutlich breiter und flächiger als die der handelsüblichen Deltaschleifer. So sollen die Geräte auch auf kleineren bis mittelgroßen Ebenen einen effizienten Materialabtrag erzielen und eventuell die zusätzliche Anschaffung eines Schwingschleifers mit rechteckiger Schleifplatte oder eines Exzenterschleifers mit rundem Schleifteller ersparen.
Die kleinen Multitalente sind vielseitig, kommen aber je nach Einsatzgebiet an ihre Grenzen. "Vollwertig ersetzen können Multischleifer die spezialisierteren Elektrowerkzeuge in der Regel nicht", sagt Friedrich Janssen, Prüfingenieur im technischen Prüflabor PZT in Wilhelmshaven. Vor allem auf großen Flächen, etwa Türblättern, seien sie allein schon wegen ihrer vergleichsweise kleineren Grundfläche und oft niedrigeren Motorenleistung weniger ergiebig. Auch taugen sie meist nicht zum Nassschliff.
Multischleifer im Test: Acht Geräte im Vergleich
Abgesehen davon kommen die kompakten Helfer aber für allerlei Aufgaben infrage. Je nach Art und Körnung des verwendeten Schleifpapiers können sie nicht nur Gegenstände aus Holz in unterschiedlichen Abstufungen bearbeiten, sondern beispielsweise auch Metall, Kunststoffe, Fliesen und Putz.
Die Schleifpapiere haften meist mittels eines Klettsystems an der Schleifplatte und sind so schnell austauschbar. Teilweise sind im Lieferumfang bereits zusätzliche "Fingeraufsätze" enthalten, mit denen sich die Dreiecksspitze verlängern und verjüngen lässt. Das hilft dabei, besonders schmale Kanten und Zwischenräume zu erreichen, wie sie etwa an verzierten Stuhllehnen oder an Fensterrahmen zu finden sind. Außerdem verfügen die meisten Multischleifer über eine Staubabsaugung. Die Partikel gelangen durch Löcher in der Schleifplatte in einen angeschlossenen Schmutzauffangbehälter.
Was die Multischleifer tatsächlich leisten, lässt sich aufgrund der Herstellerangaben indes kaum beurteilen. Eine höhere Aufnahmeleistung (Wattangabe), eine höhere Schwingzahl pro Minute und ein größerer Schwingkreis wirken sich zwar tendenziell eher positiv auf die Effizienz aus. Das ist aber nur dann der Fall, wenn die technische Übersetzung stimmt und die entsprechenden Komponenten gut zusammenarbeiten.
Zwei Multischleifer im Test sind empfehlenswert
Das Ergebnis: In der Schleifleistung unterscheiden sich die acht getesteten Geräte teils deutlich voneinander. Zwei Produkte sind effizient und weisen gleichzeitig kaum Mängel bezüglich Handhabung und Technik auf. An sie können wir die Note "gut" vergeben.
Wer schneller schleift, ist eher fertig: Ein Multischleifer im Test zeigt der Konkurrenz, wo der Hammer hängt. Im Schleiftest trägt er in derselben Zeit mehr als dreimal so viel von der Holzfaserplatte ab wie die Geräte von drei anderen Anbietern im Test. Leider verschlechtert sich der leistungsstärkste Multischleifer durch andere Mängel, auch in den Inhaltsstoffen, auf das Gesamturteil "befriedigend".
Unter fachgerechter Anwendung erzielen alle Testprodukte ein gleichmäßiges Schleifbild ohne Riefen (feine Rillen). Auch an der Geräteführung gibt es nichts auszusetzen: Waagerechte Holz- und Metallflächen, rechtwinkelige Ecken sowie schmale Gegenstände und Abrundungen sind kein Problem. In senkrechter Arbeitsposition ist das Schleifen vor allem mit den schwereren Geräten etwas kraftaufwendiger, weil diese durch ihr Eigengewicht nach unten ziehen. Einem Multischleifer im Test kommt hierbei sein Griff zugute, der optional Platz für eine zweite Hand lässt, was das Arbeiten in der Senkrechten erleichtert.
Kritik an Staubabsaugung der Multischleifer
In Sachen Staubabsaugung gibt es für das gesamte Testfeld gewaltig Luft nach oben, obwohl alle einen Schmutzauffangbehälter haben. Selbst bei den besten Geräten landet aber noch mehr als ein Drittel des Abschliffs in der Arbeitsumgebung.
Zu viel des Staubs ist es, wenn mehr als die Hälfte oder wie im Fall eines Multischleifers im Test sogar mehr als drei Viertel der Schleifpartikel nicht aufgenommen werden. In drei Fällen werten wir zudem ab, weil sich die Staubbox nur schwer oder sehr schwer abziehen lässt beziehungsweise der Staubboxdeckel kaum zu öffnen ist.
Der Beschleunigungswert in Metern pro Quadratsekunde (m/s²) gibt die Beschleunigung in verschiedene Richtungen an (hoch, quer, längs). Je höher der Wert, desto stärker die Vibration. Laut Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung dürfen Maschinenarbeiter nicht dauerhaft einer Hand-Arm-Vibrationsbelastung von mehr als 5 m/s²ausgesetzt sein. Im Test bringen es drei Geräte auf mehr als das Doppelte. Auch wenn die Multischleifer eher gelegentlich zum Einsatz kommen, gibt es dafür Notenabzug.
Erhöhte Gehalte an Naphthalin festgestellt
Gummierungen sollen dafür sorgen, dass die Multischleifer rutschfest in der Hand liegen. Teilweise verdanken sie ihre Geschmeidigkeit aber umstrittenen oder bedenklichen Substanzen wie Ersatzweichmachern oder phosphororganischen Verbindungen, die auch als Weichmacher zum Einsatz kommen können.
In den Gummiweichteilen von drei Schleifgeräten hat das von uns beauftrage Labor jeweils erhöhte Gehalte an Naphthalin festgestellt. Dieser polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoff (PAK) hat sich im Tierversuch als krebserregend erwiesen und steht im Verdacht, erbgutschädigend zu sein.
Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Ratgeber Bauen und Wohnen 2018 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch 2019, sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.
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